Wie fließt Strom über Erde zu seiner Quelle zurück?

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Stelle Dir vor, an einem See schöpft am Uferpunkt A Hans einen Liter Wasser und schüttet ihn am Punkt B in den See zurück. Zugleich schöpft Fritz am Punkt C einen Liter und schüttet ihn am Punkt D in den See zurück. Überall, wo gerade Wasser geschöpft wird, entsteht kurzfristig ein Loch im Wasser. Wo Wasser eingeschüttet wird, entsteht dagegen kurzfristig ein Wasser-Berg. Nach wenigen Sekunden ist das Wasser eingeebnet, die Löcher füllen sich und die Berge tragen sich ab.  

Hier gestalten Hans und Fritz jeweils geschlossene Wasserkreisläufe. Dabei macht sich aber kein einziges Wassermolekül das verwegene Problem, vom Hans-Wasserberg den Weg zu suchen zum Hans-Wasserloch.

Hätten wir es nun mit verschiedenen Gleichstromkreisen zu tun, die streckenweise durch die Erde führen, dann müsste auch kein einziges Elektron den Weg suchen von seinem Eintrittspunkt an der Erde zu dem Austrittspunkt, das seinem Stromkreis zugeordnet wurde. Die elektrischen Ladungen heben sich im Boden einfach so auf, wie sich der Wasserspiegel des Sees einebnet.

In unserem Alltag haben wir es bei Leitungen durch das Erdreich ohnehin fast immer mit Wechselstrom zu tun. Da vibrieren die Elektronen ganz ohne Wanderschaft nur auf der Stelle. Wenn nun da diverse Stromkreise über das Erdreich geschlossen werden, dann gleichen sich nur elektrische Impulse im Boden aus.

Alles klar, oder noch Fragen dazu?

Roman2205 
Fragesteller
 21.01.2020, 17:21

Danke, sehr verständliche Erklärung :)

Nur noch das Thema mit dem isolierten Trafo und einseitigem Erdschluss. Das kein geschlossener Stromkreis entsteht, ist mir bewusst, aber sinkt dann bei einem Erdschluss die Außenleiterspannung auf Null und das Netz bricht zusammen oder was passiert genau und wann würde Gefahr bestehen?

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dompfeifer  21.01.2020, 20:11
@Roman2205

Zunächst ist zu beachten, dass Spannungen immer nur zwischen zwei Punkten zu messen sind. Im praktischen Alltag kommt es vor, dass einer der beiden Punkte weg gelassen werden kann, weil er allgemein bekannt ist.

Die Fragestellung ist so etwas diffus. Ich bemühe mich einmal, sie zu interpretieren:

Ich habe die Annahme so verstanden, dass am Transformator einer der drei Außenleiter geerdet wird. Da gibt es zwei Möglichkeiten:

Wenn, wie allgemein üblich, der Sternpunkt des Trafos geerdet ist und nun zusätzlich gleichzeitig einer der Außenleiter geerdet wird, dann ist das ein schlichter direkter Kurzschluss. Da sollte die Leitungsschutz-Sicherung auslösen. Selbstverständlich ist dann die Spannung zwischen Erde und geerdetem Außenleiter gleich null,

Wenn am Sternpunkt die Erdung entfernt wird und stattdessen einer der drei Außenleiter geerdet wird, dann beträgt die Spannung zwischen dem geerdeten Außenleiter und der Erde natürlich such null. An den Spannungen zwischen den Außenleitern würde sich damit genau so wenig ändern wie an der Spannung zwischen Außenleitern und Mittelpunktleiter (sog. "Strangspannung"). Dass das alles sehr fiktiv ist und unpraktikabel wäre, sei dahingestellt.

Bei älteren Elektro-Installationen wird noch kein separater Schutzleiter (gelb-grün) mitgeführt. Dort werden die Schutzkontakte der Steckdosen noch mit dem Nullleiter (Mittelpunktleiter) verbunden. Ohne Erdung des Mittelpunktleiters würde bei diesen Steckdosen zunächst die Schutzmaßnahme entfallen. Es käme noch viel schlimmer: Der Mittelpunktleiter würde die Strangspannung gegen Erde führen und diese Spannung auf die Schutzkontakte führen und damit auf alle Metallgehäuse der Elektrogeräte. Das wäre ein Massenmord!

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Es heißt ja, Strom sucht sich den Weg zu seiner Spannungsquelle.

Hier dürfte der Fehler liegen. Strom such sicht keinen Weg, er fließt zwischen Potentialen, wenn diese leitend verbunden sind.

Habe ich z.B. zwi Erdungspunkte (benachbarte Gebäude) die gerade unterschiedliches Potential haben, dann fließt auch zwischen diesen Punkten ein Strom, während aber z.B. von beiden Punkten ein Potentialgefälle zum Transofrmater besteht und auch dorthin Strom fließt..

Wenn wir mal kurz auf die 3. Dimension verzichten, dann sind die Erdungspunkte auf einer Ebene. Die Potentiale sind die Höhe, es entsteht eine Hügellanschaft, wobei benachbarte Punkte unterschiedlichen Potentials eine Art Grundneigung im Gelände erzeugen. An den Spitzen (den Erdungspunkten) quillt Wasser aus dem Boden, und es fließt überall hin, wo es niedriger ist.

