Wenn baschar al assad so böse ist, wieso marschiert man dann nicht einfach in Syrien ein?

15 Antworten

Hallo xxXWernerXxx!

Es ist nicht die Bosheit, die den Syrien-Krieg verursacht hat. Leider ist unsere Welt etwas komplizierter, so dass die Kategorien Gut und Böse nicht wirklich weiterhelfen.

Seit langem war Syrien für nahöstliche Verhältnisse ein ziemlich stabiler Staat. Es hatte sich eng mit der Sowjetunion verbündet, was es für die westlichen Interventionen tabu machte. Dazu ist es ein sehr fruchtbares Land. Sicher die Herrschaft der Assads war nicht besonders demokratisch, aber das hat weder Deutschland noch die USA bislang davon abgehalten, mit einem solchen Staat zu paktieren.

Nun kommen aber die Folgen der Klimaerwärmung: Von 2001 bis 2006 gab es sechs Jahre in Folge schlimme Dürren in Syrien, so dass sehr viele Bauern ihre Existenz verloren und das Land verwüstete. 1,5 Millionen Menschen sind nach und nach in die Städte übersiedelt, um sich einen neuen Lebensunterhalt zu suchen.

Dann sind nach dem Anschlag vom 11. September die USA auf die Idee gekommen, verschiedene Länder zu "Schurkenstaaten" zu erklären. Zu diesen gehörte auch der Irak. Der ehemalige Verbündete Saddam Hussein wurde ganz schnell zum Bösen erklärt, der schlimme Massenvernichtungswaffen habe, die er verheimliche. Man marschierte also einfach ein und machte Saddam Hussein kaputt.

Leider war danach aber gar nichts gut.

1,5 Millionen Flüchtlinge fanden sich in Syrien ein. Mit den Landflüchigen zusammen waren also plötzlich 3 Millionen Menschen mit Nahrung, Wohnraum, Schulen, Arbeit zu versorgen. Ein sehr reiches Land ist Syrien nicht. Die Situation hat die Regierung schlicht überfordert. Die Sowjetunion war bereits 1989 zusammengebrochen und Russland nicht in der Lage zu entsprechenden Hilfen. Der Westen fasste ein Land wie Syrien nicht mit der Beißzange an, da war auch keine Hilfe zu erwarten. So wurstelte man sich mehr schlecht als recht durch.

Dies führte dann zu großen Protestaktionen, die sich zunächst gegen die schlechte Versorgung richteten. Als das Regime dies nicht zuließ, wurden die Proteste militanter, das Regime schlug brutal zurück. So entwickelte sich zunächst ein Bürgerkrieg.

Und sobald ein Land nicht mehr ganz stabil ist, melden sich die Interessen der Großfinanz, der Waffenindustrie usw. Alle wittern Geschäfte. Und plötzlich geht es nicht mehr darum, für ein Versorgungsproblem und für den Umgang eines undemokratischen Regimes damit eine Lösung zu finden, sondern es finden sich "Schutzmächte" ein, die ganz eigene Interessen in diesen Konflikt eintragen.

Während die USA die Aufständischen-Armee mit Waffen ausrüstet, verkauft Deutschland immer mehr Waffen an Saudi-Arabien - einen Unterstützer des Assad-Regimes. Gleichzeitig unterstützt der Nato-Partner Türkei den IS, weil dieser gegen die Kurden kämpft. Schließlich schaltet Russland sich auch noch ein - Assad ist ja schließlich eigentlich sein Verbündeter! - mit Bomben.

Natürlich könnten die USA und Deutschland da jetzt auch noch einmarschieren. Aber was sollte dabei rauskommen? Die Geschäfte werden doch auch so gemacht. Der Schlamassel ist ohnehin schon perfekt! Und die USA und Deutschland sind an dem Konflikt schon längst ausreichend beteiligt. Bei einer Beteiligung eigener Truppen müsste man sich ja die Frage stellen: Wie kommt man da wieder raus?

An einer Lösung für Syrien ist niemand interessiert - entgegen vieler schöner Politiker-Worte!

Gruß Friedemann

Iran und Russland sind enge Verbündete des Irans, ein simpler Einmarsch wäre grundsätzlich dumm und könnte die Situation komplett eskalieren.

In Syrien sind momentan dutzende verschiedene Gruppierungen am Kämpfen, darunter der IS, die freie syrische Armee, die Al-Nusra Front und die Perschmerga. Es wäre kaum möglich in dem momentanen Chaos einen strukturierten, sinnvollen und vor allem erfolgreichen Einmarsch zu planen. Die Lage ist zu unübersichtlich und würde alles nur noch schlimmer machen.

