Was sagt meine Haplogruppe aus?

MCoekostrom2  30.06.2022, 16:02

Was ist eine Haplogruppe?

yakub3717 
Fragesteller
 30.06.2022, 16:04

Weiß ich selber auch nicht wirklich haha

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Weißt du überhaupt, was eine Haplogruppe ist? Das solltest du nämlich wissen, um überhaupt eine Interpretation vornehmen zu können.

Wie dir vielleicht bekannt ist, sind menschliche Zellen diploid, d. h. jedes Gen auf jedem Chromosom ist doppelt vorhanden, wobei du je ein Allel, das sind die verschiedenen Ausprägungsformen, die ein Gen haben kann, von deinem Vater und eines von deiner Mutter erbst. Die Allelkombination eines Individuums nennt man Genotyp. Die Allele, die du von deinen Eltern erbst, müssen jedoch nicht gleich sein. Wenn du zwei unterschiedliche Merkmale geerbt hast, nennt man das Heterozygotie. Du kannst z. B. von deinem Vater ein Allel für braune Augen geerbt haben, während du von deiner Mutter ein Allel für blaue Augen bekommen hast. Die Heterozygitie macht die Analyse von diploiden Loci (ein Locus ist ein "Ort" auf der DNA, z. B. ein Gen oder ein Mikrosatellit) kompliziert. Einfacher geht die Analyse mit Haplotypen.

Ein Haplotyp ist ein "haploider Genotyp". Der Haplotyp umfasst also entweder nur die mütterlicherseits (maternal) oder die väterlicherseits (paternal) geerbten Allele. Wenn du die Genotypen der Eltern nicht kennst, ist es aber schwierig zu sagen, welches Chromosom eines jeden homologen Chromosomenpaares nun das paternal und welches das maternal vererbte Chromosom ist.

Der Zellkern ist aber nicht das einzige Zellorganell, das DNA enthält. DNA befindet sich auch in den "Zellkraftwerken", den Mitochondrien. Die mitochondriale DNA (mtDNA) weist einige Besonderheiten auf. Sie ist haploid (Loci auf der mtDNA können also nicht heterozygot sein) und wird (fast) ausschließlich maternal vererbt, also nur über die Mutter weitergegeben. Das macht die Analyse mitochondrialer Haplotypen sehr viel einfacher. Ein weiterer Vorteil ist, dass mtDNA eine höhere Mutationsrate hat als Kern-Gene, im Mittel ist sie etwa zehn Mal höher. Sie ist deshalb gut geeignet, auch Zeiträume, die erst kurze Zeit zurückliegen, gut aufzulösen. Wenn z. B. ein Kern-Gen im Mittel alle 10 000 Jahre mutiert, haben sich im gleichen Zeitraum in der bereits zehn Mutationen angehäuft. Der Nachteil ist allerdings, dass wir mit der mtDNA eben auch nur den maternalen Ausbreitungsweg vor uns haben.

Verschiedene Haplotypen entstehen durch spontane und zufällige Mutation. Wenn die mtDNA eines Haplotypen mutiert, entsteht daraus ein neuer Haplotyp. Ähnliche, d. h. miteinander verwandte Haplotypen fassen wir als Haplogruppen zusammen. Dieses Spiel können wir auch rückwärts spielen, d. h. alle heutigen mitochondrialen Haplotypen müssen letztendlich von einem gemeinsamen Haplotyp abstammen, aus dem sie durch schrittweise Mutation hervorgegangen sind. Die Frau mit diesem Haplotyp, von dem alle heute bekannten mitochondrialen Haplotypen abstammen, wird auch mitochondriale Eva genannt. Die mitochondriale Eva war aber weder die erste Frau, noch war sie die einzige Frau ihrer Zeit. Es gab vor und neben ihr viele Frauen, nur haben deren Haplotypen bis heute keine "Nachkommen" hinterlassen, sie sind gewissermaßen ausgestorben. Dieses Bild verdeutlicht das:

Bild zum Beitrag

(Quelle: C. Rottensteiner, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Gelebt hat die mitochondriale Eva wahrscheinlich vor etwa 99 000 bis 148 000 Jahren in Afrika, also zu einem Zeitpunkt, als die Auswanderung des Menschen aus Afrika noch nicht begonnen hatte.

In Europa sind vorwiegend sieben verschiedene Haplogruppen vertreten, die auf sieben Frauen zurückgehen, die der Genetiker Bryan Sykes "Die Sieben Töchter Evas" genannt hat (er hat auch ein gleichnamiges, populärwissenschaftliches Buch darüber geschrieben).

