Wieso gilt Transsein nicht als sexistisch?

10 Antworten

Das mag damit zusammen hängen, dass die Formulierung "Sich wie XY fühlen" nicht die Realität abbildet, sondern nur ein Versuch ist, Transsein Leuten zu erklären, die nicht selbst trans sind.

Ich würde es eher mit "falsch für mich" und "richtig für mich" anfühlen beschreiben. Es hat nix mit der Wertigkeit von Männlichkeit oder Weiblichkeit zu tun, sondern einfach mit dem, was richtig für mich ist.
Genauso, wie es sich für dich vielleicht richtig anfühlt, Tattoos zu haben oder eben nicht- und das muss nichts darüber aussagen, ob Tattoos gut oder schlecht sind.

Übrigens: Transleute versuchen das mit dem "Einfach so leben wie man will, einfach untypisch für das vermeintliche Geschlecht sein" normalerweise schon über einen längeren Zeitraum, bis sie zu dem Schluss kommen, dass es nicht reicht. Ich habs zehn Jahre versucht, eine Bekannte ganze 50 Jahre lang. Trans sein ist etwas komplett anderes, das so viel tiefer geht als die Auswahl der Hobbies oder das Verhalten im Schlafzimmer.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin bisexuell und nichtbinär & kenne viele andere 'Queere'.

ich bin eine Cis Frau und ich fühle mich weiblich. ich könnte mir nicht vorstellen mit er/ihm oder Neopronomen angesprochen zu werden und der Gedanke daran, dass jemand denkt ich sei ein Junge, wäre sehr komisch.

und eine Trans Frau fühlt sich genauso, mit dem Unterschied, dass sie einen männlichen Körper hat und somit wirklich in der Situation ist, als Mann gesehen zu werden

Versuch du dir einfach mal vorzustellen konstant missgenderd zu werden (sprich es werden die falschen Pronomen für dich verwendet) wie würdest du dich fühlen? Würdest du dich unwohl/komisch dabei fühlen?

Dabei geht es auch gar nicht um stereotype. Ein Trans Mann will kein Mann sein, er ist einer. Und das liegt nicht daran, dass er gerne super maskuline Dinge tut und mag, sondern daran, dass er so geboren wurde. Und er muss auch keine Geschlechterrollen erfüllen. Es gibt auch Trans Männer die sich dazu entscheiden keine geschlechtsangleichende Operationen wie z.B. Brustentfernung zu machen, Trans Männer die sich schminken und die Röcke tragen. Und umgekehrt gibt es natürlich auch solche Trans Frauen

Ich kann deinen Gedanken nachvollziehen, dass Transgender Geschlechterklischees fördert, aber das ist nicht der Fall. Ich versuche es mal anhand eines Beispiels zu erklären:

Angenommen wir haben eine Welt in der es keine Geschlechterrollen gibt. In dieser Welt wird nicht alles nach Mann und Frau unterteilt und niemand geht von einem Geschlecht anhand des Aussehens aus. wenn man eine Person trifft, ist es einfach eine Person und erst wenn diese einen sagt ich habe dieses Geschlecht, denkt man sich ein Geschlecht.

Wenn in dieser Welt eine Trans Frau sagt ich bin eine Frau, auch wenn sie überhaupt nicht den heutigen Bild einer Frau entspricht, würde das niemand hinterfragen. In dieser Welt wäre es auch nicht notwendig für die Trans Frau sich feminin zu präsentieren, es sei denn sie will es weil es ihr persönlicher Geschmack ist.

so, jetzt ist diese Welt aber natürlich fiktiv. Stattdessen leben wir in einer Welt in der sehr wohl alles in Mann und Frau unterteilt wird. Wenn man auf eine Person trifft, denkt man sofort als Mann oder eben als Frau über diese Person. Passt jemand weder ins stereotypisch männliche noch stereotypisch weibliche Bild, kommen sofort Fragen.

