Was haltet ihr von dem Freiwirtschaftsmodell?

4 Antworten

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 wird das Geld so gestaltet, dass es einen natürlichen Zins hat, indem es veraltet oder abnutzt, was die Menschen dazu ermutigt, es schnell auszugeben und in die Wirtschaft zu investieren, anstatt es zu speichern.

und was ist da der Unterschied zur Geldentwertung durch Inflation?

also ich würd eher sagen, wir brauchen Geld, das im Wert steigt (= Deflation), wenn wir unnötigen Überkonsum vermeiden wollen... aber das will natürlich die Wirtschaft nicht, weil dann können sie uns nicht mehr so abzocken, udn die Staaten nicht, weil dann können sie nicht mehr durch Inflation (also auf unser aller Kosten) die Staatsschulden, mit der sie unsre Wählerstimmen gekauft haben, abbauen.


Bekim741 
Beitragsersteller
 15.10.2024, 21:47

Der Unterschied zwischen beiden Faktoren liegt in den Zielen und Mechanismen. Beim Freiwirtschaftsmodell findet die Geldentwertung durch die Einführung eines Schiffregisters oder Warenwertscheines. Somit sinkt kontinuierlich der Wert des Geldes um die Wirtschaft zu stimmulieren und Investitionen zu fördern.

horribiledictu  16.10.2024, 06:53
@Bekim741

und was ist der Unterschied im Effekt? ist das nicht der selbe "Unterschied" im Effekt, als ob du eine Schraube mit einem gelben oder einem blauen Schraubenzieher reindrehst?

Bekim741 
Beitragsersteller
 16.10.2024, 09:05
@horribiledictu

Die Inflation kann besser kontrolliert werden als bei der reinen Inflation und die Menschen sind weniger dazu geneigt das Geld zu sparen im Gegensatz zur Inflation.

Silvio Gesells Freiwirtschaftslehre bietet einige Vorteile im Vergleich zur traditionellen Inflation:

1. **Förderung des Geldumlaufs**: Freigeld, das jährlich an Wert verliert, ermutigt die Menschen, ihr Geld auszugeben oder zu investieren, anstatt es zu horten. Dies kann die wirtschaftliche Aktivität ankurbeln.

2. **Stabilität**: Indem das Geld kontinuierlich an Wert verliert, wird die Wirtschaft stabiler, da der ständige Umlauf des Geldes Preisstabilität und Vollbeschäftigung fördern kann.

3. **Abschaffung der Zinsherrschaft**: Gesell argumentierte, dass Freigeld helfen würde, die Macht der Zinsherrschaft zu brechen und den Zugang zu Kapital zu erleichtern.

4. **Soziale Gerechtigkeit**: Die Freiwirtschaftslehre zielt darauf ab, wirtschaftliche Ungleichheiten zu verringern, indem sie die Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen weniger verhindert.

Diese Ansätze sollen eine gerechtere und dynamischere Wirtschaft schaffen, in der Ressourcen effizient genutzt und Investitionen gefördert werden. 

horribiledictu  16.10.2024, 09:47
@Bekim741
  1. das tut die herkömmljche geldentwertung auch genau so! oder was istd er Unterschied?
  2. das tut eine herkömmliche Inflation auch, wenn es gelingt, diese stabil zu halten (Ziel sind 2%)
  3. wie? welcher Mechanismus des Modells bewerkstelligt das? wie verbietet man, dass Leute einander Kredite zu frei vereinbarten Zinsen geben?
  4. darauf abzielen heißt nicht, das man das auch erreicht damit! wieder: ich sehe nicht, WIE das Modell das erreichen will
Bekim741 
Beitragsersteller
 16.10.2024, 10:12
@horribiledictu

Hier sind einige zentrale Punkte:

1. **Freigeld**: Das Konzept des Freigeldes bedeutet, dass Geld einen Wertverfall unterliegt, ähnlich wie Waren. Dies soll die Hortung von Geld entmutigen und die Wirtschaft aktivieren.

2. **Negativzins**: Durch die Einführung von Negativzinsen wird es für Banken und Einzelpersonen finanziell nachteilig, Geld zu horten.

3. **Wirtschaftliche Stabilität**: Ohne Zinsen wird das Wachstum der Schulden begrenzt, was zu einer stabileren Wirtschaft führen soll.

4. **Ungleichheit verringern**: Zinsen führen oft zu einer Konzentration von Reichtum bei wenigen, da sie Kapitalbesitzer begünstigen. Die Abschaffung von Zinsen könnte helfen, diese Ungleichheit zu verringern.

horribiledictu  16.10.2024, 10:15
@Bekim741

noch mal: wie will man Zinsen abschaffen? wie will man verhindern, dass der A dem B Geld leiht unter der Bedingung, dass er in einem Jahr 110 von 100 zurückbekommt?

