Waschzwang - dennoch berechtigter Ekel und wie dann damit umgehen?
Ich habe eine stark ausgeprägte Zwangsstörung und Therapieversuche sind bisweilen ohne Erfolg geblieben. Dass ich was ändern muss, ist mir bewusst. Dennoch gibt es ein paar Dinge, bei denen ich einen Ekel berechtigt fühle und mich gleichzeitig überfordert, da ich überhaupt nicht damit umzugehen weiß. Deshalb würde ich euch gern einmal nach eurer Meinung fragen und wie ihr das handhabt bzw. handhaben würdet.
Zum Einen ist es so, dass ich mich viel wasche, um mich selbst angenehm und rein zu fühlen. Zum Anderen habe ich Angst, dass ich mir durch das Berühren von nicht offensichtlich dreckigen, aber eben dennoch verunreinigten Stellen unangenehme Gerüche zuziehe. Dadurch bin ich zwangsläufig gewillt, meine Klamotten (auch Winterjacken etc.) am liebsten sofort nach jedem Tragen zu waschen, auch wenn ich sie nur für außer Haus anhabe. Ich weiß einfach nicht, wie andere das hinbekommen. Wenn ich zur Schule fahre, muss ich hin und zurück zweimal umsteigen, also sitze ich auf mindestens vier öffentlichen Sitzplätzen, die zwangsläufig auch von den letzten Assis belegt werden oder wo kleine Kinder ihre Schühchen drüberreiben etc. Das Ganze ist an für sich für mich nicht schlimm, da ich mir zuhause eh alles vom Leib reiße und duschen gehe. Aber ich habe bspw. Angst, dass ich morgens anhand dieses Beispiels meine Jacke dreckig mache und dann abends verdreckt auf eine Party gehe und mir erst zu spät auffällt, dass ich stinke oder so oder generell Dreck mit mir schleppe. Man sieht ja nicht direkt alles und kann ja nicht nach jedem Tragen alles abriechen. Ich wüsste gern, wie andere das machen, denn man kann ja nicht jeden Tag seine Jacke waschen. Ja, ich habe bereits zwei Jacken für verschiedene Anlässe, aber auch die für saubere kann ich schlecht immer nur an Orten tragen, die meinen Sauberkeitsansprüchen genügen.
Die zweite Sache ist, dass mein Großvater geistig sehr abgebaut hat und ständig beim Essen alles in hohem Bogen ausspuckt. Er sabbert und nießt alles voll, meist ohne sich dann die Hände zu waschen (er hat eine etwas grobere Attittüde). Von meiner Oma erfahre ich mittlerweile sogar Horrorgeschichten wie dass er wirklich riesige dicke Speichelfäden in Teppichböden usw. verliert oder sie zwar mit den Händen auffängt, diese aber dann nicht wäscht usw. (er ist teilweise auch sowas wie dement, also er kann da nichts für, dennoch für mich sehr furchtbar). Und meine Oma kann ja nicht immer alles kontrollieren und hinterherputzen, deshalb sehe ich das Haus der beiden als Müllhalde an, obwohl ich sie als Menschen sehr lieb habe. Dummerweise wohnen sie direkt nebenan. Meine Mutter ist selbst zwangserkrankt und versucht alles im Griff zu behalten, aber mein Vater geht bspw. drüben ein und aus, um dies und jenes zu tun. Und er hat eben nicht dieselbe "Sensibilität" wie meine Mutter und ich und ich habe Angst, dass er uns den Dreck in unser Haus holt.
Das Ganze macht mich echt fertig. Wüsste gern, wie ihr damit umgehen würdet.
3 Antworten
ich habe den Text jetzt komplett gelesen
deine Angst die du hast dass du dich bzw. deine Kleidung an öffentlichen Orten beschmutzt und es nicht merktst sehe ich so nicht. Ich war früher oft überall unterwegs (Bus, Straßenbahn etc.) aber es ist so gut wie nie zu einem darartigen Falll gekommen dass ich anschließen auf einer Party oder zu Hause war und plötzlich gemerkt habe dass mein ganzer Jeanshintern oder die Jacke dreckig war. Da ist eine Vorstellung größer als es in der Realität wirklich ist.
Das mit deinem Opa kann ich absolut nachempfinden. Mein Opa wurde von meinen Eltern die letzten 10 Jahre seines Leben gepflegt, (nachdem er zwei Schlaganfälle hatte). Viel war nicht mehr mit ihm los, natürlich hat er einiges schon noch mitbekommen aber naja. Jedenfalls war es beim Essen auch so dass wenn er gehustet hat oder genießt da wenig Rücksicht genommen hat ob da Essen (von anderen auch) vor ihm stand oder nicht. Ich habe meinen Eltern dann irgendwann gesagt dass sie das Essen bitteschön abdecken sollen. Sowieso habe ich in der Zeit wo anders gelebt und kam da nur zu Besuch.
Keine Ahnung was ich dir da raten soll? Ausziehen? Die Sache mit deinen Eltern besprechen vielleicht? Das Wort Hygiene mal ins Gespräch mit einwerfen.
Ich hab deinen Text jetzt nicht komplett durchgelesen aber genug um dir zu sagen:
Ekel vor Oberflächen auf öffentliche besuchten Orten ist ganz normal, daran finde ich nichts schlimmes, kann ich gut nachvollziehen. Dort einfach nichts groß anfassen dann musst du dich auch nicht so viel waschen.
Darüber hinaus, was ich denke was dir insgesamt helfen würde ist wenn du mal ein bisschen mehr Zeit in der Natur verbringen würdest. Dort auch mal ein bisschen Erde und so anfassen. Dort gibt es natürlich auch ,,Schmutz" aber dieser ist wesentlich angenehmer als der Schmutz in der Stadt. Das würde bewirken dass sich dein Verhältnis zu Hygiene wieder normalisiert.
Mach dir klar, dass der Dreck nur ein Symbol für alles ist, was dir Angst macht.
Der Gedanke, du könntest stinken, steht für deine Angst vor Ablehnung oder dem nicht-Akzeptiert-werden.
Sauberkeit ist Kontrolle, Dreck Kontrollverlust. Du hast Angst vor allem, was dich unvorbereitet erwischen könnte.
Deine Waschrituale sind keine "Macken", sondern Schutzvorkehrungen gegen eine Welt, die du als feindlich empfindest. Deswegen kannst bzw. willst du sie auch nicht aufgeben. Der Zwang ist längst zum Lebensinhalt geworden, und du wirst ihn nicht "einfach so" wieder los.
Was du tun solltest? Verstehe, was in dir vorgeht. Finde die Ursachen hinter den "Symptomen" und arbeite daran. Hol dir Hilfe, stell dich deinen Problemen und kämpfe um deine Freiheit.
Denn so, wie du jetzt lebst, wirst du immer gefangen sein.
Mögliche Ansatzpunkte:
- Recherche über das Krankheitsbild
- Selbsthilfegruppen/ -foren
- Gespräche mit Freunden, Familie, Beratungsstellen, Ärzten usw.
- ambulante und stationäre Therapien
Alles Gute und viel Erfolg!
Es geht in der Frage aber nicht um normale Hygiene sondern darum, dass sich der FS nach einer ganz alltäglichen Busfahrt die Kleider vom Leib reißen muss, weil er Angst vor unsichtbarem Schmutz hat...
Sauberkeit heißt aber auch Hygiene.
Denn ja, draußen in der Stadt gibt es genügend Assis/Alkis denen das mehr oder weniger sch... egal ist.