Was ist Erbsünde?
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Mir gefällt diese Antwort der EKD:
"Kann ein Mensch vor Gott bestehen? Eine Gottheit mit Opfergaben zu besänftigen, ist keine Lösung für die zwischenmenschlichen Probleme, die aus der Sünde resultieren. Nach Gerechtigkeit zu streben und ein gottgefälliges Leben zu führen, wäre demgegenüber eine naheliegende Lösung. Doch auch sie führt in aller Regel zu neuer Sünde, etwa zu Überheblichkeit der vermeintlich Gerechten gegenüber den Sündern. In dieser Überheblichkeit oder Selbstgerechtigkeit liegt neues Unheil begründet. Oder auch im Schönreden vermeintlicher moralischer Erfolge. Oder schließlich im Leugnen struktureller Verstrickungen – etwa in ein ungerechtes Wirtschaftssystem. Wer hart mit sich ins Gericht geht, wird bemerken: Es kommt einem schnell unmöglich vor, aus eigener Kraft mit völlig reinem Gewissen vor Gott zu leben.
Ein nicht ganz gelungener Versuch, diese Verlorenheit des Menschen drastisch zu beschreiben, ist die Lehre von der sogenannten Erbsünde.
Nach der Lehre der Erbsünde vererbt sich die Sünde seit dem Paradiesesfall von Generation zu Generation. Der Kirchenvater Augustin machte dafür die sexuelle Begierde verantwortlich. Dieses Urteil führte zu einer generellen Verurteilung der Sexualität. Augustins einseitige Argumentation ist nach heutigem Verständnis und Wissen weder haltbar noch hilfreich."
Die Erbsündenlehre wurde ursprünglich nicht wegen des Kreuzestodes Jesu, sondern wegen eines noch viel weiter zurückliegenden theologischen Problems erfunden. Deshalb etwas ausführlicher dazu:
Im katholischen Katechismus kommt die Erbsündenlehre nach wie vor als unumstößliches Dogma vor.
Überschrift von Nummer 388ff des Katechismus der katholischen Kirche:
Die Erbsünde - eine wesentliche Glaubenswahrheit
In online-Dokumenten der Vatikanbibliothek kann man auch nachlesen (falls man Latein kann), wie die Erbsündenlehre entstand, z.B. hier:
https://digi.vatlib.it/view/MSS_Barb.lat.705
Der Kirchenlehrer Augustinus fragte sich, wie es denn sein könne, dass Gott Kain und Abel unterschiedlich behandelte, den einen annahm und den anderen verwarf. Zudem ging er davon aus, dass die Prädestinationslehre gilt, dass also das Schicksal des einzelnen Menschen durch Gott schon festgelegt ist, wenn dieser sich noch im Mutterleib befindet. Nach Augustinus wäre es aber ungerecht von Gott, ein ungeborenes Kind zu verurteilen, bevor es überhaupt eine Sünde begehen konnte. Da es aber nicht sein kann, dass Gott ungerecht ist, muss es einen andere Grund dafür geben. Ein Übersetzungsfehler in der griechischen Bibel Augustinus' führte ihn dann auf die Spur: das alles lässt sich nur dadurch erklären, dass jeder Mensch von Geburt an ein Sünder ist und diese Sünde muss er vom ersten Sündenfall durch Adam und Eva geerbt haben. In der lateinischen Übersetzung der Bibel Augustinus' stand bei Römer 5,12: "Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod und ist so auf alle Menschen übergegangen: in ihm haben alle gesündigt..". Dieser eine Mensch (in ihm) konnte laut Augustinus nur Adam gewesen sein. Die korrekte Übersetzung des griechischen Originaltextes hätte aber lauten müssen: "So wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt hinein kam und durch die Sünde der Tod, so gelangte auch zu allen Menschen der Tod, weil alle sündigten." Die korrekte Interpretation müsste also lauten, dass die Sünde nicht durch Vererbung von Adam übertragen wird, sondern die Menschen sündigen selber individuell.
Allerdings beantwortete Augustinus nicht die Frage, warum es den einen trifft (Kain), den anderen aber nicht (Abel). Das schob er dem unergründlichen Willen Gottes zu, dass der schon vor der Geburt mal so oder so entscheidet und seine Gnade daher nicht erworben werden kann, sondern als Geschenk zu betrachten ist.
