Wer ist eigentlich der mitfahrende/nachkommende Notarzt?
Hallo,
ich gehe mal davon aus, dass die Besatzung eines RTWs aus angestellten Sanitätern besteht, die ihre jeweilige Schicht ableisten. Also keine Schwestern oder Pfleger die eine Schicht im z. B. KH auf dem RTW ableisten. Oder Ehrenamtliche - wobei ich dieser Gruppe weder Qualifikation noch sonst etwas absprechen will. Mir geht es hier eher um die Zugehörigkeit.
Falls meine Annahme falsch ist, bitte korrigiert sie.
Doch wie sieht es bei dem Notarzt aus? Wer ist das?
ist er/sie ein Arzt aus dem KH, aus einer Praxis? Oder gar - was ich mir allerdings nicht vorstellen kann - ein Notfallarzt der in der Schicht sowohl für KH als auch RTW abrufbereit ist? Und welche Fachrichtung hat er/sie, sind diese eingegrenzt? Kann jeder als Notarzt mitfahren, der die nötigen Quali und Gesundheit hat?
Gerne könnt ihr noch weiteres ausführen. Ich bin interessiert, da man sie (und hier beziehe ich die Sanitäter mit ein) immer als selbstverständlich hinnimmt, doch nie nachdenkt.
Danke.
3 Antworten
Die Besatzung der einzelnen Rettungsfahrzeuge, ist in Deutschland abschließend durch die Rettungsdienstgesetze (RDG) der Bundesländer gesetzlich geregelt. Die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes, erstrecken sich im Wesentlichen auf die Ausbildung des Rettungsfachpersonals sowie auch auf Regelungen zu bundesweit gültigen, medizinischen Kompetenzen, da Artikel 73 Absatz 19 Grundgesetz (GG) dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die Zulassung zu ärztlichen und zu anderen Heilberufen zuteilt. Ein Rettungswagen (RTW), muss in allen Bundesländern mit einem Notfallsanitäter als medizinisch verantwortlichem Transportführer und mindestens mit einem Rettungssanitäter als zweiter Person (Assistenzperson) und zugleich Fahrer besetzt sein. Rettungssanitäter, kann man theoretisch auch noch als Ehrenamt ausüben, es gelten dann aber diegleichen Fortbildungspflichten wie für hauptberuflich tätiges Personal auch, d.h. mindestens 30 Stunden an Pflichtfortbildungen im Jahr. Manche Bundesländer, lassen Ehrenamtliche zudem nur dann zu, wenn deren Einsatz dort regelmäßig erfolgt, um immer ein gewisses Maß an Routine zu gewährleisten. Was allerdings "regelmäßig" ist, ist nicht näher definiert und Auslegungssache. Klar ist, nicht nur in großen Zeitabständen aber ansonsten, kann es mindestens einmal in der Woche aber genauso gut auch mindestens einmal im Monat ehrenamtlichen Einsatz bedeuten. Notfallsanitäter, ist eine umfangreiche, dreijährige Berufsausbildung und wird dementsprechend für eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht der Fall sein.
Der Notarzt, muss ein approbierter Arzt mit ärztlicher Zusatzbezeichnung Notfallmedizin oder einer nach dem jeweiligen Landesrecht hiermit vergleichbaren, ärztlichen Zusatzbezeichnung sein. Eine Bindung an bestimmte medizinische Fachrichtungen, gibt es nicht und es ist auch keine rechtliche Voraussetzung dafür, dass der Arzt überhaupt über eine abgeschlossene Facharztausbildung verfügt. Die ärztliche Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, ist wie der Name schon sagt eine ärztliche Zusatzbezeichnung, keine Facharztausbildung. Die anschließenden Regelungen über die Zusatzbezeichnung, obliegen wiederum den jeweils dafür zuständigen Landesärztekammern (LÄK). Gemäß der "Muster- Weiterbildungsordnung für Notärzte" der Bundesärztekammer (BÄK) allerdings, umfasst diese Zusatzbezeichnung eine mindestens zweijährige ärztliche Tätigkeit in einem Krankenhaus (allermeist automatisch im Rahmen einer Facharztausbildung), davon mindestens sechs Monate in der Anästhesie oder der Notaufnahme, einen 80 Stunden Lehrgang in allgemeiner und in spezieller Notfallversorgung (sogenannter "Notarztkurs") sowie mindestens 50 Notarzteinsätze unter der fachlichen Aufsicht und Anleitung eines verantwortlichen Notarztes. Meist, arbeiten die Notärzte tatsächlich regulär als Ärzte im Krankenhaus und machen zusätzlich ein paar Notarztdienste im Monat. Insbesondere in den eher ländlichen gelegenen Regionen, kann es aber auch ein Arzt aus einer niedergelassenen Arztpraxis sein.
Mfg
Anästhesisten sind nicht nur für Narkosen zuständig!
Anästhesisten haben auf Grund Ihrer Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesiologie die entsprechenden und hohen Fachkenntnisse in der Notfallmedizin. Auf Grund dessen ist ein Notarzt mit der Fachrichtung Anästhesiologie für die Versorgung lebensbedrohlicher Notfälle besonders qualifiziert, z.b. bei einem Laryngospasmus, Polytrauma, Herzkreislaufstillstand, Anaphylaxie etc.
Vielen Dank für deine Erläuterung und Richtigstellung.
