Woher kommen die Störgeräusche bei niedrigen Audiobitraten?

4 Antworten

Ich versuch's mal bildlich zu beschreiben:

Stelle Dir die digitalen Signale als eine Reihe von winzigen Stäbchen vor, die in einer Reihe nebeneinander stehen. Bei 320 kBit/s sind das in der Sekunde 320.000 Stäbchen nebeneinander, bei 32 kBit/s sind es aber nur noch 32.000 Stäbchen. Und das heißt, dass nur noch die Information von jedem 10. Stäbchen übrig ist und
9 Stäbchen dazwischen fehlen. Damit fehlt der direkte Übergang zur Frequenz und Lautstärke des nächsten Stäbchens und die viel größere Differenz zwischen dem 10., 20., 30 etc. Stäbchen äußert sich z.B. durch Knackgeräusche oder Brummen - je nachdem, welche Musik man gerade hört und wie groß der Lautstärke- und Frequenzunterschied bei den Sprüngen zwischen den Stäbchen ist.

Woher ich das weiß:Hobby – eigenes Mehrspurstudio (1988 4-Spur, 1992 8-Spur)
gufrastella  07.07.2023, 11:44

Gute Erklärung, danke!

Eine weitere Analogie bietet sich an: Die Signale seien ein Weg aus Klötzen, über die man läuft (beim Abspielen). Ein Schritt von Klotz zu Klotz kann je nach Höhe geringere oder größere Höhenunterschiede und Strecke bedeuten. Weniger Klötze ergeben noch größere Differenzen, weil der Weg von Klotz zu Klotz u.U. nicht mehr sanft hügelig im Auf- und Abstieg ist, sondern gebirgig wird.

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electrician  07.07.2023, 11:48
@gufrastella

Oder so..., auch gut.
Jedenfalls habe ich die Bilder dazu im Kopf, ich war heute nur zu faul zum Zeichnen.

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gufrastella  07.07.2023, 11:50
@electrician

Das dachte ich mir, ich habe sie auch "vor mir gesehen" und bin daher auf den steilen Gebirgsweg gekommen.

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Franky12345678  13.07.2023, 05:52
@gufrastella

Das mit den Klötzen ist nicht, wir psychoakustische Kompressionsverfahren wie MP3 funktionieren. ;)

Sie arbeiten überhaupt nicht auf den Samples, sondern auf Frequenzebene/DCT. Da gibt es keine Klötzchen.

Das Kompressionsverfahren mit den variierenden "Klötzchengrößen" wäre ADPCM.

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electrician  13.07.2023, 05:55
@Franky12345678

Dann habe ich wohl selber etwas falsch verstanden.
Schade, war doch eigentlich gut erklärt... ☹️

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Franky12345678  13.07.2023, 05:57
@electrician

Das war nicht auf deine Antwort bezogen.

"Damit fehlt der direkte Übergang zur Frequenz und Lautstärke des nächsten Stäbchens und die viel größere Differenz zwischen dem 10."

Geht schon eher in die richtige Richtung. Die Frequenzwiedergabe wird mit sinkender Bitrate schon ungenauer, wobei die Framegröße bei MP3 weitgehend gleichbleibend ist :)

Ich habe in meiner Antwort angerissen, wie das in etwa funktioniert.

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gufrastella  13.07.2023, 06:55
@gufrastella

Dann wären gleichgroße Klötzchen die unmaskierten Frequenzbereiche, die nach dem Wegfall der unwichtigen übrigbleiben.

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Das kommt durch die Kompression.

Bei MP3 wird die Musik in die Tonfrequenzen zerlegt, die anschließend von wichtig nach unwichtig sortiert werden.

Dann werden solange unwichtige Frequenzen abgeschnitten, bis der Rest mit der vorgegebenen Bitrate gespeichert werden kann.

Die angeschnittenen Frequenzen fehlen dann natürlich und sind weg für immer -> Klangveränderung.

Ist die Bitrate hoch gewählt, bleiben mehr Frequenzen übrig und der Klang verändert sich nur wenig.

Ist die Bitrate niedrig gewählt, muss viel mehr weggeschnitten werden. Ist die Codierung dazu gezwungen, auch wichtige Frequenzen wegzuschneiden, damit es passt, entsteht dieses typische "schrLrlrfrllrschrllLLll...". Da ist nichts zu viel, sondern da fehlt was. Das hören wir als seltsames Störgeräusch, weil unsere Ohren mit solch unnatürlich verfremdeten Tönen nicht klar kommen.

MP3 ist halt ein veralteter Kompromiss aus Dateigröße und Qualität.

Falls du MP3 verwenden musst und unbedingt weniger als 128kbps codieren möchtest: Dreh' die Samplerate runter auf 32000 oder gar 22050Hz. Das verbessert die Qualität etwas (die Höhen, die 44100Hz noch abbilden könnte, wären in so einem Fall eh weg^^). Falls immer noch störende Artefakte: Verzichte auf Stereo und nimm Mono.

Das neuere Opus-Format ist da übrigens deutlich effizienter. Hier kann es sogar mit 64kbps noch brauchbar klingen, wo MP3 nur noch scheppert. Wenn möglich, nimm das Format.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre damit.

Bei komprimierten digitalen Audioformaten wird nicht der exakte Signalverlauf gespeichert, sondern nur Informationen, anhand derer sich das Signal wieder mehr oder weniger ähnlich rekonstruieren lässt. Dabei werden "unwichtige" Details, die vom menschlichen Gehör ohnehin nicht oder kaum wahrgenommen werden können, weggelassen.

Bei höheren Bitraten funktioniert das sehr gut und die Unterschiede sind tatsächlich kaum hörbar. Je niedriger die Bitrate, umso mehr Details werden aber weggelassen, und umso ungenauer wird das anschließend wiederhergestellte Signal. Dadurch, dass das "geschätzte" Ausgangssignal deutlich vom Original abweicht, fehlen einerseits manche Frequenzen, andererseits können dabei auch ungewollt neue Frequenzen entstehen, die so im Original nicht vorhanden waren und dann als Störgeräusche wahrgenommen werden.

Du kannst dir das in etwa so vorstellen, als würdest du ein Bild das du siehst in Worten aufschreiben, das dann später von einem Maler anhand deines Textes so gut es geht nachgemalt wird. Je mehr Platz du für den Text hast, um alle kleinsten Details ganz genau zu beschreiben, umso exakter wird das Bild dann deinem Original entsprechen. Je weniger Platz du für den Text hast, umso mehr Details wirst du weglassen. Gleichzeitig kann es sein, dass der Maler den Baum, den du aus Platzmangel nur als Baum und nicht als Trauerweide beschrieben hast, dann als Apfelbaum interpretiert und da plötzlich Äpfel dran sind, die dort eigentlich nicht hingehören.

Das ist jetzt natürlich sehr abstrakt beschrieben, aber ich denke, so kann man sich den ganzen Vorgang der Audiokompression am besten vorstellen.

gufrastella  13.07.2023, 06:56

Danke, sehr schönes Bild, das die Komprimierung veranschaulicht.

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Es fehlen Informationen, weil die bei der Komprimierung verloren gegangen sind!

Wenn diese automatisch wieder hergestellt werden müssen, kann es zu Fehlern und dadurch zu störenden Tönen kommen.

Woher ich das weiß:Hobby – Bin seit 30 Jahren in der Musikszene tätig.