Diese "Glaubenswahrheit", die letztlich auf einem Übersetzungsfehler beruht, kann die RKK nicht zurücknehmen, weil sie sonst zugeben müsste, dass einer der wichtigsten Kirchenlehrer schwer geirrt hat, was nicht geht, weil das gesamte katholische Glaubensgebäude auf der Unfehlbarkeit der alten Kirchenlehrer beruht.
Daher steht im Katechismus auch ausdrücklich (Nr. 388):
Die Kirche, die den ,,Sinn Christi" [Vgl. 1 Kor 2,16.] hat, ist sich klar bewußt, daß man nicht an der Offenbarung der Erbsünde rühren kann, ohne das Mysterium Christi anzutasten.
Die Kirche hat also selber genau das Problem mit der Erbsündenlehre erkannt und argumentiert daher sinngemäß: "Weil nicht sein kann, was nicht sein darf".
Desweiteren gabs auch immer einen machtpolitisch praktischen Grund, an der Erbsündenlehre festzuhalten. Indem man alle Menschen von vornherein zu Sündern erklärt, die dadurch der ewigen Verdammnis verfallen sind, Erlösung davon aber ausschließlich durch katholische Priester erfolgen kann, macht man die Menschen vom Klerus abhängig.
Dies war auch einer der entscheidenden Gründe für Luthers Aufstand gegen die katholische Kirche. Er meinte, die Erlösung von den Sünden und der Weg zu Gott könne auch ohne Priester erreicht werden. Das war ein klarer Anschlag auf die Macht des Klerus und auf die Bedrohung ihrer Macht reagierte die katholische Kirche reflexartig immer mit Verfolgung und Mord. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, wenngleich auch die Mittel, ihren Machtanspruch und ihre Privilegien zu erhalten, stark eingeschränkt ist. Die Mittel, die sie noch hat, wendet sie aber nach wie vor regelmäßig an. Zuständig ist dafür immer noch im Vatikan die Inquisitionsbehörde (Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis), die sich allerdings inzwischen in Glaubenskongregation (Congregatio pro doctrina fidei) umbenannt hat.
Die sogenannte Erbsünde samt Sühnopfer ist nicht nur das Zentrum des institutionalisierten Christentums, sondern auch sein größter Schwachpunkt.
Die frommen Gelehrten wollten nicht wahrhaben, dass ihr allmächtiger, allgütiger Universalgott sowas wie Mangel, Kampf und Tod in seiner prächtigen Schöpfung duldet, wie es überall auf der Welt zu sehen ist. Das mussten sie erst mal vorteilhaft in ihrer Weltdeutung unterbringen. Die ,,Lösung" sahen sie schlussendlich in der Sündhaftigkeit des Menschen, Gottes Günstling.
Das christliche Weltbild ist im Grunde ein verquastes Mashup zwischen den ersten biblischen Texten, insbesondere des Sechstagewerks und der Paradiesgeschichte. In der Edenerzählung glaubte man alles vorzufinden, was es für ein stimmiges und patriarchenfreundliches Weltbild brauchte: Ausgangsmaterial für die Schöpfung von Mensch und Tier, Namen, eine eindeutige Geschlechterordnung, geografische Koordinaten und nicht zuletzt ,,Action" (Bösewicht, Verführung, Sünde, Bestrafung). Das kryptisch anmutende Sechstagewerk durfte hingegen nur als grobe Übersicht über die ,,Schöpfung" und natürlich als eisegetische Ausweichmöglichkeit herhalten.
Der Klerus hatte den Garten Eden also mit dem Anfang der Welt gleichgesetzt - und Adam und Eva mit den ersten Menschen im Sinne von Gen. 1.27. Im Zuge dessen behauptete er, die Welt inclusive des Menschen sei vom weisen Herrgott ursprünglich vollkommen erschaffen worden, der Mensch habe sie jedoch mit seinem Ungehorsam verdorben und somit Leid und Tod in der Natur zu verantworten. Das versetzte die Gelehrten nicht nur in die Lage, die Missstände in der Welt zu erklären, sondern gab ihnen auch ein ideales Machtinstrument in die Hand. Dass vollkommene Menschen überhaupt sündigen können, wurde wiederum mit dem - wohlgemerkt unbiblischen - freien Willen erklärt.