Die gleiche Trans Frau vom vorherigen Beispiel lebt nun in dieser Welt in der sie als Mann gesehen wird, wenn sie nicht stereotype erfüllt. Sie hat die Entscheidung: entweder als Frau gesehen werden, also als das, was ich bin oder als Mann gesehen werden und missgendert werden und mich dauernd outen müssen, wenn ich sage, dass ich eine Frau bin. Natürlich entscheiden sich viele dann dafür Stereotype zu erfüllen. Teilweise weil sie es einfach wirklich für sich wollen, teilweise aber auch, weil sie von der Gesellschaft als das gesehen werden möchten, was sie sind, nämlich eine Frau.

Trans Personen sind also nicht das Problem, sie verstärken Geschlechterrollen und Stereotypen nicht, sondern im Gegenteil. Wie gesagt, es gibt auch welche, die eben nicht Stereotype erfüllen und trotz bspw sehr femininen Aussehen er/ihn Pronomen verwenden. Dadurch können Stereotypen auch aufgeweicht werden. Es wäre gut, gäbe es auch in Kinderserien Trans Repräsentation. Wenn z.B. ein Mann mit brüsten in einer Episode vorkommen würde, würden Kinder bereits früh unterbewusst lernen, dass man nicht immer vom Aussehen nach in Mann und Frau unterteilen kann.

Das war jetzt alles sehr binär, um es verständlicher zu erklären, aber natürlich gibt es weit mehr als nur Mann und Frau

ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen

Ich habe Schwierigkeiten nachzuvollziehen, warum sich manche Menschen als transgender identifizieren.

Ist auch nicht einfach, wenn man mit der Thematik nichts am Hut hat.

auf einer geschlechtsspezifischen Zuordnung bestimmter Eigenschaften oder Empfindungen zu beruhen

Nein, Transidentität hat nicht unbedingt was mit Geschlechterrollen zu tun.

In einer modernen Gesellschaft sollte es möglich sein, unabhängig vom Geschlecht so zu leben und auszusehen, wie man möchte

Ja, das stimmt.

Auch wenn es oft nicht toleriert wird.

ohne seine Identität ändern zu müssen.

Das ist auch keine Entscheidung.

Niemand steht morgens auf und sagt: "heute will ich eine weibliche Identität".

Wenn jemand sagt: „Ich bin jetzt ein Mädchen“, weil er oder sie sich anders behandelt fühlt, scheint das bestehende Geschlechterrollen und -erwartungen eher zu bestätigen als zu hinterfragen.

Nein.

Das heißt, dass deine Idenität nicht mit dem biologischen, also von Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.

Viele trans Menschen leiden an starker Dysphorie, unteranderem an körperlicher.

Weil sie vom Kopf her weiblich sind, vom Körper aber männlich.

Und bei trans Männern genau anders herum.

Bei non-binary ist das nochmal bisschen komplexer.

Ich frage mich deshalb, ob dieses Denken nicht auch Formen von Sexismus aufrechterhält, indem es Geschlechterunterschiede weiter betont.

Sagen wir es mal so: ja einige trans Menschen passen sich diesen Rollen und Klischees teils an, weil sie sonst anders nicht akzeptiert werden.

Die Gesellschaft hat klare Vorstellungen darüber, wie eine Frau auszusehen hat und wie sie sich verhalten soll.

Glaub mir: wäre dieser Druck nicht so da, würden einige trans Menschen weniger daran leiden.

Und außerdem gibt es auch cis Menschen, die nicht nach stereotypischen Rollenbildern leben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin CE und selbst Teil von LGBTQ+

Einfach Menschen akzeptieren und respektieren. Das reicht zum nachzuvollziehen.

Transgeschlechtlichkeit bedeutet, dass eine Person nicht (oder nicht ausschließlich) das Geschlecht hat, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde. Das hat nicht zwangsläufig etwas mit Geschlechterrollen zu tun, also mit den gesellschaftlichen Erwartungen daran, wie Männer oder Frauen sich verhalten sollen.

Trans Menschen hinterfragen häufig genau diese Zuweisung und beanspruchen Selbstbestimmung über ihre Geschlechtsidentität, anstatt sich rein nach äußeren oder biologischen Merkmalen einordnen zu lassen.

