Warum werden solche Architekten, die erstmalig Wohnhäuser im grünen für das Volk bauten, nicht besser gewürdigt?
https://www.visitberlin.de/de/hufeisensiedlung
Das ist nur ein Beispiel, Taut ist Jude gewesen und er starb im Exil in der Türkei.
Ein letzter, siebter Bauabschnitt entsteht 1932/33 ohne Tauts Beteiligung.
Hierbei steht allerdings nicht, warum Taut nicht mehr dabei sein konnte und das ist eine Unterlassung, die zum grübeln anregen könnte.
Wie kommst du darauf, dass Taut Jude war?
Gute Frage, weil er es gewesen ist. Google würde dir das auch sagen. Man nennt es Kulturbolschewist.
https://kuenste-im-exil.de/KIE/Content/DE/Personen/taut-bruno.html
4 Antworten
Das Taut Jude war stimmt nicht. Der von den Nazis gebrauchte Schmähbegriff "Kulturbolschewist" bezieht sich rein auf die Gesinnung und Aktivitäten der so gebrandmarkten und oft auch verfolgten Personen. Das Taut mit seinem enorm relevanten Werk sowie als Architekt von gleich vier der sechs als UNESCO-Welterbe geführten Berliner Siedlungen gar nicht genug gewürdigt werden kann, steht außer Frage. Es gibt aber durchaus Projekte, die sein Vermächtnis ehren, vermitteln und sich dem Erhalt verschrieben haben. Ich selber vertrete etwa das Projekt www.tautes-heim.de und habe die Websites www.welterbe-siedlungen-berlin.de und www.hufeisensiedlung.info plus zwei Ausstellungen erstellt. Dort finden sich auch jeweils Biografien und umfassende Werkbeschreibungen. Wenn SIe in Berlin leben, können SIe auch gerne mal bei einer Führung mitlaufen, vgl. facebook.com/welterbesiedlungen
Nun ja, man lernt nie aus. Die Restaurierungsarbeiten nach den Unterschutzstellungen 1986 aus Basis des Gutachtens der "Architekturwerkstatt Pitz-Brenne" waren wichtig, gut und fundiert. Und ebenso wurden sie auch ausgeführt. Wenn Sie da praktisch beteiligt waren, wissen Sie sicher viel zur Bausubstanz und/oder kennen die (bzw. einige der) Häuser. Aber daneben gibt es ja noch andere Themen, wie etwa den gesellschaftlichen und politischen Kontext zur Bauzeit oder eben die heutige Würdigung qua Welterbe-Status. Ich habe selbst habe 2015 den Architekturführer "Bruno Tauts Hufeisensiedlung" plus 2011 und 2020 die o.g. zwei Websites und Ausstellungen zur Hufeisensiedlung bzw. den Welterbe-Siedlungen gestaltet und maßgeblich geschrieben, wohne hier seit 27 Jahren, führe seit 15 Jahren und meine Frau hat zudem 2003 und 2007 die denkmalpflegerischen Gutachten und Pflegepläne zu den Gärten und Freiflächen erstellt und auch die Unterschutzstellung als Gartendenkmal 2010 erwirkt – aber ich lerne aber immer noch dazu, u.a. auch bei Führungen von Kollegen mit einem anderen fachlichen Hintergrund oder Touren mit speziellem Fokus ...
Sehr gut. Es gab zu dieser Zeit dort ein Büro, dort herrschte reger Andrang von Interessenten, die dort eine Wohnung beziehen wollte.
Hier geht es doch darum das Taut kein Jude gewesen sein soll, nur ein Bolschewist, was Quasi von der Bedeutung her, kaum einen Unter schied macht. Mich dünkt es das in dieser Zeit auch das Wort vom Juden fiel, somit klappt da eine Lücke, wobei ein Bolschewist in DE jawohl bis Heute nicht willkommen ist, obwohl eben es doch die Nazis gewesen sind, die diesen guten Architekten ans Leder wollten.
Diese Zeit da ist ja Instandhaltung der Hufeisensiedlung gerade fertig geworden, ist denn dort eine Erkenntnis vorhanden, warum der Taut von denn Nazis wirklich als Verbrecher gesehen wurde?
Auch Alexander von Humboldt ist in Russland gereist, und hatte das Land im Auftrage des Zaren vermessen, somit müsste der ja auch verstoßen worden sein. Traurig aber wahr, wenn man solche Vergleiche zieht.
