Wird sich Digitalisierung von Unterricht in Volksschulen nicht zwangsweise kontraproduktiv auswirken angesichts folgender Tatsachen?
Auf Seite https://condorcet.ch/2023/10/nehmt-den-kindern-und-jugendlichen-die-handys-weg-wenigstens-in-der-schule schreibt die Journalistin Hanna Bethke:
[ Unüberlegter Gebrauch von ] Smartphones richten großen Schaden an.
Längst leben wir in einer Gesellschaft der Digitalsüchtigen, die ihren Blick nicht vom Handy lösen können und sich wie ferngesteuert durch den öffentlichen Raum bewegen. Mit Ausnahme der ältesten Generation, die einen Großteil ihres Lebens ohne Smartphone verbracht hat, gilt das für nahezu alle Altersstufen.
Besonders beunruhigend aber sind die Folgen des schrankenlosen Digitalkonsums für Kinder und Jugendliche. Seit Jahren belegen Studien, dass ihre Bildschirmzeiten immer länger werden. Laut der Jugend-Digitalstudie der Postbank aus diesem Jahr verbringen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren in Deutschland fast 64 Stunden pro Woche im Internet. Das sind mehr als neun Stunden am Tag.
Eine Studie von Bitkom aus dem vergangenen Jahr ergibt, dass 95 Prozent aller Kinder zwischen sechs und neun Jahren bereits ein Smartphone oder Tablet nutzen. Die Familienstudie der AOK warnt, dass der Medienkonsum auch der Vier- bis Sechsjährigen die empfohlene Zeit oftmals überschreite und sich immer mehr ausweite. In den Vereinigten Staaten lag einer Studie zufolge schon 2020 die Bildschirmzeit von Kleinkindern unter zwei Jahren bei 49 Minuten am Tag.
Die exorbitante Ausweitung der Online-Zeit wirkt sich gravierend auf die Entwicklung der Heranwachsenden aus:
Auch das ist durch zahlreiche Studien dokumentiert. Viele Kinder können sich nicht mehr konzentrieren, ihre motorischen Fähigkeiten leiden, sie spielen weniger draußen, die soziale Interaktion sinkt, die Zahl der Übergewichtigen steigt.
Lehrer berichten, dass manche Kinder nicht einmal mehr ein Lineal in der Hand halten können. Auch ihre physische Beweglichkeit und Fähigkeit zur Koordination leidet, wenn an die Stelle von Bewegung das Starren auf den Bildschirm tritt. Die DAK spricht von Mediensucht unter Kindern und Jugendlichen und warnt vor einem Negativtrend, der nicht mehr zu stoppen sei, “wenn jetzt nicht schnell gehandelt wird”.
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Ich frage mich deswegen:
Warum um alles in der Welt will man dann heute sogar noch Grundschulunterricht digitalisieren?Müsste man nicht eher die klassische Form des Schulunterrichts als das einzige noch verbliebene Bollwerk gegen oben beschriebene Fehlentwicklung sehen?
1 Antwort
Man muss den Kinder unbedingt beibringen, wie man Smartphone & Co. _sinnvoll_ verwendet. Heißt u.a., dass man noch soviel weiß bzw. verstanden hat, dass man ggf. noch einen Plan B hat. Also z. B. auf einem Zettel wichtige Telefonnr. für den Notfall dabei hat (z. B. die der eigenen Eltern), dass man sich versucht Dinge zu merken statt ständig nachschlagen zu wollen, weil man dann einfach zu abhängig wird.
notting
Was digitale Schulen anrichten können, zeigt das Beispiel der Steven-Jobs-Schulen in den Niederlanden. 4.000 Kinder zwischen vier und zwölf lernten vorwiegend mit Apps. Initiator Maurice de Hond sagte dazu laut einem Artikel in „aktiv“ vom 27.05. 2015: „Was wir hier erleben, ist eine Bildungsrevolution und nicht mehr aufzuhalten!“
Die Schule wurde als voller Erfolg gefeiert: keine Tafeln, keine Schulbücher, keine Ranzen, keine Klassenlehrer, nicht einmal mehr Klassen. Stattdessen iPads für jedes Kind. Stundenpläne orientierten sich am individuellen Interesse und Fähigkeiten der Kinder. Tablets, die Kinder zum selbständigen Lernen „stimulieren“ – ein „perfektes Werkzeug“, sagte Lehrerin Marina Donker.
Von einem verhaltensauffälligem Jungen wurde berichtet, dass in der neuen Schule nach Einschätzung der Eltern alles „reibungslos“ laufe.
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Ganz anders stellte sich der „Erfolg“ dann drei Jahre später dar. In einem Artikel von „Focus-online“ hieß es am 10.10.2018:
„Maurice de Hond selbst sah seine Schulen als eine moderne Version der Idee von Maria Montessori. Das selbstbestimmte Arbeiten am Laptop sollte die Schüler nicht nur motivieren, sondern auch die Leistung verbessern und sogar soziale Benachteiligung ausgleichen können. Soweit die Hoffnung.“
Die Steve-Jobs-Schulen von Maurcie de Hond seien gescheitert. Laut „Focus-online“ läge das weniger am Medium Laptop, sondern am „völlig selbstbestimmten Lernen“. Heute würden die Anhänger der Digitalisierung zurückrudern. Basiswissen und -fähigkeiten wären vernachlässigt worden. Umgeschulte Kinder hingen Gleichaltrigen „weit hinterher“.
Was uns ein Neuropsychologe erklärt:
Referent: Prof. Dr. Ralf Lankau / Offenburg
Montag, den 16. Juni 2020
Deutschlands Schulen sollen digital werden: Bund und Länder haben 5,5 Milliarden Euro bereitgestellt, z.B. für Computer und interaktive Tafeln im Klassenzimmer. Die vorherrschende Debatte über den Einsatz digitaler Medien im Unterricht verkennt die zugrundeliegenden Interessen. Angeblich sorgen die Geräte für modernen, innovativen Unterricht, höhere Motivation der Schüler und bessere Lernergebnisse.
Wissenschaftlich valide Studien belegen das Gegenteil. Der pädagogische Nutzen war und ist bis heute negativ. PISA-Koordinator Andreas Schleicher: “Wir müssen es als Realität betrachten, dass Technologie in unseren Schulen mehr schadet als nützt.“
Es geht um offensichtlich Anderes. Es sind wirtschaftliche Interessen der IT-Wirtschaft und der Global Education Industries, die die Bildungsmärkte nach angelsächsischem Vorbild privatisieren und kommerzialisieren wollen. Es sind zugleich die Geschäftsmodelle der Datenökonomie, die alle Lebensbereiche verdaten und Menschen per Algorithmus steuern wollen.