Wie findet ihr Hindenburg?

Das Ergebnis basiert auf 7 Abstimmungen

Schlecht 71%
Gut 29%

6 Antworten

Wenn du morgen eine Geschichtsklausur schreibst, dann würde ich dir raten hier nicht in 'gut' oder 'schlecht' einzuteilen, denn das wird der Sache nicht gerecht und ein Wegbereiter des Nationalsozialismus ist nicht unbedingt etwas oder jemand, der im 2. Weltkrieg drin hängt.

Was kann man zu Paul von Hindenburg sagen... ich würde sagen der war ein klarer Monarchist. Der war nicht besonders demokratisch eingestellt und wünschte sich den Kaiser zurück... Kriegsheld aus dem Ersten Weltkrieg...
Das Problem damals war, dass nicht nur Hindeburg, sondern auch das Volk nicht eben hinter der Demokratie stand und die Demokratie als solche auch extrem schwach konstruiert war.
Es gab diese Weimarer Verfassung, die hatte keien 5% Hürde und erlaubte Verfassungs- und Demokratiefeindlichen Parteien zu kandidieren etc. etc.
Hindenburgs Präsidialkabinette waren im Endeffekt nur ein Auswurf dessen, was die Weimarer Verfassung geliefert hatte: Ein Parlament mit so vielen kleineren Klientelparteien, dass eien Regierungsbildung nicht möglich war.

Die NSDAP hingegen profilierte sich als Mittelfeld und war auch eine Partei, die 'durch das Volk' ging. Sie waren keine Partei für die Katholiken, wie das Zentrum oder NUR für die Arbeiter, wie die SPD, sie waren eine Partei, die im Endeffekt im Rahmen der Verlustängste im Rahmen der Weltwirtschaftskrise etc. etc. schwamm und diese Angst war etwas, das das Volk einte.

Kurzum...Hindenburgs Entscheidung Hitler zum Reichskanzler zu machen war in meinen Augen durchaus eine nachvollziehbare und im Endeffekt auch eine, die vom Volk soweit getragen war. Denn Hitler und die NSDAP HATTEN zu dieser Zeit hohe Zustimmungswerte. Dementsprechend löste sich Hindenburg im Endeffekt von seiner 'Allmacht' nach seinem Gutdünken Kabinette aufzustellen, die dann 'von Hindenburgs Gnaden' regierten und wählte mit Hitler jemanden für den bzw. für dessen Partei sich auch wirklich große Teile des Volks aussprachen.

Abgesehen davon war Hindenburg schon ziemlich alt, was auch noch mit reingespielt haben könnte. Die Reichstagsbrandverordnung... schwierig, war aber im Rahmen des Möglichen.
Problematisch finde ich hier eher die Verfassung als solche, als Hindenburg als Person.

In diesem Sinne: Er hat Hitler zum Reichskanzler gemacht. Wegbereiter des Nationalsozialismus... betrachtet man die Geschichte, dann schon, denn ohne ihn wäre es nicht passiert. Macht ihn diese Entscheidung zu einem schlechten Politiker... Nein.
Die Bewertung, die hierbei vorgenommen wird hätte mein ehemaliger Geschichtslehrer als 'Arroganz der Spätgeborenen' bezeichnet. Wir müssen versuchen die Situation damals nachzuvollziehen und dazu gehört auch die Allgemeine Stimmung im Volk und die Haltung zur Demokratie, die eben eine ganz andere war als heute. Aus heutiger Sicht zu sagen 'Demokratie gut' daher 'Hindenburg schlecht' trifft es im historischen Kontext, auf den es in der Klausur ankommt, denke ich, nicht so ganz.

Albrecht  06.05.2021, 16:01

Das Verhältniswahlrecht und das Fehlen einer Sperrklausel (wie z. B. eine Fünfprozenthürde im Wahlrecht der Bundesrepublik Deutschland) sollten bei der Untersuchung der Ursachen des Untergangs der Weimarer Republik nicht in ihrem Gewicht überschätzt werden. Die vielen kleinen Parteien waren Zeichen der Zersplitterung und Spaltung in Interessengruppen und politische Auffassungen sowie eines Mangels an klarer politischer Orientierung, hatten aber zusammengenommen kein allzu großes Gewicht und haben gar nicht so stark Kompromisse abgelehnt. Mit einer größeren Anzahl an beteiligten Parteien ist tendenziell eine stabile Regierungsarbeit etwas schwieriger. Aber dies ist kein Problem gewesen, an dem die Weimarer Republik gescheitert ist. Wichtiger als die Anzahl war die Frage, inwieweit politisch-weltanschaulich und in Bezug auf Interessen starke Gegensätze bestanden. Bedenklich war das Abbröckeln der Zusammenarbeit von Kräften der Mitte in der Endphase der Weimarer Republik: in der Arbeiterbewegung verwurzelten Sozialdemokraten (SPD) und im Bürgertum verankerten Parteien (vor allem Deutsche Zentrumspartei; kurz: Zentrum [politischer Katholizismus] und Deutsche Demokratische Partei [DDP, liberal], zeitweise auch andere wie die Deutsche Volkspartei [DVP; rechtsliberal-konservativ).