  1. das tut es eh mit der herkömmlichen Inflation - dafür brauchen wir kein "Freigeld"!
  2. genau das IST die Inflation: ein staatlich gemachter Negativzins!
Bekim741 
Beitragsersteller
 16.10.2024, 10:27
@horribiledictu

Staatlich gemachte Inflation und Negativzinsen sind verschiedene Konzepte mit unterschiedlichen Mechanismen und Zielen:

**Staatlich gemachte Inflation**:

- Bedeutet eine bewusste Erhöhung der Geldmenge durch die Regierung oder Zentralbank, was zu einem allgemeinen Anstieg der Preise führt.

- Ziel: Erhöhung der Ausgaben und Ankurbelung der Wirtschaft. Sie kann jedoch auch zu einer Verminderung der Kaufkraft und Sparverluste führen.

**Negativzinsen**:

- Bedeutet, dass Sparer oder Banken für das Halten von Geld zahlen müssen, statt Zinsen zu erhalten.

- Ziel: Menschen und Unternehmen dazu zu bewegen, ihr Geld auszugeben oder zu investieren, anstatt es zu sparen.

Obwohl beide Ansätze darauf abzielen, die Wirtschaft zu stimulieren, tun sie dies auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Konsequenzen. Inflationsmaßnahmen wirken durch Preissteigerung, während Negativzinsen direkt die Sparanreize beeinflussen.

horribiledictu  16.10.2024, 10:33
@Bekim741
direkt die Sparanreize beeinflussen

das tut Inflation auch. wir HABEN praktisch Negativzinsen, wenn der Basiszinssatz inkl auf de Zins"gewinn" erhobene Steuern unter der Inflation liegen! dund as tun sie seit Jahrzehnten!

wenn das Halten von Geld Geld kostet, dann gehen die Leute aus dem geld raus, kaufen Grund und Boden, Kunst, Gold etc. aber natürlich nur die, die sichs leisten können: die geldentwertung wirklich zahlen tun die, die sichd as nicht leisten können. ganz genau wie bei der Inflation!

Bekim741 
Beitragsersteller
 16.10.2024, 10:35
@horribiledictu

Du hast Recht. Im Ergebnis ist es das selbe. Einkommensschwache haben nichts davon.

horribiledictu  16.10.2024, 11:05
@Bekim741

eben, deshalb wäre DEFLATIONÄRES Geld besser: davon profitieren die überproportional, die überproportional viel von ihrem Besitz in Geldform halten, also die Armen.

außerdem, und noch weit wichtiger: es würde Konsum derart entmutigen, dass tendenziell nur noch Notwendiges konsumiert wird: und das ist genau das, was unsre Umwelt, Klima etc braucht!

Damit ist 1/3 der Grundprobleme gelöst. 1/3 noch nicht - das Bodenrecht. Und 1/3 noch nicht - daß die Menschheit sich aus Ökogründen auf den grundlegenden Bedarf beschränkt und jeder trotzdem die Möglichkeit hat, zu essen und zu überleben.

Man muß also nicht nur die Verzinsung ändern.

Hier muss man ggf. ein bisschen ausholen und hinsichtlich einer Kritik in die Tiefe gehen. Ich stelle das einmal für einen Teilaspekt – das Freigeld - an.

Geld ist ein Tauschmittel höchster Ordnung. Das bedeutet, dass der Wert des Geldes allen Marktakteuren bewusst ist, da Geld im Wesentlichen als allgemeines Wert-Zertifikat fungiert. Diese allgemeine Akzeptanz ist entscheidend für effiziente Tauschbeziehungen, weil sie den Aufwand der Wertschätzung minimiert. Ohne diese Funktion müssten Menschen primitiv und direkt mit Gütern tauschen – Äpfel gegen Backsteine oder Versicherungspolicen gegen Flugzeugturbinen. Das führt zu erheblichen Ineffizienzen. Der Grund liegt darin, dass die Information über die Werte der speziellen Güter, deren Angebot und Nachfrage ungleich verteilt sind.

Die Folge: Im Handel gibt es mehr Verlierer und Gewinner. Die Konsumenten- und Produzentenrenten fallen im Durchschnitt höher aus, haben aber auch eine deutlich größere Varianz, einfach weil die Wertschätzung der Güter viel komplizierter ist. Durch die Einführung von Geld als allgemeines Tauschmittel wird der Handel durch die Maßstabfunktion des Geldes standardisiert, das Risiko von Fehlkäufen reduziert, und die Effizienz gesteigert.

Kriterien für ein gutes Tauschmittel

Wann ein Tauschmittel ein gutes Tauschmittel ist, lässt sich über verschiedene Kriterien definieren. Eines der zentralen Kriterien ist die Teilbarkeit. Ein Goldbarren mit einem Gewicht von 1kg ist z.B. kein gutes Tauschmittel, weil er für kleine Transaktionen, wie Brot kaufen, ungeeignet ist. Ein weiteres, breit akzeptiertes Kriterium ist die Haltbarkeit und Lagerbarkeit. Äpfel wären kein gutes Geld, weil sie verfaulen. Ebenso wäre nukleares Material kein gutes Geld, weil es überhaupt nicht gut lagerbar oder transportierbar ist.