Ein verbreitetes Missverständnis, das du deiner Frage passt, lautet: "Wenn jemand z.B. bei der Geburt als männlich definiert wurde und später dann als Frau lebt und gerne Röcke trägt, wird damit das Stereotyp 'Frauen tragen Röcke' verstärkt." Doch das ist eine verkürzte Sichtweise: Trans Menschen identifizieren sich als Mann, Frau oder nicht-binär nicht, weil sie Geschlechterklischees erfüllen wollen, sondern weil sie ein inneres Wissen oder Empfinden über ihr eigenes Geschlecht haben. Viele trans Personen brechen mit stereotypen Erwartungen - etwa trans Frauen, die maskulin auftreten, oder trans Männer, die sich nicht männlich verhalten im klassischen Sinne.

Indem trans Menschen sichtbar machen, dass Geschlecht mehr ist als biologische Zuordnung oder Rollenerwartungen, unterlaufen sie starre Vorstellungen davon, was "männlich" oder "weiblich" sei. Sie zeigen, dass Identität nicht reduziert werden kann auf Verhalten, Kleidung oder Körpermerkmale. Das ist alles andere als sexistisch.


Inkognito-Nutzer   07.05.2025, 19:43

Danke für die ausführliche Erklärung – ich sehe, dass du das Thema differenziert betrachtest. Ich stimme dir zu, dass Selbstbestimmung ein wichtiges Prinzip ist, und dass viele trans Personen gerade starre Rollenerwartungen kritisieren. Dennoch frage ich mich, ob die Vorstellung eines ‚inneren Wissens‘ über das eigene Geschlecht nicht doch auf sozial konstruierten Bedeutungen von Geschlecht basiert. Wenn man sagt, man fühle sich ‚als Frau‘ oder ‚nicht-binär‘, dann basiert dieses Empfinden doch zwangsläufig auf einem gesellschaftlich geprägten Bild davon, was diese Begriffe bedeuten.

Meine Sorge ist, dass wir trotz aller Kritik an Geschlechterrollen immer noch deren Rahmen benutzen, um Identität zu beschreiben – und damit ungewollt an deren Fortbestehen mitwirken. Ist es nicht widersprüchlich, Geschlechtskategorien ablehnen zu wollen, während man sich gleichzeitig stark über sie definiert? Ich frage das nicht, um Identitäten abzusprechen, sondern weil ich mir nicht sicher bin, ob die gesellschaftliche Wirkung tatsächlich so emanzipatorisch ist, wie oft dargestellt.

Mayahuel  07.05.2025, 19:56
@Inkognito-Beitragsersteller
Kritik an Geschlechterrollen

Geschlechterrollen sind nicht böse.

Es wird nur dann zum Problem, wenn man die Rollen nicht ohne persönliche Nachteile ändern kann.

Geschlechtskategorien ablehnen zu wollen, 

Du gibst das typische TERF-Narrativ wieder.

Eine Tomboy und ein Tomgirl halten sich nicht an Geschlechterrollen und sind nicht trans (!).

Das ist nicht der Knackpunkt.

Inkognito-Nutzer   07.05.2025, 20:01
@Mayahuel

Du ignorierst den ersten Teil meines Kommentars. Bitte schreibe deine Antwort so, dass diese nicht einen ganzen Absatz auslässt, damit wir diese Diskussion fortführen können.

Mayahuel  07.05.2025, 20:08
@Inkognito-Beitragsersteller
sozial konstruierten Bedeutungen von Geschlecht basiert. 

alles ist sozial konstruiert. auch das biologische Geschlecht: was zB eine XY-Frau ist, entscheiden Menschen.

Es wird auch zB zwischen Mädchen und Frau unterschieden. Das muss überhaupt nicht so sein oder könnte sogar viel detaillierter sein.

Inkognito-Nutzer   07.05.2025, 20:13
@Mayahuel

Ich schreib morgen noch nh Antwort weil ich diese Diskussion spanned finde, aber jetzt grad gar kein Bock weil ich muss noch für kack Mathe Test lernen und hab ehrlich die Hälfte meiner Energie dafür verwendet meine Fragen professionell zu formulieren. Also don’t worry ich antworte morgen!!

Devoid8  07.05.2025, 22:55
@Inkognito-Beitragsersteller
Wenn man sagt, man fühle sich ‚als Frau‘ oder ‚nicht-binär‘, dann basiert dieses Empfinden doch zwangsläufig auf einem gesellschaftlich geprägten Bild davon, was diese Begriffe bedeuten.