Gefährlich war nicht die bloße Anzahl an Parteien auf den Wahlzetteln und im Parlament, sondern das Fehlen einer Mehrheit im Reichstag für Parteien, die eindeutig bereit waren, die parlamentarische Demokratie zu tragen. 1932 hatten Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) zusammen eine absolute Mehrheit im Reichstag, wobei eine Zusammenarbeit zwischen ihnen außer in einer Verneinung gegenüber anderen ausgeschlossenen war.

Die Deutsche Zentrumspartei (kurz: Zentrum) vertrat einen politischen Katholizismus und die Kernwählerschaft waren kirchennahe Katholiken/Katholikinnen, allerdings erklärte sich ihrer Selbstdarstellung auch allgemein für eine christliche Weltanschauug.

Die SPD war keine Partei ausschließlich für die Arbeiterschaft, wenn auch vor allem. In der Wählerschaft gab es aber z. B. auch Angestellle, kleine Beamte, einige Leute aus intellektuellen/akademischen Kreisen.

Die Stellung der NSDAP als „Mittelfeld“ zu bezeichnen, ist verfehlt. Sie konnte in der Zeit einer schweren Wirtschaftskrise in erheblichem Ausmaß Stimme aus einer Vielzahl von Gruppen nach nach wirtschaftlich-gesellschaftlichen Einteilungskriterien gewinnen. Insofern war sie ziemlich erfolgreich mit einer milieuübergreifenden Propaganda und Mobilisierung. Die NSDAP hat aber nicht Stellung in einer „politischen Mitte“ bezogen, sondern war extrem. Sie speiste sich am stärksten aus Leuten, die zumindest verschwommen sich eher einem »nationalen Lager« zugehörig empfanden. Mit einer großen Erstarkung trat auch eine gewisse Sogwirkung auf andere auf.

Hindenburg hat auch einer Notverordnung (28. Februar 1933), die wesentliche Grundrechte außer Kraft setzte und zur massenhaften Verhaftung von Leuten aus den Reihen der Opposition ausgenutzt wurde, und dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933, das die Regierung zum Beschließen von Gesetzen (auch von der Verfassung abweichenden) und zum Abschließen von Verträgen ohne Zustimmung des Parlaments ermächtigte zugestimmt. In einer früheren Zeit war Hindenburg an der »Dolchstoßlegende« beteiligt. Mit mehreren Beeinflussungen und Entscheidungen hat er sich gegen demokratische Kräfte gewendet. Es können gegen sein politisches Wirken durchaus einige berechtigte Vorwürfe erhoben werden.

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earnest  06.05.2021, 16:31

"Die NSDAP profilierte sich als Mittelfeld"?

Wie bitte?

Für weitere Kritikpunkte an deiner geschönten Darstellung: siehe Albrecht.

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Schlecht

Letzteres.

Wobei der Zweite Weltkrieg selbstverständlich nicht auf seinen Preußenhelm, pardon, auf seine Kappe ging.

Deine Kategorien - "gut" und "schlecht" - sind ein wenig schlicht.

Für deine Vorbereitung empfehle ich dir, den Kommentar des Nutzers Albrecht genau zu lesen.

Gruß, earnest

Schlecht

Hindenburg war ein Antisemit, welcher, um die Verantwortung für den verlorenen Krieg abgeben zu können, die Dolchstoßlegende erst groß gemacht hat und die antisemitischen Strukturen in der deutschen Gesellschaft geprägt hat, an denen die Nazis anknüpfen konnten. Er hat den Nationalsozialismus somit geistig inthronisiert.

Er hat die Reichstagsbrandverordnung als Reichspräsident unterzeichnet, welche der Weimarer Republik, neben dem Ermächtigungsgesetz, den Todesstoß verpasste.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Externe Lehrkraft an einer Grundschule
BeviBaby  06.05.2021, 15:01
antisemitischen Strukturen in der deutschen Gesellschaft geprägt hat, an denen die Nazis anknüpfen konnten

Der Antisemitismus bestand schon vorher in erheblichem Maße. Das würde ich Hindenburg nicht übermäßig negativ anlasten, der war vielmehr ein Kind seiner Zeit.

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Schlecht

Klarer Wegbereiter des Nationalsozialismus aber gegen seinen Willen, er bevorzugte die Monarchie.

Ich kenne mich nicht aus, aber ich glaube, er war Beides.