Warum werden Freundschaften zu Behinderten von einigen nicht als vollwertige Freundschaften angesehen?
Ich hatte im Jugendalter zeitweise nur einen Freund, der mittelgradig geistig behindert ist. Meine früheren nicht-behinderten Freunde wollten eines Tages nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich anscheinend nicht normal war. Begründet haben sie es nie. Sie haben mich geghosted.
Da ich aus anderen Gründen (chronische Erschöpfung u Unwohlsein im Körper) wegen einer Fehldiagnose in psychiatrischer u psychotherapeutischer Behandlung war, wurde dort dieses Thema gegen meinen Willen häufig angesprochen. Es hieß, mir würde es psychisch besser gehen, wenn ich auch noch andere Freunde hätte, die nicht behindert sind. Ich würde mich hinter meinem behinderten Freund verstecken, um mich nicht weiterentwickeln zu müssen. Dabei wäre ich sowieso so geblieben, wie ich es für richtig hielt.
Ich war anders als andere Jugendliche u hatte deshalb häufig Ärger mit Erwachsenen, die dieses Anderssein als Mit-Grund für meine angebliche psychische Erkrankung sahen. Mein behinderter Freund, den die Psychiater u Psychotherapeuten nicht kannten, wurde von denen aufgrund seiner Behinderung pauschal als ungeeignet für eine gleichwertige Freundschaft eingeordnet. Es hieß, ich könne mich so nicht richtig entwickeln. Diese Freundschaft sei bequem für mich, da ich so nicht an meinen psychosozialen Defiziten arbeiten müsse, da diese einem geistig Behinderten nicht auffallen würden oder er mich zumindest nicht dafür kritisieren könne.
Sie nötigten mich regelrecht, mir neue, nicht-behinderte Freunde zu suchen, was aber nicht klappte, da diese nicht mit mir befreundet sein wollten oder nach ein paar Monaten den Kontakt von sich aus abbrechen u sich am Telefon vermutlich von ihren Angehörigen verleugnen ließen, um für mich unerreichbar zu sein oder tatsächlich nie da waren, aber auch nicht zurückriefen. Internet hatten wir damals noch nicht.
Warum freuten sie sich nicht einfach für mich, dass ich wenigstens diesen einen Freund hatte?
6 Antworten
Ich denke, das liegt an den Vorurteilen, die manche Menschen gegenüber Menschen mit Handycap pflegen...
Viele von ihnen haben Scheu, näheren Kontakt zu jenen Menschen sowohl aufzubauen, als auch zu halten.
Hinzu kommen noch die Medien und die "Gesellschaft", die alle abwerten, was nicht "vollkommen" scheint...
Dazu zählen auch Menschen mit - z.B. - Übergewicht oder anderen äußerlichen "Unvollkommenheiten".
Aber hey:
Nobody is perfect - und das ist verdammt gut so !
Schön, dass du hier unvoreingenommen bist - bleib` genau so...;)
Dann pfeife auf die Meinung dieser "Fachleute" - und sei einfach menschlich...
Die Fachleute sagten, dass wenn ich gesund werden will, ich mal ihren Rat bzw Meinung annehmen solle
Keine Ahnung. Ich finde es sehr cool, wenn man befreundet sein kann auch über Diagnose-Grenzen hinweg. Wenn dein Freund eine geistige Behinderung hat, dann ist er vom IQ her nicht auf deiner Höhe, aber eine Freundschaft kann trotzdem genauso wichtig für ihn sein.
Ich war in der Schule teilweise nur mit schrägen Vögel und Loosern befreundet, weil die ganzen coolen Leute nichts von mir wissen wollten und viele von denen auch Mobber waren. Und die Looser waren tatsächlich auch ganz nett. Irgendwann habe ich doch Leute gefunden, die mir richtig entsprechen. Und das ist schon sehr schön. Fürs weiter entwickeln ist das gut. Aber vor allem tut die Resonanz gut. Also dass man über Sachen spricht, und merkt, die andere Person versteht mich wirklich. Und auch ich verstehe, wie es dem anderen geht. Und man hat zusammen an den gleichen Sachen Spaß und ist füreinander da.
Sowas findet sich mit der Zeit, aber man kann es nicht herbei hexen. Und wenn man solange zufrieden ist mit der Freundschaft, die man hat, ist doch gut. Leute, die wirklich ok sind, hätten dich auch nicht geghostet, nur weil du einen Freund hast, der behindert ist.
Sie haben mich nicht geghosted, weil ich einen behinderten Freund hatte, sondern mutmaßlich,weil ich in ihren Augen selbst behindert u zurückgeblieben war
Weil es irgendwie komisch ist mit behinderten befreundet zu sein und auch peinlich ich persönlich hab keine behinderten freunde das liegt aber wahrscheinlich daran weil ich noch nie Kontakt mit so welchen Leuten hatte. Aber ich versteh andere die nicht viel mit behinderten zu tun haben wollen da sie sich auch manchmal als wichtiger ansehen
Ich habe ihn zufällig kennengelernt, weil er erst im Kindergarten für nicht-behinderte Kinder war, da seine Eltern anfangs meinten, er sei nicht so stark behindert (was sich später anders herausstellte)
"Peinlich" ist das nur, wenn man wenig Selbstwertgefühl hat - dies wiederum finde ich sehr traurig...