Nein, das ist falsch. Das ist einfach nicht der Fall.

Bitte vertraue an diesem Punkt einfach auf die Erfahrungsberichte betroffener Personen. Du bist scheinbar nicht trans. Du wirst niemals wissen können, wie es sich anfühlt, trans zu sein.

Wenn du ehrlich sein willst, dann hast du keine andere Wahl, als denen zu glauben, die wissen wie es ist.

Inkognito-Nutzer   08.05.2025, 14:26
@Mayahuel

Mir ist bewusst, dass vieles, was wir als „biologisch“ wahrnehmen, sozial mitkonstruiert ist – etwa, welche körperlichen Merkmale wir als geschlechtlich relevant einstufen. Dennoch scheint es mir, dass die Aussage „alles ist konstruiert“ auch eine gewisse Grenze erreicht, wenn wir versuchen, ein stabiles Selbstverständnis zu begründen. Wenn wir sagen, dass selbst biologische Geschlechtsmerkmale sozial entschieden werden, was bleibt dann als Referenz für ein „inneres Wissen“ über das eigene Geschlecht – das ja wiederum keine bloße Rolle sein soll?

Was ich zu verstehen versuche, ist: Wenn Geschlechterkategorien sowohl kulturell als auch medizinisch wandelbar sind – und nicht objektiv fixiert – worauf gründet sich dann eine gefühlte Geschlechtsidentität, die so zentral ist für viele trans Menschen?

Ich will hier nicht in ein TERF-Narrativ fallen – mir geht es nicht darum, trans Menschen ihre Identität abzusprechen. Ich möchte nur ehrlich verstehen, wo die Grenze zwischen konstruiertem Rollenverhalten und tief empfundener Identität verläuft. Denn diese Unterscheidung scheint mir zentral – gerade auch, wenn wir vermeiden wollen, Geschlechterklischees zu verstärken.

Inkognito-Nutzer   08.05.2025, 14:31
@Devoid8

Ich verstehe, dass du mich aufforderst, den Erfahrungen von trans Menschen zu vertrauen, und das respektiere ich. Ich will keineswegs die Realität von trans Identitäten in Frage stellen, noch den individuellen Erfahrungshorizont von Menschen, die in diese Positionen hineingeboren wurden. Was mich allerdings immer noch beschäftigt, ist der Punkt, dass sich Geschlecht auf so viele verschiedene Weisen anfühlen kann – und das ist etwas, das ich gerne besser verstehen würde.

Ich gebe zu, dass ich nie die Erfahrung machen kann, trans zu sein, und das ist natürlich eine tiefgehende und komplexe Perspektive, die nur von Betroffenen wirklich nachvollzogen werden kann. Aber ich frage mich, ob diese „innere Wahrheit“ über das eigene Geschlecht nur durch persönliche Erfahrung verständlich wird, oder ob es auch eine breitere gesellschaftliche, philosophische oder kulturelle Grundlage gibt, die dabei eine Rolle spielt. Es ist ein Versuch, diese Diskussion weiter zu öffnen, ohne dabei die Erfahrungen von trans Menschen zu relativieren. Ich schätze die Sichtweise von trans Personen, aber ich finde es auch wichtig, offen darüber zu sprechen, ohne pauschal abzuweisen, was außerhalb der eigenen Erfahrungen liegt.

Mayahuel  08.05.2025, 14:35
@Inkognito-Beitragsersteller
wenn wir vermeiden wollen, Geschlechterklischees zu verstärken.

Und noch einmal: warum soll das schlecht sein?

Ich will hier nicht in ein TERF-Narrativ fallen

Alice Schwarzer, die berühmteste TERF Deutschlands:

Wie also konnte es passieren, dass ausgerechnet im Namen des Feminismus die Geschlechterrolle nicht etwa endlich abgeschafft wird, sondern vervielfacht?

https://www.emma.de/artikel/anpassung-die-rolle-337403

worauf gründet sich dann eine gefühlte Geschlechtsidentität, 

Auf die Psyche.

Manche wollen auch den Körper angleichen, andere nicht (aus unterschiedlichen Gründen).

und nicht objektiv fixiert

Woher weiß jemand, dass er liebt? Wie kann man das objektiv fixieren?