Witze über Behinderungen - akzeptabel oder in Zeiten der Cancel Culture unangebracht?

12 Antworten

Kommt für mich sehr stark auf die Witze an.

Ich finde es besser, wenn sie von Behinderten direkt kommen. Beispielsweise von Autisten direkt. Ich nehme mal das Beispiel, da ich selber Autistin bin.

Denn wenn ein Nicht-Autist Witze über uns macht, kann das schnell nach hinten losgehen. Das Problem ist nämlich, dass ein Autist mit sich selber und mit uns anderen Autisten lacht, aber nicht über uns.

Ein Autist weiß, wie es ist, als Autist zu leben. Ein Autist weiß sehr wahrscheinlich, dass er selber die gleichen Macken hat, über die er sich lustig macht. Es kommt also nicht von oben herab, sozusagen. Er kennt den Schmerz, die Ausgrenzung, den Ableismus, die Verwirrung, die Einsamkeit uvm.

Ein Nicht-Autist kennt dies nicht.

Ich würde mich auch doof fühlen, über eine Behinderung Witze zu reißen, die ich selber nicht habe.

Und genauso sehe ich es bei allen anderen Behinderungen.

Was mir dazu noch einfällt und was ich sehr wichtig finde, zu erwähnen (Wir bleiben mal beim Autismus-Beispiel):

Welche Witze könnte eine nicht-autistische Person reißen, bei denen die Pointe nicht irgendeine von Klischees und Fehlinformationen überzogene Verallgemeinerung ist?

Ein Witz bedeutet immer, dass jeder - sowohl die Person, über die die Witze gemacht wird, als auch die, die die Witze macht und alle anderen - wissen, dass das natürlich alles nur ein Witz ist. Es darf keine Gefahr bestehen, dass wirklich jemand denkt, das könnte (bei allen Autisten) stimmen.

Aber so weit sind wir als Gesellschaft noch lange nicht.

Es gibt noch viel, viel, viel zu viele gefährliche Verallgemeinerungen, Klischees, Halbwahrheiten, Falschinformationen etc. über uns Autisten und über viele andere Behinderungen/Behinderte.

Wenn du nun einen "Witz" bringst, der am Ende auf zum Beispiel folgende Aussagen hinausläuft - "Autismus ist eine Krankheit" oder "Alle Autisten sind empathiegestört" oder "Autismus ist schlimm (,weil ...)" oder "Alle Autisten sind schlecht im Sozialen", oder "Alle Autisten sind entweder hyperintelligente Mathegenies oder dumme Heimbewohner" etc. -, dann weiß eben nicht jeder, dass es ein Witz sein soll. Nicht, weil man zu dumm ist, um Witze zu verstehen, sondern weil es haufenweise Leute gibt, die den Mist glauben und die das nicht als Spaß meinen. Wenn du also beispielsweise solche "Witze" reißen würdest, besteht die Gefahr, dass du aktiv dazu beisteuerst, diese Fehlinformationen weiterzuverbreiten und sei es auch nur ein "Witz". Damit bist du ein Teil, der einer gesamten Community schadet, da es genügend Menschen gibt, die sowas auch außerhalb glauben und die werden dadurch in ihren falschen Annahmen bestärkt.

Siehst du? Es kann sehr schnell nach hinten losgehen.

In einer perfekten Welt, in der sich Nicht-Autisten sowas leisten können, können wir alle Witze reißen mit solchen und ähnlich inkorrekten Pointen und wir alle können herzhaft darüber lachen, weil wir wissen, dass das alles eh nicht stimmt.

Aber schau dich doch nur mal um.

Die meisten glauben das! Die meisten denken so wirklich. Viele Menschen in Machtpositionen glauben sowas.

Die Menschheit ha das Gespür verloren für Anstand und Höflichkeit. Einen Witz zu machen, in dem Behinderte lächerlich gemacht werden, ist nicht angebracht. Einen Witz zu machen, in dem Behinderte vorkommen, weil sie nämlich ja auch ein Teil unserer Gesellschaft sind, ist hingegen inkludierend.

Es gibt zudem genug Menschen mit Behinderungen, die selber Sprüche darüber machen. Mit HUmor ertärgt sich vieles leichter!

Ich bin viel in communities, wo auch Menschen mit Behinderungen sind und ich kann dir sagen, die besten Witze über behinderte Menschen kommen von denen selber. Es geht immer um die Haltung und wenn du ein Mensch bist der niemanden ausgrenzt und jeden respektierst, darfst du auch mal einen Witz machen aber eben dann, wenn es passt. Eckart von Hirschhausen sagt meine Erinnerung nach sinngemäß zum Thema auf einer CD:, wenn du keine Witze machst, schließt du sie erst recht aus.

Wie bereits in deiner vorherigen Frage gesagt, macht es einen Unterschied, wer den Witz macht. Eine selbst betroffene Person hat da deutlich mehr Freiheiten, als eine nicht beeinträchtigte.
Ich selbst halte solche „Witze“ über andere für unangebracht und moralisch verwerflich.

Das StGB sagt dazu:

die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

Wer das nicht mag soll halt weghören XD

Aber Witze über Rollstuhlfahrer, die gehen wirklich gar nicht! (Ups, der hat gesessen)