Wieso kann man nicht einfach in Einzelhaft gehen?
Wenn man im Knast landet hört man ja Geschichten von Vergewaltigung oder sowas in die Richtung. Warum kann man denn nicht 24/7 einfach in seiner Zelle verbringen? Wird man dazu gezwungen mit seinen mit Häftlingen Kontakt zu haben?
6 Antworten
Hi,
Nur in Einzelhaft gibt es hier schlicht nicht, klar soll ein Knastaufenthalt abschrecken und eine Strafe sein, aber es dient auch hauptsächlich zur Resozialisierung des Insassen und das funktioniert nicht wenn in einer Einzelzelle verrottet, da dann die letzten sozialen Kompetenzen auch noch verlieren würde. Einzelhaft ist übrigens in manchen Ländern auch eine Form der Folter, siehe hier,
Weil eine Haftanstalt kein Hotel ist. Für eine EInzelhaft müssen bestimmte Kriterien vorliegen und "Angst" vor Vergewaltigung oder Rosa Zimmern gehört nicht dazu.
Hallo Mickerig,
bei der Vorstellung einer Einzelhaft haben viele, die sich mit deutschen Gefängnissen nicht auskennen, vermutlich das Bild von der Einzelhaft im Kopf, die oft in Gefängnisdokumentationen präsentiert wird:
Ein Gefangener ist von anderen Häftlingen abgeschottet, hat eine Einzelzelle und ist für dreiundzwanzig Stunden in seiner Zelle eingeschlossen.
In anderen Ländern ist diese Form des Vollzuges eine Einzelhaft.
Hier in Deutschland ist diese Form des Vollzuges jedoch keine Einzelhaft, sondern eine "Isolationshaft".
Was ist die Einzelhaft eigentlich?
Die Einzelhaft ist nichts weiter, als eine Gefängniszelle, die NUR EINEM GEFANGENEN zugeteilt wird; eine Gefängniszelle, die ein Gefangener NICHT mit einem anderen Gefangenen teilen muss; eine Gefängniszelle, die ein Gefangener also ALLEIN nutzt.
Dabei ist der Kontakt zu den anderen Gefangenen der gleichen Station dennoch gegeben.
Ein Gefangener hat im Übrigen einen Anspruch auf eine Einzelzelle, wenn der Gefangener eine lange Haftstrafe verbüßen muss. Diesen Anspruch haben jedoch nur "Langzeithäftlinge" (weiß nicht jede/jeder)
"Langzeithäftlinge" sind Häftlinge, welche eine Haftstrafe von fünf Jahren oder noch mehr verbüßen müssen.
Häftlinge können zudem auch selbst entscheiden, ob sie in eine Doppelzelle verlegt werden, oder in eine Einzelzelle verlegt werden wollen - vorausgesetzt, es sind genügend Zellen vorhanden.
"Wenn man im Knast landet hört man ja Geschichten von Vergewaltigung oder sowas in die Richtung."
Das ist leider korrekt. Denn sexuelle Gewalt kommt auch in deutschen Gefängnissen vor. Nur wird darüber nicht berichtet. Nur eine Person, die in einem Gefängnis arbeitet oder sich in diesem Bereich etwas auskennt, weiß, dass es mehr Vergewaltigungen in deutschen Gefängnissen gibt, als man denkt.
"Warum kann man denn nicht 24/7 einfach in seiner Zelle verbringen?"
Ein Gefangener ist nicht dazu verpflichtet, seine Gefängniszelle gelegentlich zu verlassen. Doch es kommt zu Situationen, in denen ein Gefangener mehr oder weniger dazu gezwungen ist, seine Gefängniszelle zu verlassen:
- Wenn ein Gefangener arbeiten muss.
- Wenn ein Gefangener zu der Anstaltsärztin/zu dem Anstaltsarzt gebracht werden muss.
- Wenn der Gefangene telefonieren muss.
- Wenn ein Gefangener zu der Anstaltspsychologin/zu dem Anstaltspsychologen muss.
- Wenn ein Gefangener zu der Anstaltskapelle/zum Gottesdienst gehen möchte.
- Wenn ein Gefangener zum Hofgang geht.
- Wenn ein Gefangener duschen gehen möchte.
- Wenn ein Gefangener mit der Anstaltsleitung sprechen möchte.
- Wenn ein Gefangener mit der Abteilungsleiterin/mit dem Abteilungsleiter sprechen muss.
- Wenn der Gefangene mit der Sozialarbeiterin/mit dem Sozialarbeiter sprechen muss.
- Wenn ein Gefangener seine VPK (Vollzugsplankonferenz) hat.