Taut war (ebenso wie der ihn kongenial ergänzende Stadtbaurat Martin Wagner) politisch sehr links, einflussreich und meinungsstark – und hat das auch in seinen Schriften zum Ausdruck gebracht. Die Wohnungsbaugesellschaft GEHAG (für die Taut als Chefarchitekt arbeitete) war zudem ein Projekt, das von einem Bündnis linker Akteure, SPD und Gewerkschaften gegründet worden war. Die Strategie der Nationalsozialisten war, solche Institutionen wie die GEHAG umgehend zu übernehmen, um dann die Leitungsebene mit eigenem bzw. linientreuen Personal zu besetzen und die Aktivitäten ihren Vorlieben entsprechend neu auszurichten. Dieser Methode wurde im NS-Staat auch in Industrie und Gesellschaft angewandt und wird allgemein als "Gleichschaltung" bezeichnet. Sie führte u.a. dazu, dass in den 1930er-Jahren viele führenden Architekten und Künstler ins Exil gingen, z.B. wie Taut erst nach Japan, dann in die Türkei. Ein paar Informationen zu den Hintergründen sowie Tauts Lebenslauf und Idealen finden Sie etwa hier:
http://www.tautes-heim.de/bruno-taut.php
https://welterbe-siedlungen-berlin.de/hufeisensiedlung/
https://welterbe-siedlungen-berlin.de/biografie/
https://welterbe-siedlungen-berlin.de/glossar/
http://www.hufeisensiedlung.info/geschichte.html
Die Architektur der Weimarer Republik, zu der auch die Hufeisensiedlung zählt, wurde in der NS-Zeit als "entartet" diffamiert und abgelehnt, diese negative Konnotation hat sich teilweise bis in die Nachkriegszeit gehalten zudem ist die Bewertung von Architektur immer auch subjektiv und hängt von den jeweiligen Zeitgeistern und ästhetischen Präferenzen ab.
Bruno Taut war nicht nur Architekt, sondern auch ein Visionär und Schriftsteller, sein Schicksal und das vieler anderer Architekten zeigt, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachzuhalten und ihre Leistungen anzuerkennen.
LG aus Tel Aviv
An dieser Siedlung gibt es nichts zu meckern, diese Wohnungen dort sind Heute noch heiß begehrt, es gibt eine Warteliste und das in den Neunzigern, als wir diese Siedlung wieder auf Vordermann brachten.
Architektur hat immer auch mit Vorstellungen von Gesellschaft verbunden. Die Vertreter des "Neuen Bauens" (heute "Bauhaus") wurden schon lange von politischen Gegnern angefeindet. So sollte das Modellprojekt Weißenhofsiedlung in Stuttgart nach dem Willen der NSDAP wieder abgerissen werden. Der Vorwurf: Multikulti und gegen die deutsche Familie gerichtet.
(Hetzpostkarte 1941 gegen die "Arabersiedlung" Weißenhof)
Eine Tradition, die sich auch auf diesem Gebiet bis heute erhalten hat:

Der Hinweis zur der anti-modernen Agenda der Nationalsozialisten (die Schmähbegriffe und Darstellungen wie etwa hier die Postkarte der "Araberdörfer" hervorbrachte) ist gut und richtig. Dass sich die AFD da jetzt wieder einreihen will, sagt alles. Allerdings sollte man nicht die breite Bewegung des "Neuen Bauens" – oder gar die ganze Ideengeschichte und Architektur der Moderne – pauschal als "Bauhaus" bezeichnen. Denn damit ignoriert man, dass viele wesentlichen Impulse des innovativen Städtebaus auch aus anderen Initiativen, von maßgeblichen Einzelpersonen (wie etwa Bruno Taut, Ernst May, Le Corbusier etc.) kamen bzw. es auch parallele und/oder frühere Bewegungen gegeben hat, die zu einer ideengeschichtlich und stilistisch ähnlichen Lösungen kamen wie das (durch Walter Gropius auch aus dem Exil heraus sehr gut vermarktete) Bauhaus, das jetzt oft als Chiffre und "global brand" benutzt wird. Hier sind etwa der tschechische und russische Funktionalismus oder auch die niederländische De Stijl-Bewegung zu nennen. Das alles unter "Bauhaus-Stil" laufen zu lassen, ist zwar üblich, aber m.E. ungünstig, da dies vor allem im Ausland auch als national-chauvinistsich gelesen werden kann. Nicht umsonst hat sich ja auch dann später auch der Stilbegriff "International Style" etabliert, der zwar auch kein Synonym zu "Neues Bauen" ist, aber den länderübergreifenden Zeitgeist progressiver Köpfe der 1920er und 30er-Jahre eher beschreibt.
Das ist absolut meine Meinung. Deshalb habe ich Bauhaus in Klammern und Anführungszeichen gesetzt. Für viele Leser ist es aber verständlicher so.
Weil solche Gebäude nichts taugen.
Das ist veraltete Massenabfertigung, die an schlechte Zeiten erinnert!
Heutzutage will jeder sein eigenes Haus, mit großem Garten und guter Lage.
So ein Hufeisengebäude mitten in der Stadt, wo in der Mitte lediglich ein wenig Wiese ist, taugt meiner Meinung nach nichts und man würde sich dort wahrscheinlich nie wohl fühlen.
Due wisst scheinbar nicht, das es mit die ersten Wohneinheiten gewesen sind, die für die arbeitende Bevölkerung gebaut wurden. Wunsch hin und her, guck dir die Mietkasernen aus der Kaiserzeit an, mit bis zu fünf Hinterhöfe und dazwischen noch Kuhställe.
Ich muss dir sagen, das unsere Firma in denn Neunzigern dort die Hufeisensiedlung auf Vordermann brachten. Somit brauche ich keine Führung.