Allein schon die gewaltige biblische Zeitachse macht eine nachträgliche Änderung fundamentaler Naturgesetze in der jüngeren Vergangenheit unglaubwürdig. Die siebte Schöpfungsperiode hat bis heute nicht geendet (Gen. 1.31-2.3, Hebr. 3-4), die vorigen sechs Schöpfungsperioden entziehen sich komplett jeglicher zeitlichen Eingrenzung. Die Paradiesgeschichte ab Gen. 2.5 wiederholt das Sechstagewerk nicht, sondern setzt es im lokalmesopotamischen Rahmen fort (siehe Edenbeschreibung). Adam und Eva kamen in eine seit Ende der sechsten Schöpfungsperiode bevölkerte Welt. Diese wirklichen ersten Menschen verwerteten bereits Tiere, was besonderes am Beispiel der Fische deutlich wird (Gen. 1.28). Auch die Fleischfresser (hebr. Tannin) der fünften Schöpfungsperiode und das ,,Tohuwabohu" der frühen Erdgeschichte widerlegen die religiösen Heile-Welt-Fantasien.
Bevorzugt bemühen Traditionsverfechter die Todeswarnung an Adam, auch um die Erbsünde biblisch zu untermauern, die vermutlich griechischen Denkschulen entstammt. Aber erstere zeigt auch nur, dass Adam sehr wohl eine Vorstellung vom Tod hatte. Auch Röm. 5.12 und 8.20-22 werden gern zitiert. Es geht dabei jedoch um eine geistliche Form des Todes, wie in Röm. 7.10 besonders deutlich wird. Ein Zusammenhang zwischen Röm. 8.20-22 und den Ereignissen der Paradiesgeschichte ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sie eben nichts mit Schöpfung zu tun hat. Eher kommt das bereits erwähnte Tohuwabohu in Frage. Damit ist der Mensch fein raus.
Spätestens Röm. 5.13 macht einen Strich durch die christliche Rechnung: Schon vor dem Gesetz war Sünde in der Welt. Nach traditioneller Auffassung war Moses der weltweit erste Gesetzgeber. Dabei hatte bereits Adam gegen ein Gesetz verstoßen. Daher musste es eine präadamitische Welt gegeben haben, siehe Gen. 1. Dies hatte bereits der französische Protestant Isaac del Peyrere in der frühen Neuzeit festgestellt und die religiösen Meinungsmacher mächtig ins Schwitzen gebracht.
Zu guter Letzt hat der sogenannte Erlösungstod Jesu ganz offensichtlich weder das Fressen und Gefressen werden noch das biologische Sterben aufgehoben. Genauso wie weder die Vertreibung aus dem Paradies noch die Sintflut irgendwas am Lauf der Welt geändert haben. Deshalb werden die Gläubigen seither auf ein undurchsichtiges Jenseits vertröstet, das es in der Bibel dummerweise auch nicht gibt
eine menschliche Erfindung. Man kann keine Sünden erben, allerdings die Folgen die daraus entstehen
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Du meinst diesen Begriff - denn als Wort gibt es nichts her.
Hierzu müßte man die Erbsündenlehre, ihre Entstehung und Zuordnung genauer betrachten. Dies haben Andere hier ausführlich schon versucht/ getan.
Die Kurzfassung - durch den ersten "Sündenfall " (Adam/ Eva) wurde die ganze Menschheit mit Schuld belastet. Diese Denke ist natürlich weder logisch/theologisch noch nach den Aussagen der Schriften oder von Jesus haltbar. Es ist ein Konstrukt (auch aufgrund von Betrachtungen von Paulus), in welches sich die Kirchenlehre(n) verannt hatte! auch weil man Jesus als Erlöser von dieser "Schuld" mit einbrachte. Trotz besserem heutigem Wissen (auch weil es A+E+Sündenfall garnicht gab) kommt die Kirche da schlecht wieder raus, da hängen viele weitere Lehraussagen dran.