Im Endeffekt ist es so, wie bereits auch mein Vorredner es geschrieben hat. Anästhesisten, machen nicht nur ausschließlich Narkosen sondern es gehört zu deren Kernaufgaben- und Kernkompetenzen, die lebenswichtigen Körperfunktionen zu überwachen und bei Notfällen wiederherzustellen und anschließend aufrechtzuerhalten. Anästhesisten, haben die Beste Qualifikation dafür, unter anderem die Atemwege zu sichern und eine Beatmung durchzuführen und auch den Kreislauf zu stabilisieren. Dementsprechend, ist ihre Qualifikation auch für den Dienst als Notarzt sehr gut geeignet. Auch das nichtärztliche Rettungsfachpersonal, muss einen Teil von seiner Ausbildung in der Anästhesie verbringen, eben genau aus diesem Grund. Dieses medizinische Fachgebiet, bietet nuneinmal die idealen Umstände, um bestimmte medizinische Maßnahmen zu erlernen und zu vertiefen. Mfg
Hallo, danke.
Ich las den Artikel, den Rapunzel für Miju beifügte. Peinlich, ich sah den Anästhesisten eben - dank TV-Bildung - immer nur am Kopfende sitzen. Und war daher etwas erstaunt über die Aussage. Das aber so viel mehr an dieser Ausbildung/Berufspraxis hängt - beeindruckend und nun auch verständlich, warum sie so prädestiniert sind.
Ja, das stimmt. Es ist viel, viel mehr. Auch in Sachen Schmerztherapie, haben sie die Beste ärztliche Kompetenz, da logischerweise innerklinisch nichts mehr Schmerzen verursacht als eine Operation es tut und ihre Aufgabe ist es, diese Schmerzen währenddessen auszuschalten. Da hierfür ausschließlich potente Betäubungsmittel zum Einsatz kommen, haben sie auch die meiste Erfahrung im Umgang mit diesen Mitteln. Wie in meiner Antwort erwähnt, stammen die Notärzte aber aus ganz verschiedenen medizinischen Fachrichtungen. Da gibt es keine Einschränkungen. Jeder approbierte Arzt, kann über den Erwerb der Zusatzbezeichnung sich dazu qualifizieren. Sie sind aber ohnehin nicht bei jedem Einsatz dabei sondern nur dann, wenn ärztliche Hilfe benötigt wird. Statistisch betrachtet, finden 80% aller Einsätze gänzlich ohne Beteiligung eines Notarztes statt. Mfg
Danke. Ich glaube bei uns fahren nur in besonderen Fällen die Ärzte direkt mit dem RTW mit, oder? Bei unserem Ruf, kamen die Sanitäter und "bestellten" den Arzt nach. Er kam dann mit noch einem Mann und übernahm.
Eigentlich schon seit Jahrzehnten mittlerweile überhaupt gar nicht mehr. Das ein Arzt direkt auf dem Rettungswagen, dann würde er übrigens Notarztwagen heißen, mitfährt, wird als "Kompaktsystem" bezeichnet. Das gibt es in Deutschland und auch in den anderen europäischen Ländern so nicht mehr. Gängig, ist das sogenannte "Rendevous- System", bei welchem der Rettungswagen, besetzt mit für die Notfallrettung qualifizierten, nichtärztlichen Rettungsfachpersonal das primäre Notfallrettungsmittel darstellt und ein Notarzt bei entsprechendem Bedarf abgetrennt zumeist mit einem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF), manchmal allerdings auch mit dem Rettungshubschrauber (RTH), hinzukommt. Das bringt Flexibilität. Mfg
Hallo,
mein Sohn studiert Medizin und hat schon (als Helfer und begleitend) im Rettungsdienst gearbeitet. Also, Notärzte sind in der Regel Klinikärzte, die zwischendurch auch solche Schichten machen bzw. losfahren, wenn sie gebraucht werden.
Auch niedergelassene Ärzte können aber Notarzt-Dienste übernehmen, sofern sie dafür ausgebildet sind. Denn nicht jeder Arzt kann das.
In der Regel sind Notärzte (erstaunlicherweise) Anästhesisten oder Orthopäden mit Zusatzausbildung in Notfallmedizin.
LG
Das ist nicht erstaunlich!
Anästhesisten sind nicht nur für Narkosen zuständig. Auf Grund der Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesiologie verfügen Anästhesisten über eine hohe Fachkompetenz in der Notfallmedizin, d.h. ein Notarzt mit der Fachrichtung Anästhesiologie ist für die Versorgung von lebensbedrohlichen Notfällen besonders qualifiziert, z b. bei einem Herzkreislaufstillstand, Polytrauma, Laryngospasmus, Anaphylaxie etc.
Siehe bitte hier > WB zum FA für Anästhesiologie > Notfallmanagement und Rettungswesen:
"Facharzt-Weiterbildung Anästhesiologie | ÄRZTESTELLEN" https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/facharzt-weiterbildung-anaesthesiologie
Danke für den Artikel: auch wenn er nicht für mich gedacht war ;-)
Ich erkenne, dass ich sie unterschätzt habe - naja, TV-Bildung, was erwartet man da?
Hut ab vor den Menschen, die das leisten und sich zutrauen.
Ein Notarzt ist ein Arzt, der über ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin verfügt > Vorklinik, klinische Semester und das PJ, sowie die ärztliche Approbation.
Ein Notarzt hat eine Zusatzweiterbildung in Notfallmedizin > Tätigkeit in einer NA, ITS, Anästhesiologie.
Wow, was für ein zeitl. Aufwand und Ausbildung! Vielen Dank für diese mehr als ausführliche Antwort!
Noch eine Frage: Warum Anästhesie? Notaufnahme verstehe ich. Doch Anästhesie: dass sind doch die Ärzte, die die Narkose verantworten. Welchen Hintergrund hat diese "Auswahl"?