Mir wurde genau aus dem Grund wenig Selbstwertgefühl unterstellt, WEIL ich nur einen Freund mit Behinderung hatte. Es hieß, ich würde mich zu minderwertig für normale Freundschaften fühlen. So sagten es die Psychiater
Deiner detaillierten Frage nach, muss ich sagen, das sie wohl auch Wahrheit und Tatsachen enthält.
" Diese Freundschaft sei bequem für mich, da ich so nicht an meinen psychosozialen Defiziten arbeiten müsse, da diese einem geistig Behinderten nicht auffallen würden oder er mich zumindest nicht dafür kritisieren könne." Es leuchtet mir schon ein, das ein "normaler Umgang" immer gut ist. Deine Entwicklung ist an einen Behinderten geknüpft und bremst dich quasi aus. Einen normalen Freund sollte man schon haben, ohne den Behinderten fallenzulassen!
Denke auch an deine Zukunft. Berufsschule, Ausbildung - Beruf! Zu deinem eigenen Besten! Aus einer gefestigten eigenen Position heraus, bist Du für deinen Freund eine größere Hilfe, als jetzt.
Ja, meine Antwort bleibt oberflächlich, weil ich dich und dein Verhalten nicht kenne. Ich kann deine Entwicklung nicht einschätzen, schon, weil ich dein Alter nicht weiß. Aber wenn sich schon die Anderen zurückziehen, muss es schon deutlich hervortreten, dein Defizit.
Ich kenne mehrere Behinderte, durch meinen Schwiegervater. Der war als Betreuer in einer Caritaswerkstatt tätig! Wie üblich, geht man nach dem Aussehen und liegt völlig falsch!! Die Jungs sind überaus sensibel, beobachten und ziehen ihre, durchaus richtigen Schlüsse. Kurz, man verkennt solche Menschen. Der Schein trügt.
An deiner Stelle, würde ich mit meinem Freund reden, ihm darlegen, worum es geht und zieh dich etwas zurück. Das beste für euch beide!
Vielleicht konnte ich dir etwas mitteilen, das dir weiterhilft!
Alles Gute für euch.
"Ich kann deine Entwicklung nicht einschätzen, schon, weil ich dein Alter nicht weiß"
Ich war damals 15-18. Offenbar war es meinen früheren nicht-behinderten Freunden peinlich, in dem Alter mit sowas wie mir befreundet zu sein. Jedenfalls sagten mir manche andere Jugendliche, mit denen ich nicht befreundet war, dass ich auf sie wie zurückgeblieben/behindert wirken würde und sie mir nicht glauben, dass ich normal bin. Fremde Jugendliche von der gegenüberliegenden Straßenseite riefen auf mich bezogen, wenn ich alleine unterwegs war, in meine Richtung "Guck mal da drüben, die Behinderte".
Ich frage mich, warum ich als behindert wahrgenommen wurde, obwohl ich es nicht bin.
"worum es geht und zieh dich etwas zurück."
Wovon soll ich mich zurückziehen? Ich habe diesen Freund eh nicht mehr. Hätte ich mich damals seltener mit ihm treffen sollen?
Behinderte werden wie Aussätzige behandelt, immer noch! Da lässt man sich nicht mit ein! Und schon wirst Du mit in eine Schublade gesteckt. Deinen Texten nach, bist Du völlig normal, denke ich. Wenn man mal überlegt, ein Unfall und man ist selbst behindert und erfährt dann nur noch Ablehnung? Dann wäre man froh dich zu kennen!
Bleib einfach so, scheint richtig zu sein! (hatte das Alter auf 17 geschätzt) Alles Gute nochmal.
Einen normalen Freund sollte man schon haben, ohne den Behinderten fallenzulassen!"
Das Problem war auch, dass mein behinderter Freund sich seiner Behinderung bewusst war und eifersüchtig werden und emotionalen Druck auf mich ausüben konnte, wenn ich mal mit nicht-behinderten Gleichaltrigen Kontakt hatte. Gut, das war sein Problem, aber er tat mir dann leid und ich hatte Angst, ihn dann zu verlieren und später wieder die anderen neuen freu de auch zu verlieren.
Ihm war bewusst, dass ich mich - im Vergleich zu ihm mit normaler Intelligenz ausgestattet - theoretisch jederzeit von ihm abwenden könnte, wenn ich "was besseres" gefunden hätte. Er war mir immer treu, hätte von sich aus wahrscheinlich nicht die Freundschaft beendet. Durch seine Behinderung war ich sozusagen ihm gegenüber in der höheren/mächtigeren Position, was ich aber nicht ausnutzte. Aber ich glaube, ihm war das bewusst und er wollte es nicht aufs Spiel setzen.
