widersprechen sich die jergmannsche und allensche regel nicht?
warum werden große körperanhänge schneller kalt aber große körper langsamer kalt? ich finde das widerspricht sich total
3 Antworten
Die Bergmannsche und Allensche Regel widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich viel eher gegenseitig.
Beiden gemeinsam ist, dass es um das Verhältnis von Körpervolumen zur Körperoberfläche geht. Über die Körperoberfläche steht der Körper mit der Außenwelt in Verbindung, über sie gibt er Körperwärme ab. In kalten Klimazonen ist die Bestrebung, möglichst wenig Körperwärme zu verlieren, man möchte also die Körperoberfläche, die ja die Wärme nach außen hin abgibt, so klein wie möglich halten. In warmen Klimazonen dagegen verhält es sich genau anders. Dort haben die Tiere eher das Problem der Überhitzung, überschüssige Körperwärme muss möglichst schnell abgegeben werden, sodass man hier bestrebt ist, die Wärmeabgabefläche so groß wie nur möglich zu gestalten. Und hier kommen nun die Bergmannsche und die Allensche Regel ins Spiel.
Die Bergmannsche Regel nutzt aus, dass das Volumen um den Exponenten 3 zunimmt (denn man hat ja eine Länge, eine Breite und eine Höhe), die Körperoberfläche nimmt jedoch nur mit dem Exponenten 2 zu (denn es gibt nur eine Länge und eine Breite). Dadurch verschiebt sich bei großen Körpern das Verhältnis von Oberfläche : Volumen zugunsten des Volumens. Dadurch sind Tiere in kalten Klimaregionen zumeist größer als ihre nahen Verwandten in wärmeren Regionen. Umgekehrt verschiebt sich das Verhältnis bei kleinen Körpern zugunsten der Oberfläche, daher sind Tiere in warmen Klimazonen tendenziell kleiner. Wichtig ist dabei, dass es stets um das Verhältnis geht, denn selbstverständlich strahlt ein mächtiger Elefantenkörper mehr Wärme ab als ein kleiner Lemming, wobei der Vergleich dieser Tiere sowieso keinen Sinn ergeben würde, weil es bei der Bergmannschen und Allenschen Regel um den Vergleich nahe verwandter Arten geht).
Beispiel: Der Amurtiger (Panthera tigris altaica) kommt in der Grenzregion zwischen Russland, China und Nordkorea vor, wo die Temperaturen im Winter bis auf -40 °C sinken. Amurtiger sind die größte Unterart des Tigers. Je weiter südlich man geht (je tropischer und wärmer es also wird), umso kleiner werden die Tiger. In seinem südlichsten Verbreitungsgebiet, auf Sumatra, sind die Tiger am kleinsten (wobei anzumerken ist, dass hierbei durchaus noch ein weiteres Phänomen eine Rolle spielt, die so genannte Inselverzwergung).
Die Allensche Regel (kleine Eselsbrücke: Allensche Regel wie Anhängsel) postuliert ebenfalls, dass über eine große Körperoberfläche Wärme effizienter abgegeben werden kann und eine Reduzierung der Körperoberfläche die Wärmeverluste minimiert. Im Unterschied zur Bergmannschen Regel betrachtet man hierbei aber die Körperanhänge, die zu einer Vergrößerung oder Verkleinerung der Körperoberfläche führen. Damit sind zum Beispiel die Extremitäten gemeint (kurz oder lang) oder die Ohren.
Beispiel: Fennek (Vulpes zerda) und Eisfuchs (Vulpes lagopus) gehören beide zur Gattung der Füchse. Der Fennek, auch Wüstenfuchs genannt, besitzt unter allen Hundeartigen in Relation zu seiner Körpergröße (er ist gleichzeitig der kleinste Vertreter der Füchse, siehe dazu Bergmannsche Regel) die größten Ohren, über die er schnell viel überschüssige Körperwärme los werden kann. Auch ist er von der körperstatur her sehr schlank und recht hochbeinig. Der Eisfuchs, auch Polarfuchs genannt, besitzt dagegen kleine Ohren, die aus seinem Fell nur ganz wenig herausragen, ist kurzbeinig und deutlich kompakter gebaut, um möglichst wenig Oberfläche zur Wärmeabgabe zu bieten.