Deine Haplogruppe ist die Haplogruppe H. Diese ist in Europa die häufigste mitochondriale Haplogruppe. Etwa 45 % der Europäer haben sie. Ihr Ursprung liegt vermutlich in Mittelasien vor etwa 25 000 bis 30 000 Jahren.

Analog zur mitochondrialen DNA ist für die Rekonstruktion der paternalen Ausbreitungswege das Y-Chromosom geeignet. Es wird ausschließlich paternal vererbt (nur Söhne erben es vom Vater) und jeder Mann hat nur ein Y-Chromosom, es liegt also haploid vor. Auch die y-chromosomalen Haplogruppen haben einen gemeinsamen Ursprung, der als Adam des Y-Chromosoms bezeichnet wird. Für Adam gilt dasselbe wie für Eva: er war weder der erste Mann überhaupt, noch der einzige Mann seiner Zeit. Er ist lediglich der letzte unmittelbare Vorfahre, von dem sich alle heutigen y-chromosomalen Haplotypen ableiten lassen. Adam und Eva haben nicht einmal zur gleichen Zeit gelebt. Der Adam des Y-Chromosoms hat wahrscheinlich vor 120 000 bis 156 000 Jahren ebenfalls in Afrika gelebt.

Die Haplogruppe R1b ist die häufigste y-chromosomale Haplogruppe in Westeuropa. Sie ist vergleichsweise jung, rund 18 500 Jahre, und möglicherweise in Osteuropa, Westasien oder Sibirien entstanden. In Europa ist sie etwa seit 3000 v. Chr nachweisbar mit der Ausbreitung der Glockenbecherkultur.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
 - (Biologie, Wissenschaft, Genetik)
yakub3717 
Fragesteller
 01.07.2022, 15:02

Danke für deinen langen und ausführlichen Text habe jetzt einiges dazu gelernt auf jeden Fall. Ich habe jedoch noch eine Frage, was bringen einem diese Haplogruppen, sprich kann eine Haplogruppe etwas besseres als eine andere oder wäre das irgendwie rassistisch sowas zu sagen? Also in wie fern haben diese Haplogruppen Auswirkungen auf die Menschen und wofür sind sie wichtig. Ist es nicht auch komisch dass ich als Türke solch eine Gruppe habe? Danke.

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Darwinist  01.07.2022, 17:44
@yakub3717

Nö, es gibt keine Haplogruppe, die irgendwie "besser" als eine beliebige andere wäre. Verschiedene Menschenrassen gibt es nicht, auch das zeigt uns die Genetik. 99.9 % deiner DNA sind mit meiner identisch, ebenso mit der DNA eines Inuit, eines Aborigine oder eines südafrikanischen San.

Die Haplogruppen/Haplotypen sind einfach phylogeographisch sehr interessant, weil sie helfen, die Auswanderungswege des Menschen besser zu verstehen und uns somit etwas über unsere Evolutionsgeschichte erzählen. Die größte Vielfalt an mt Haplotypen finden wir z. B. in Afrika, was nicht verwunderlich ist, weil dort unsere Ursprünge liegen. In Australien finden wir sehr alte Haplotypen, weil Australien (über Südostasien und Indonesien) sehr früh besiedelt wurde, in Europa, das mit als letztes besiedelt wurde, finden wir erwartungsgemäß junge Haplotypen usw.

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Haplogruppen kann man sich als grosse Äste des Homo Sapiens Stammbaumes vorstellen. Jede Haplogruppe fasst Menschen zusammen, deren genetisches Profil ähnlich ist und die einen gemeinsamen Vorfahren teilen. 
Diese Haplogruppen-Äste zeigen, wie sich Bevölkerungsgruppen auf der Erde bewegt haben. Haplogruppen definieren also auch ein geographisches Gebiet. Ältere Haplogruppen sind grösser und weiter verbreitet, von Ihnen stammen zahlreiche jüngere Untergruppen ab. 

https://www.igenea.ch/de/haplogruppe

yakub3717 
Fragesteller
 30.06.2022, 17:50

Was kannst du zu meiner Gruppe sagen? Hab H und R1b.

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Google sagt: H ist mittlerer Osten und r1b Südosteuropa, Sibirien und Zentralasien.

yakub3717 
Fragesteller
 30.06.2022, 16:05

Schau mal meine Bilder an, da sieht man das H und r1b zu Westeuropa gehört. Komisch.

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