Woran liegt es, dass man Isotope eines Elements nicht mit chemischen Methoden trennen kann?

5 Antworten

Diese Aussage kann man nicht so ohne weiteres unterschreiben (obwohl man sie oft hört), zumal der Unterschied zwischen „physikalischen“ und „chemischen“ Trenn­met­ho­den recht unscharf ist.

Gewöhnlich unterscheiden sich chemische Elemente stark in ihren Eigenschaften, und das ermöglicht chemische Abtrennung — z.B. löst sich Kupfer in Salpetersäure, aber Gold nicht, und damit lassen sie sich leicht voneinander trennen. Manche che­mi­sche Ele­­men­te sind einander jedoch sehr ähnlich, z.B. die späten Lanthanoiden oder die Paare Zr/Hf und Nb/Ta. Da wird das mit dem Trennen sehr schwer, und man greift da­­her auf physikalische Ver­fah­ren wie Chromatographie oder Extraktion zu­rück (hi­sto­­risch auch frak­­ti­o­nier­te Kristallisation).

Bei Isotopen sind die Unterschiede in der chemischen Reaktivität sehr gering; ab­ge­se­hen vom exotischen Ausnahmefall He₂ (das nur mit ⁴He, aber nicht mit ³He stabil ist und so­wieso keine praktische Bedeutung hat) bilden Isotope alle dieselben Ver­bin­dun­gen, mit nur marginal unterschiedlichen Eigenschaften. Zu diesen Eigen­schaf­­ten ge­hören allgemein als „physikalisch“ eingestufte Größen wie Dichte, Schmelz­­punkt, Sie­de­punkt oder Diffusionskoeffizient, aber aber auch die Ge­schwin­dig­keiten und En­ergie­umsätze chemischer Reaktionen.

Bei der Elektrolyse von Wasser reagiert H₂O schneller als HDO und dieses schneller als D₂O. Wenn Du also einen Liter Wasser elektrolysierst, bis nur noch 1 ml übrig­bleibt, dann hast Du im Rückstand Deuterium angereichert (etwa eines von 6000 na­tür­lich vor­kom­men­den H-Atomen ist D). Diesen Prozeß kannst Du wiederholen, bis Du D₂O in der ge­wünsch­ten Reinheit erhältst (oder Dein Elektrizitätsversorger Dir die Rote Karte zeigt). Das wäre eine Isotopentrennung durch einen chemischen Prozeß, nämlich Elektrolyse, und das kann auch in der Praxis so gemacht werden.

Die chemischen Unterschiede zwischen ¹H und ²D sind zwar klein, aber größer als bei jedem anderen Isotopenpaar (weil das Deuterium doppelt so schwer ist). Ähnlich wie bei den oben erwähnten schwer zu trennenden chemischen Elementen ist es dann effi­zi­en­ter, auf physikalische Trennverfahren auszuweichen. Die sind billiger, weil sie we­ni­ger Energie verbraten. Deshalb zentrifugiert man, oder läßt diffundieren, aber im Prin­zip wäre es auch möglich, ²³⁵U und ²³⁸U durch eine chemische Reaktion zu trennen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Weil deren Elektronenhülle, die für chemische Reaktionen verantwortlich ist, identisch ist. Bloß weil ein paar Neutronen mehr oder weniger im Kern sind, ändert sich die Elektronenhülle nicht. Damit ist dann aber auch das chemische Verhalten identisch und zur Trennung bräuchte man verschiedenes Verhalten.

indiachinacook  20.09.2020, 16:37

die Elektronenhülle ist nicht alles — zwar haben H₂ und D₂ dieselbe Potentialkurve, aber die Lage der Nullpunktsenergie ist doch deutlich anders, weil da 1/√m eingeht. Daher liegt das D₂ tiefer im Topf, ergo hat es einen weiteren Weg zum Dissoziations­limit, ergo ist die D₂-Bindung stärker (443.6 kJ/mol) als die H₂-Bindung (436.2 kJ/mol). Zahlen bei 298 K.

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Hamburger02  20.09.2020, 18:24
@indiachinacook

Kann man diese Potenzialunterschiede zu einer chemischen Trennung von Isotopen benutzen oder verändert das überhaupt die chemischen Eigenschaften?

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indiachinacook  20.09.2020, 18:44
@Hamburger02

Klar, wenn Du unterschiedliche Bindungsenergien hast, dann müssen sich auch Reaktionsenergien, Reaktionsgeschwindigkeiten und Gleichgewichtslagen unter­scheiden. D₂O wird z.B. durch Elektrolyse angereichert, weill das H₂O mit seinen schwä­che­ren Bindungen schneller und leichter elektrolysiert als das stärker ge­bun­dene D₂O.

Das geht natürlich bei der H/D-Trennung am besten, weil der Massenunterschied 100% beträgt; bei schwereren Elementen wird es zunehmend problematischer. Ein weiteres Beispiel: Das Isotopen­verhältnis ¹⁶O/¹⁸O ist im Wasser anders als im Dampf, weil die H-Brückenbindungen im H₂¹⁸O stärker sind. Je niedriger die Temperatur des ver­damp­fen­den Wasser, umso deutlicher ist der Effekt (je weniger Energie da ist, umso selektiver wird der weniger en­er­gie­ver­brau­chen­de Prozeß begünstigt). An der Isot­open­zusam­men­se­tzung des Regen­was­sers kannst Du also sehen, wie warm das Meer war, an dessen Oberfläche das Was­ser ver­dunstet ist. Das nutzt man in der Paläoklimatologie.

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Hamburger02  20.09.2020, 18:46
@indiachinacook

Interessant, wusste ich noch nicht. Jetzt erlaube ich mir ein Haar zu spalten: ist das (verdampfen/Verdunsten) nicht ein physikalischer Vorgang und doch kein chemischer?

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indiachinacook  20.09.2020, 19:00
@Hamburger02

Ich habe erwarrtet, daß dieser Einwand kommt. Er stimmt auch (soferne man glaubt, einen Unterschied zwschen Physik und Chemie machen zu können), aber letztlich werden dabei sehr wohl Bindungen gespalten — es sind halt intermolekulare Bindungen (vdW), aber die haben auch Nullpunktsenergien.

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Die Isotope eines chemischen Elements unterscheiden sich in den chemischen Eigenschaften nicht voneinander - können mit chemischen Verfahren nicht voneinander getrennt werden.

Die Isotope eines und desselben Elementes unterscheiden sich in chemischer Hinsicht fast nicht voneinander. Ausnahmen hiervon gibt es nur bei sehr leichten Elementen wie Wasserstoff und Lithium, wo der relative Massenunterschied der Atome so groß ist, dass er sich im chemischen Verhalten bemerkbar macht.
Zudem verstehe ich nicht, wieso man nicht, wenn man schon nicht zu einer Bibliothek fährt und sich über das Thema schlau macht; man kurz googelt.

Weil sie sich chemisch gleich verhalten (Valenzelektronen)?