Warum vergeht die Zeit langsamer?

2 Antworten

Hallo Unbekannt1613,

die Relativitätstheorie hat ihren Namen von GALILEIs (!) Relativitätsprinzip (RP): Von zwei relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegten Körpern (z.B. Raumfahrzeugen), Du hast sie A und B genannt, kannst Du wahlweise B als ruhend und A als mit konstanter Geschwindigkeit v› bewegt oder A als ruhend und B als mit −v› bewegt ansehen.

Die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen – nichts anderes sind Naturgesetze – verändern sich dadurch nicht; man sagt, sie sind invariant unter einem Wechsel des Bezugssystems (also wenn Du Dich umentscheidest).

Eine wichtige Konsequenz daraus ist die Relativität der Gleichortigkeit zeitlich aufeinanderfolgender Ereignisse. Ereignisse, die an derselben Stelle von A zeitlich nacheinander stattfinden, sind im Ruhesystem von B natürlich nicht gleichortig, da sich A in der Zwischenzeit weiterbewegt hat, im Ruhesystem von A jedoch sehr wohl.

GALILEI meets MAXWELL

Zu den Naturgesetzen gehören freilich auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik und damit auch seine elektromagnetische Wellengleichung mitsamt der Naturkonstanten c. Deshalb muss sich etwas, das sich relativ zu A mit C bewegt, auch relativ zu B mit C bewegen und umgekehrt.

Dies hat Konsequenzen für die Struktur der Raumzeit und führt zur Relativität der Gleichzeitigkeit räumlich getrennter Ereignisse und den leider noch immer als "Zeitdilatation" und "Längenkontraktion" bezeichneten Nebeneffekten.

Dass Beobachter B die Lichtuhr, die A in der Hand hat, langsamer ticken sieht,...

Sieht er gar nicht unbedingt. Wenn bzw. solange A und B aufeinander zukommen, sehen beide einander im Zeitraffer!

Das Lichtuhr- Gedankenexperiment ist insofern ziemlich abstrakt, als dass es sich nicht darauf bezieht, wie der Beobachter von B aus etwas auf A sähe, sondern darauf, was er weiß, wann im Prinzip was geschehen müsste.

...ist mir klar, aber warum sind dann auch die Tanzbewegungen langsamer?

Wenn nur die Lichtuhr von A langsamer liefe, könnte der dortige Beobachter das auch bemerken und sich anhand dessen als den bewegten Beobachter identifizieren. Das RP besagt aber, dass dies nicht möglich ist bzw. A ebensogut sich selbst als stationär und B als mit −v› bewegt ansehen kann.

Deshalb muss der Effekt übrigens auch wechselseitig sein, was man als paradox empfinden könnte.

Deshalb rede ich auch nicht gern von "Zeitdilatation", sondern vom Unterschied zwischen Eigenzeit (etwa der Dauer Δτ einer Tanzbewegung auf A, direkt gemessen von einer lokalen Uhr Ώ) und der B- Koordinatenzeit, der von B aus – unter der Maßgabe, dass B stationär ist – aus Messwerten berechnete Dauer Δt desselben Vorgangs.

Wie die Bezeichnung schon sagt, ist Δt eine Koordinatendifferenz. Geometrisch betrachtet ist das die Projektion des Vorgangs auf die Weltlinie (WL) von B, die t- Achse seines Ruhesystems.

Wenn man auf einem Tisch eine Längsrichtung (z-Richtung) und eine Querrichtung (x-Richtung) festlegt und zwei Salamis gleicher Länge L und gleichen Durchmessers d auf den Tisch legt, eine (S) in Längsrichtung und die andere (S°) in einem Winkel θ, haben die Enden von S die längs- Koordinatendifferenz Δz(S) = L, die von S° hingegen die längs- Koordinatendifferenz Δz(S°) = L∙cos(θ) < L.

Kein Mensch würde hier sagen, S° sei kürzer als S oder sich wundern, dass bei einer Umdefinition der Längsrichtung S zur "in Längsrichtung kürzeren" Salami wird.

Schneidet man die Salami S in x-Richtung an, erhält man eine Kreisscheibe mit Durchmesser d. Tut man genau dasselbe mit S°, erhält man eine Ellipse mit großer Achse d/cos(θ) > d. Kein Mensch käme auf die Idee, zu behaupten, S° sei breiter geworden oder sich wundern, dass bei einer Umdefinition der Längsrichtung S zur "breiteren" Salami wird.

Bild zum Beitrag

Abb.1: Vergleich einer Salami mit einem Vorgang

In der Raumzeit verhalten sich die Dinge insofern etwas anders, als dass hier der Cosinus eines Winkels durch den berühmten LORENTZ-Faktor

(1) γ := 1/√{1 − (v⁄c)²}

zu ersetzen ist, der sich als Cosinus Hyperbolicus einer Größe namens Rapidität (ich habe sie in der Abbildung ζ genannt) auffassen lässt. Der Cosinus Hyperbolicus ist im Unterschied zum Cosinus fast überall größer als 1.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Relativitätstheorie, Zeitdilatation)

Naja wenn die Uhr langsamer ist müssen auch die Bewegungen langsamer sein, ansonsten würden ja Beobachter B die Uhr selber langsamer ticken sehen und das würde ja bedeuten, dass die Uhr einfach defekt wäre.

SlowPhil  10.10.2022, 06:37

Respektive man könnte sich anhand der langsamer gehenden Lichtuhr als bewegt identifizieren.

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