Wichtig ist, dass Tiere noch weitere Anpassungen an die klimatischen Bedingungen entwickelt haben, etwa eine isolierende Schicht in Form eines dichten Pelzes, durch eine dicke Fettschicht, durch einen Blutkreislauf, der wie ein Wärmetauscher funktioniert, durch Verhaltensanpassungen (in heißen Klimazonen beispielsweise das Aufsuchen schattiger Plätze während der größten Hitze am Mittag) und vieles mehr.
Das widerspricht sich überhaupt nicht, im Gegenteil. Es geht hier allein um die Anpassung an den Verlust von Wärmeenergie. Dabei gilt: Je kleiner die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen, umso mehr Wärme kann erhalten werden.
Bei einem größerem Körper ist die Oberfläche immer im Verhältnis kleiner als das Volumen des Körpers, weil das Volumen immer kubisch (um den Exponenten 3) wächst, die Oberfläche sich dabei aber nur quadratich (um den Exponenten 2) vergrößert. Das kannst du ganz einfach mathematisch überprüfen: Ein Würfel mit der Kantenlänge von 2cm hat eine Oberfläche von 6*2*2=24cm² und ein Volumen von 2*2*2=8cm³. Setzt man die Oberfläche zum Volumen ins Verhältnis, so ergibt sich ein Wert von 24:8, also gekürzt von 3:1. Vergrößerst du die Kantenlänge des Würfels jetzt um einen Zentimeter, so hat er nun die Oberfläche von 6*3*3=54cm² und das Volumen von 3x3x3=27cm³. Und setzt du nun wieder Oberfläche zum Volumen ins Verhältnis, bekommst du einen Wert von nur noch 2:1 - also ist die Oberfläche des größeren Würfels im Verhältnis um ein volles Drittel kleiner als die des kleineren Würfels!
Deshalb ist es für gleichwarme Tiere von Vorteil, in einer kühleren Gegend eine größere Körperform zu entwickeln. Größere Individuen haben eine geringere Hautoberfläche und verlieren weniger Energie als ihre kleineren Artgenossen an die Außenumgebung, weshalb sie ihre Gene häufiger an die nächste Generation weitergeben können - und dadurch wird die gesamte Population dieser Art in der kühleren Region immer größer. (Bergmannsche Regel)
Aus genau dem selben Grund sind die Körperanhängsel bei gleichwarmen Tieren in kühleren Gegenden entsprechend kleiner - eben wieder darum, um Oberfläche zu sparen. Große Extremitäten bedeuten wieder eine größere Gesamtoberfläche, weshalb sie sich evolutionsbedingt in kühleren Gegenden bei verwandten Tieren verkleinern. (Allensche Regel)
Ein gutes Beispiel, um sowohl die Bergmannsche als auch die Allensche Regel zu verdeutlichen, sind wohl die Elefanten aus den Savannen Afrikas und ihre Verwandten, die ausgestorbenen Mammuts aus den Eiszeitsteppen Eurasiens. Mammuts wurden evolutionsbedingt bis zu einem Drittel größer als heutige afrikanische Elefanten, hatten im Vergleich zu diesen jedoch winzig kleine Ohren. Während die Elefanten ihre großen Ohren brauchen, um in der Tropenhitze Wärme abzugeben, wäre das für die Mammuts in den harten Wintern fatal gewesen, weshalb sich ihre Extremitäten deutlich verkleinert haben.
Große Körperanhänge haben meist eine große Oberfläche, über die sie Wärme verlieren können- wie Ohren. Sie sind groß in Fläche, nicht in Volumen.