- Wenn eine Haftraumkontrolle vorgenommen wird.
- Wenn ein Gefangener auf Transport geht, weil er beispielsweise zum Gericht gefahren wird.
Zudem erhält ein Gefangener keine positive Sozialprognose, wenn ein Gefangener keinen Kontakt zu anderen Häftlingen herstellt und den Kontakt zu anderen Häftlingen meidet. Dabei ist eine positive Sozialprognose für eine eventuelle, frühere, vorzeitige Entlassung wichtig. Denn das Gefängnis beobachtet auch die Entwicklung eines Häftlings. Aus diesem Grund ist eine gute Führung während der Haftzeit äußerst wichtig.
"24/7" in der Zelle zu sitzen, macht also keinen guten Eindruck, könnte eine vorzeitige Entlassung versauen und ist zudem nicht jeden Tag möglich (siehe Punkte).
"Wird man dazu gezwungen mit seinen mit Häftlingen Kontakt zu haben?"
Ein Häftling ist nicht dazu gezwungen, mit seinen Mitgefangenen in Kontakt zu treten. Doch wie bereits erwähnt macht es KEINEN positiven Eindruck, wenn ein Häftling den Kontakt zu anderen Häftlingen meidet.
Ein Gefangener, welcher sich selbst freiwillig von anderen Gefangenen abschottet, welcher sich in seine Gefängniszelle zurückzieht und den Kontakt zu anderen Gefangenen vermeidet, hinterlässt, wie bereits erwähnt, einen schlechten Eindruck und erhält zudem eine schlechte Sozialprognose, die jedoch wichtig für eine vorzeitige Entlassung ist.
Wozu überhaupt eine positive Sozialprognose?
Eine positive Sozialprognose kann zu einer vorzeitigen Entlassung beitragen und gibt der Justizvollzugsanstalt (Gefängnis) Auskunft darüber, ob ein Gefangener bereits resozialisiert ist und ob ein Gefangener in ein gesellschaftliches Leben integriert und somit vorzeitig entlassen werden kann.
Ein Häftling versaut sich jedoch selbst eine positive Sozialprognose und somit eine vorzeitige Entlassung, wenn er sich "24/7" selbst und freiwillig in seiner Zelle einsperrt.
Es ist also nicht so, wie du dir das vorgestellt hast.
LG, Toxic38
Lol eine schlechte Sozialprognose weil man nichts mit anderen Verbrechern zutun haben will? Ich akzeptiere das aber wenn wir ehrlich sind ist das doch blöd. Ich meine er begibt sich da in kriminelle Gesellschaft und wird eventuell nur mehr "Tricks" lernen
Das ist leider das Kleingedruckte.
Stellt man Kontakt zu anderen Gefangenen her, besteht die Möglichkeit, in etwas hineingezogen zu werden.
Stellt man keinen Kontakt zu anderen Häftlingen her, versaut man sich wahrscheinlich aufgrund einer schlechten Sozialprognose eine vorzeitige Entlassung.
Tja, das ist eben der Haken.
Ich weiß, wovon ich rede, heißt aber nicht, dass ich in einem Gefängnis war.
Ich kenne mich eben etwas aus.
Wenn du das nicht anders willst, kommst du in Einzelhaft*. Niemand wird gezwungen, Kontakt mit anderen aufzunehmen. Nur die ersten 36h bist du garantiert nicht alleine.
Du musst nicht arbeiten, du musst nicht am Hofgang teilnehmen, du musst nicht zu den Duschzeiten duschen. Körperhygiene geht auch ohne Duschen. Aber ich garantiere dir, dass du nach ein paar Wochen "Enthaltung" froh bist, arbeiten zu können und Hofgang zu erhalten.
*) wenn Zellen vorhanden sind
Ich bin mir da nicht sicher. Ich meine.... Ich verbringe meine ganzes Leben in Einzelhaft nur eben Zuhause. Ich gehe nicht raus, ich bleib nur daheim.
In einen Gemeinschaftshaftraum darf ein Gefangener nur mit seiner Zustimmung untergebracht werden. Aus vollzuglichen Gründen kann allerdings für eine kurze Zeit eine Genehmigung entfallen.
Auch wird niemand gezwungen, an Freizeitaktivitäten oder Hofstunden teilzunehmen.
Theoretisch könnte man also tatsächlich 24/7 auf seinem Haftraum verbringen, wenn man ein einem BL inhaftiert ist, bei denen es keine Arbeitspflicht gibt.
Also ich würde direkt verhaltensauffällig werden und mich so schlimm wie es geht benehmen für Einzelzelle