Hier kommen wir zum Freigeld. Es ist kein gutes Geld, genauso wie Währungen, die einem negativen Leitzins unterliegen. Wenn der Preis für Geld, sprich der Zins, negativ ist, verliert Geld seine Funktion als wünschenswerter Wertspeicher und erhält den Charakter von "Müll". Man hat keinen Anreiz, es zu halten, und will es schnellstmöglich loswerden.

Die Rolle von Zinsen und Zeitpräferenz

Über Zinsen könnte man lange philosophieren. Was sich jedoch nicht widerlegen lässt, ist eine positive Zeitpräferenz des Geldes bei uns Menschen. Niemand würde aus rationalen Gründen heute 100€ ablehnen, um morgen 90€ zu bekommen, wenn keine weiteren Nebenbedingungen vorliegen (!). Und dieser Effekt existiert im Freigeld, wenn man es konsequent zu Ende denkt: Menschen wollen ihr Geld nicht behalten, sondern ausgeben oder in andere Vermögensgegenstände umschichten.

Umlaufsicherung und Inflation

Die freiwirtschaftliche Umlaufsicherung ist im Kern nichts anderes als ein negativer Zins – was mathematisch auch dasselbe ist wie eine expansive Geldmengenerhöhung ohne ein deckendes Güterangebot. Die Folge ist Inflation. Die Leute möchten das Geld loswerden und fliehen in andere Anlageoptionen, was Blasenbildung zur Folge hat und das Risiko für Wirtschaftskrisen verstärkt. Die Blasenbildung wird ziemlich sicher entstehen, weil in einem Szenario, in dem der Zins negativ ist, alternative Anlageformen überbewertet werden. Kapital wird von den Märkten abgezogen und in spekulative Anlagen gelenkt, wie z.B. Immobilien oder Aktien, was diese Märkte überhitzt und die Risiken erhöht.

Vergleich mit derzeitigem Fiat-Geld

Folglich wäre ein klassisches, positiv-bezinstes Fiat-Geld, wie der derzeitige US-Dollar, dominant gegenüber einem umlaufgesicherten Freigeld. Es würde auf den Devisenmärkten mehr nachgefragt werden und von den Akteuren als besseres Geld akzeptiert. Das liegt daran, dass Fiat-Währungen a priori als stabiler und besserer Wertspeicher angesehen werden. Herkömmliches Geld ist hinsichtlich dieses Kriteriums definitiv überlegen gegenüber dem Freigeld. Die Menschen würden versuchen, aus dem Freigeldsystem herauszukommen, was dann nur mittels staatlicher Gewalt unterdrückt werden könnte.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Theoretische und praktische Erfahrungen in diesem Feld.

Ich halte diese Idee für dumm, so weit wie ich sie verstanden habe. Das größte Problem sehe ich in dieser Notion eines verjährenden oder verrottenden Geldes. Denn gerade die Haltbarkeit ist eine wichtige und gute Eigenschaft des Geldes. Ein nicht-haltbares Geld führt lediglich dazu, dass die Menschen, wie erwähnt, weniger sparen, was schlecht ist, da Investition sparen voraussetzt. Die Zeitpräferenz erhöht sich grundlos, man lebt in Gesells System tendenziell mehr vom Hand in den Mund, statt Kapitalgüter zu errichten.

Wie das "Geld durch die Ausgabe von Gütern" eingeführt werde, habe ich jetzt noch nicht wirklich verstanden.


Bekim741 
Beitragsersteller
 09.10.2024, 22:44

In Silvio Gesells Freiwirtschaftsmodell wird das Geld durch die Ausgabe von Gütern eingeführt, indem das Konzept des "Freigeldes" verwendet wird Hier sind die grundlegenden Schritte:

1. **Freigeld**: Das Geld hat einen jährlichen Abschreibungsverlust, was bedeutet, dass es an Wert verliert, wenn es nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgegeben wird.

Dies soll die Spekulation und das Horten von Geld entmutigen.

2. **Tauschmittel**: Das Geld dient als Tauschmittel, um den Austausch von Gütern und Dienstleistungen zu erleichtern.

3. **Wirtschaftsprozess**: Durch die Verwendung von Freigeld wird der Wirtschaftsprozess beschleunigt, da Menschen dazu angeregt werden, ihr Geld in reale Güter und Projekte zu investieren, anstatt es zu horten.

Das Ziel ist es, eine stabile und dynamische Wirtschaft zu schaffen, in der Geld nicht nur als Tauschmittel, sondern auch als Mittel zur Förderung von Investitionen und wirtschaftlicher Aktivität dient.