Zu guter letzt: Das ganze Szenario um das Einmarschieren in andere Länder ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA ein eher "kritisches" Bild. Sowas kommt nicht gut an bei der Bevölkerung und deswegen lässt man es lieber gleich bleiben, denn erfolgreicher als z.B. im Irak oder Afghanistan, wo ähnliche Vorstöße katastrophal endeten, wird es wohl kaum werden.

Außerdem wäre der Einmarsch in einen fremden Staat eine Völkerrechtsverletzung - man müsste sich erst einmal um komplizierte juristische Klauseln herumwinden.

Hallo,

würde man einmarschieren würde man sich ganz offiziell an einem Angriffskrieg beteiligen.

Außerdem würde das eine militärische Auseinandersetzung mit Russland bedeuten.

Und man kann nicht wissen, ob die Terroristen, die man hochgerüstet hat, sich nicht gegen einen wenden, wovon man ausgehen kann.

Ein weiterer Grund soll sein, aber das kann ich nicht beurteilen, dass man schlechte Chancen auf einen Sieg hat, weil westliche Soldaten sich auf Häuserkämpfe einlassen müssten, wo die im Vorteil sind, die sich dort auskennen.

Man muss beachten, dass es nicht einfach ein Einmarsch werden würde und schon hätte man Assad beseitigt. Man müsste erstmal an der syrischen Armee, der Hizbollah, der NDF und und und vorbei. Und garantiert würde man der Al Nusra auch noch über den Weg laufen.

Und zuletzt: wäre Assad weg, ginge die Katastrophe in die nächste Phase.

Da gibt es mehrere Probleme.

Das erste Problem ist eine Frage der staatlichen Souveränität und des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Assad ist immer noch gewählter Präsident Syriens und hat die Mehrheit der Syrer hinter sich. Weniger, weil die ihn so toll finden, sondern eher deshalb, weil die Alternativen, nämlich die sogenannten Rebellen, im Vergleich zu Assad eine islamistische Katastrophe für das Land und die Menschen bedeuten würden.

Die zweite Frage ist, wer festlegt, welche Führung in Syrien erlaubt ist und welche nicht? Sollten das nicht die Syrer und nur die Syrer tun? Wer gibt dem Westen das Recht, Assad absetzen zu wollen? Hier liegt doch eindeutig eine Selbstermächtigung des Westens vor, die von politischen Interessen motiviert ist und propagandistisch begründet wird.

Die dritte Frage ist eine Frage des Völkerrechts, das Angriffskriege verbietet. Nun hat sich der Westen, vor allem die USA, in den letzten Jahren nicht weiter darum geschert, doch wäre ein Einmarsch in Syrien trotzdem ein Angriffskrieg, den das Völkerrecht als Verbrechen geächtet hat.

Unter diesem Aspekt sind die in Syrien operierenden ausländischen Truppen und Verbände unter Bruch des Völkerrechts dort aktiv. Die einzigen ausländischen Mächte, die dort völkerrechtlich legitimiert sind, sind die russischen und iranischen Einheiten, die auf Bitten der rechtmäßigen syrischen Regierung dort sind.

Das nächste "Problem" ist die Tatsache, dass Russland sich entschlossen hat, nicht mehr untätig zuzuschauen, wie der "Westen" durch Destabilisierung ganzer Regionen und offenem und verdecktem militärischen Eingreifen die Welt und in diesem Fall den Nahen Osten nach seinen Interessen umzugestalten. Dieses vom "Westen" sich wie selbstverständlich angemaßte Recht, reklamieren die Russen nun auch für sich, wenn auch die Russen sich momentan darauf beschränken, dem "Westen" bei einigen seiner Umgestaltungsprojekten einen Strich durch die Rechnung zu machen. Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall.

Eine offene Intervention des Westens in Syrien würde die Gefahr eines militärischen Konflikts mit Russland in sich tragen. Dieses Risiko will man bis jetzt noch nicht wegen Syrien eingehen.

Würdest du dich etwa freiwillig melden?

Das gäbe ein ähnliches Desaster wie im Irak! Der Einmarsch in Syrien, wäre genau wie im Irak kein unlösbares Problem! Danach stellt sich aber die Frage, ob man gleich wieder abrücken will - damit hätte man aber nicht viel verändert. Im anderen Fall dürfte man sich mit asymmetrischem Krieg befassen und der ist regelmäßig sehr verlustreich.

Außerdem, Assad - okay, er ist ein Diktator, aber das sind viele unserer Handelspartner auch, kann ihn also nicht wirklich belasten. Das, was ihm aber vorgeworfen wird (Giftgas, etc) ist bisher nicht bewiesen - US-Beweise sind nun wirklich nichts wert.

Also, warum sollten wir Assad denn plattmachen?