"wie der Strom den Weg über Erde bei mehreren geerdeten Spannungsquellen exakt zu seiner Spannungsquelle findet"

Warum muss er das? ;-)

Der Erdboden ist kein einfacher Leiter wie ein Kabel, es ist eine räumlich ausgedehnte Zone, die insgesamt mehr oder weniger gut elektrisch leitend ist.

Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Erdungswiderstand#Erdungsimpedanz

Roman2205 
Fragesteller
 20.01.2020, 15:44

Danke, das verstehe ich soweit, aber können sich Ströme nicht auch kreuzen oder eine andere Spannungsquelle einen nicht von ihr ausgehenden Strom abfangen? Irgendwie stehe ich da auf dem Schlauch. Bei zwei parallel geschalteten Leitungen, die zu einer Leitung zusammenführen, teilt sich der Strom ja auf. Bei der Erde ist es wie eine gigantische Leitung, in der die Ströme sich auch kreuzen könnten, oder verstehe ich da was falsch?

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Roman2205 
Fragesteller
 20.01.2020, 15:54

Oder "zieht" sich die Spannungsquelle bei beidseitiger Erdung den benötigten Strom aus der Erde und somit spricht man von einem Stromkreis?

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Du stellst dir das zu kompliziert vor, vor allem gehst du zu sehr von Leitungs-gebundenem Strom aus. Schütte ein Glas Wasser in den Bodensee und sieh zu, wie es da hineinfließt. So ist es auch mit dem Strom, der in die Erde fließt. Die Erde ist einfach ein riesiges Ausgleichsbecken für Elektronen.

Tatsächlich gleichen sich da Ströme aus oder kreuzen sich aber die Größe der Erde und die Fähigkeit Elektronen aufzunehmen oder abzugeben sorgt für einen schnellen Ausgleich und Entladung der Spannungen. Stehst du allerdings neben einem Blitzeinschlag, dann solltest du die Füße beisammen halten. Der Abfließende Strom staut sich da sozusagen erst mal und wenn du die Beine in großem Abstand hast könnte auch über dich ein Ausgleichsstrom fließen. Stell dir Elektronen wie Wasser oder kleine Murmeln vor. Schüttet man das auf den Boden verhält es sich ähnlich wie Strom.

Roman2205 
Fragesteller
 20.01.2020, 17:12

Danke, klingt vernünftig. Verstehe ich das dann richtig so:

  • Im normalen Zustand fließt Strom vom Trafo zum Verbraucher und wieder zurück
  • Entsteht beim Verbraucher ein Erdschluss, fließt der Strom in die Erde. Der geerdete Trafo zieht sich dann den somit fehlenden Ausgleichsstrom aus der Erde?
  • Was wäre, wenn der Trafo isoliert gegen Erde ist und ein Erdschluss beim Verbraucher entsteht? Würde der Strom in die Erde fließen und sich verflüchtigen bzw. ausgeglichen werden?
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MostWanted288  20.01.2020, 18:41
@Roman2205

Punkt 1: korrekt.

Punkt 2: ja so in der Art. Du weißt dass Wechselstrom immer die Richtung wechselt. Somit schwingt der Strom eigentlich hin und her.

Punkt 3:

Nein mit einem isoliertem Trafo würde bei einem Erdschluss kein Stromfluss zu stande kommen.

Du musst dir vorstellen dass bei einem Stromfluss ein geschlossener Kreis vorhanden sein muss. Da der Trafo nicht geerdet ist ist der Kreis geöffnet.

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Roman2205 
Fragesteller
 20.01.2020, 19:41
@MostWanted288

Ok, danke dir ;)

Das heißt bei einem einseitigen Erdschluss wäre die Erde auf Außenleiterpotential und es bestände Lebensgefahr?

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MostWanted288  20.01.2020, 19:46
@Roman2205

Wenn du den isolierten Trafo meinst. Dann nein. Gar keine Lebensgefahr. Da kein geschlossener Kreis. Nur wenn du die Aussenleiter und/oder N berührst.

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Matsch12  21.01.2020, 08:47
@Roman2205

Punkt 1 und 2 Ja. Punkt 3 Nein, der Kreis muss geschlossen sein.

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dompfeifer  21.01.2020, 13:01
@Roman2205

".... wenn der Trafo isoliert gegen Erde ist und ein Erdschluss beim Verbraucher entsteht?  Würde der Strom in die Erde fließen ...?"

Nein, natürlich nicht, weil ja so kein Stromkreis geschlossen wäre. Du kannst Dir den Gleichstromkreis so ähnlich vorstellen wie die Perlen auf einer geschlossenen Schnurschleife oder die Kettenglieder an der Fahrradkette. Die Ladungsträger können sich nur im geschlossenen Kreis verschieben.

Siehe auch meine obige Antwort von gestern.

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Elektronen gehorchen einfach nur der Gesetze der Physik und indem Fall der Elektromagnetischen Wechselwirkung. Bei einem Elektrischen Strom haben Ladungsträger das bestreben sich auszugleichen. Wenn sie sich auch an anderen Spannungsquellen ausgleichen können tun sie es auch dann fließt ein Teil dort hin und ein Teil zur Traforstation.

Es ist absolut Willkürlich wie sie fließen Hauptsache sie können Platz an positiv Geladene Atome finden also Atome denen Elektronen fehlen.