Mir hingegen war bewusst, dass ich bei normalen Jugendlichen kaum eine Chance auf Freundschaft habe, weil diese das nicht wollten, und ich daher aufpassen musste, die Eifersucht meines behinderten Freundes nicht zu triggern
Das kenne ich aus meinem Schützenverein(aktive Schützen)! " dass mein behinderter Freund sich seiner Behinderung bewusst war und eifersüchtig werden und emotionalen Druck auf mich ausüben konnte," Wir hatten einen Rollstuhlfahrer mit MS. Der wurde immer dreister mit seinen Forderungen. Das basierte nicht mehr auf hilfsbedürftig, sondern auf unrealistischen Forderungen, die den Rahmen sprengten. Wir haben ihn vor die Wahl gestellt, zu gehen oder zu bleiben, mit abstrichen!
Klare Grenzen setzen, ihn wie einen normalen Menschen behandeln!
Ich habe mich einmal mit ihm u einer anderen Jugendlichen (nicht-behindert), die das Kind einer Freundin meines Elternteils war, getroffen u die Chance genutzt u mich mich ihr unterhalten, doch das fand er am Ende nicht gut. Obwohl er selbst noch andere Freunde hatte, allerdings waren die alle behindert.
"Es leuchtet mir schon ein, das ein "normaler Umgang" immer gut ist. Deine Entwicklung ist an einen Behinderten geknüpft und bremst dich quasi aus."
Wieso bremst er mich aus?
Für mich war seine Intelligenzminderung ein Vorteil, da ich selbst mich nicht gut mit verschiedenen Themen auskannte und ihm daher sonstwas erzählen konnte und er das nicht auf den Wahrheitsgehalt überprüfen konnte. Bei nicht-behinderten Jugendlichen fiel das (viel eher) auf. Diese sagten mir, dass wenn ich etwas nicht verstanden habe, dass ich wohl nicht besonders intelligent sei. Das war auch mit ein Grund, warum sie das Interesse an mir verloren. Ich konnte bei vielen nicht mitreden, da mir das Wissen darüber fehlte.
Mit meinem behinderten Freund war ich einmal auf einer Messe zu meinem Hobby. Leider kannte ich mich auch mit meinem Hobby nicht gut aus. Weil ich dachte, mein behinderter Freund hat eh keine Ahnung, was ich da erzähle, erzählte ich ihm also was über ein Fachthema, welches mit dieser Messe zu tun hatte. Dummerweise war ich im Unrecht ohne es richtig zu merken. Hinter uns ging eine fremde Frau, die unser Gespräch versehentlich mithörte. Sofort mischte sie sich korrigierend ein und meinte, ich würde Fehlinfos verbreiten. Mir war das peinlich.
Wäre ich dort mit einem nicht-behinderten Freund gewesen, der sich mit dem Thema auskennt, wäre ich vielleicht von dem Freund dafür kritisiert worden und wäre wiedermals als Trottel, der bin nicht eine Ahnung hat, da gestanden. Das war es, was ich mit der Freundschaft zu einem Intelligenzgeminderten vermeiden wollte. Ich war es sooooo leid, soweit als der Dumme, Zurückgebliebene usw dazustehen. Zudem habe ich mich im Umgang mit anderen häufig überfordert gefühlt und gleichzeitig gelangweilt.
Ich KANN aber nicht mehr dazulernen, weil ich selbst auch nicht mehr begreife. Zwar mehr als mein damaliger Freund, aber nicht so uel, wie es ein durchschnittlicher Mensch kann. Ich habe da selbst drunter gelitten und wollte es ändern, es gibt aber nicht. Klar war der behinderte Freund für mich bequem, aber die anderen waren eine Überforderung. Zudem waren die nicht so fröhlich wie mein behinderter Freund. Ich hatte damals eh schon viel Stress und die anderen hatten eine negative Aura.
"Deine Entwicklung ist an einen Behinderten geknüpft und bremst dich quasi aus"
Was ist eigentlich, wenn man sich gar nicht weiterentwickelt WILL?
Ich habe begriffen, das lernen sehr anstrengend wird, wenn kein Verstehen dazu kommt. Manche Sachen muss man nicht wissen, und was fehlt, kann man Googlen. Aber Entwickeln wirst Du dich zwangsläufig, Erfahrungen, Erlebnisse und im Umgang mit Menschen, jeden Tag! Aktive Weiterbildung ist nicht nötig, wenn Du nicht willst. Aber es werden durch die Gesellschaft, ja auch Ansprüche gefordert, denen Du nicht entgehen kannst!
ZB. die Qualifikation bei der Jobsuche! Aber letztlich deine Endscheidung, dein Leben, deine Zukunft.
Weil viele Menschen Freunde als ihr Eigentum sehen deswegen so reagieren
bleib stark es wird nicht besser
"Schön, dass du hier unvoreingenommen bist - bleib` genau so"
Genau das wird von Fachleuten als Teil meiner angeblichen psychischen Störung gesehen