Warum trauere ich jetzt wieder?
Hallo,
ich weiß nicht, ob an dieser Stelle eine „Triggerwarnung“ angebracht wäre, aber ich erzähle einfach mal:
Mein Großvater ist vor etwa eineinhalb Wochen verstorben. Für den Tag nach seinem Tod (es war ein Montag) habe ich mir frei genommen, um gemeinsam mit der Bestatterin die Beerdigung zu planen. Am Dienstag bin ich dann wieder zur Arbeit gegangen.
Der Sonntag, an dem er verstorben ist, war sehr schwer für mich. Ich musste viel weinen und habe mich innerlich sehr merkwürdig gefühlt. Am Montag war es schon etwas besser – das seltsame Gefühl war zwar noch intensiver als am Sonntag, aber ich musste nicht mehr so viel weinen. Am Dienstagmorgen hat es mich dann noch einmal überkommen, und ich musste auf dem Weg zur Arbeit weinen. Die Stimmung war weiterhin getrübt, wurde aber insgesamt langsam etwas erträglicher.
Über das darauffolgende (vergangenes) Wochenende (also genau eine Woche später) war ich mit Freunden in einer anderen Stadt, um etwas zu feiern und auszugehen (das war schon länger geplant). Am Samstagabend, als wir gerade in einem Club waren, hat mich plötzlich alles sehr überwältigt. Ich habe mich deshalb entschieden, die Party frühzeitig und alleine zu verlassen, da ich niemandem die Stimmung verderben wollte.
Seitdem geht es mir zunehmend schlechter. Ich fange wieder an, viel zu weinen, oft kommen mir einfach so die Tränen. Ich denke viel über alles nach, obwohl der Tod doch eigentlich schon etwas her ist und ich dachte, ich hätte ihn schon ein Stück weit verarbeitet. Vielleicht ist noch wichtig zu erwähnen, dass sich in demselben Zeitraum eine Person, die mir sehr wichtig war, von mir abgewendet hat.
Kennt das jemand? Legt sich das wieder? Warum kommt plötzlich dieser nächste emotionale Schub?
4 Antworten
Trauer kennt keinen Raum und Zeit und es gibt kein Richtig oder verkehrt. Trauer ist individuell....man darf weinen, wenn einem danach ist, schweigen, wenn man möchte oder seine Gefühle jemanden mitteilen.....selbst ein Lachen ist normal, in Erinnerungen schwelgen....wenn es gar nicht geht, sich Hilfe holen, professionell oder z.B. Selbsthilfegruppen bzw. Trauergruppen.
Für mich persönlich war der plötzliche Tod meiner Nichte (bisher) am schlimmsten....meine Eltern hatten das Alter, wo man mit rechnen kann/musste, meine Nichte nicht, in der Blüte des Lebens. Das heißt jetzt nicht, das der Tod in einem bestimmten Alter weniger schlimm ist....denn es ist immer zu früh, es ist nie alles gesagt und es tut immer weh unabhängig vom Alter des Verstorbenen.
Herzliches Beileid
Googel mal nach den Phasen der Trauer.
Das was da abläuft ist nicht linear, die Phasen überschneiden sich, treten manchmal sogar alle gleichzeitig auf.
Die Verarbeitung ist ein Prozess, der längere Zeit andauert und mit immer wiederkehrenden Gefühls-Aus- und Einbrüchen einhergeht die nicht steuerbar sind.
Wichtig ist nur, dass du dich damit auseinandersetzt und nicht versuchst es zu verdrängen, dann bist du "schneller" damit durch.
Versuch es einmal mit einer "Trauergruppe", dort treffen sich Leute die einen Menschen verloren haben und die sich mit ihren, oft auch widersprüchlichen, Gefühlen auseinandersetzen und darüber sprechen.
Nicht alleine damit zu sein und zu sehen, dass es anderen genauso oder ähnlich geht kann sehr hilfreich sein und den Abschluss beschleunigen.
Du hast mein Mitgefühl und alles Gute
Du durchlebst einen ganz normalen Trauerprozess. Und je wichtiger einem der/die Verstorbene war, desto länger dauert es, bis man drüber hinweg kommt. Eine Woche ist da zeitlich gar nichts. Du hast das einzig richtige gemacht: du hast versucht, dich abzulenken. Und du scheinst sehr empathisch zu sein, denn du hast dich zurück gezogen, um deinen Bekannten nicht die Party zu verderben mit deiner Trauer. Alles wunderbar und richtig gemacht. Vielleicht hast du die Möglichkeit, dich mit anderen Verwandten, die deinen Opa kannten, zusammenzusetzen und über ihn zu reden. Manchmal hilft es, gerade die lustigen und innigen Momente nochmal zu besprechen. Wenn dein Opa krank war, hilft es dir vielleicht, dir vorzustellen, dass er jetzt nicht mehr leiden musste. Wir trauern ja meist um den Verlust einer Person, vergessen aber oft, dass diese Person vielleicht froh war, von seinen Leiden erlöst zu sein. Unsere Trauer ist also auch ein bisschen Egoismus, weil wir diese Person gerne noch ein bisschen länger in unserem Leben behalten hätten. Stell dir ein paar schöne Bilder von deinem Opa auf. Unterhalte dich mit ihm im Stillen oder ganz bewusst. Schreib ihm einen Brief. Stell dir vor, dass er von oben auf dich schaut und stolz auf dich wäre, dass du dein Leben weiterführen kannst und noch viel erlebst. Nach und nach - und keiner kann dir sagen, wie lange das dauert - ebbt der Schmerz ab. Alles Gute für dich. Der Tod gehört eben zum Leben dazu.
Du hast natürlich Recht. Die/der FS hat aber intuitiv das für sich Richtige gemacht, indem sie/er es mit Ablenkung probiert hat. Sie/er ist damit an eine Grenze gekommen, also ist sie/er noch nicht so weit, komplette Ablenkung durchzuziehen. Ich finde auch, dass das alles schon sehr gut und selbstreflektiert gemacht wurde. Und die Möglichkeiten von wegen Fotoalben, Bilder etc. waren ja auch meine Überlegung. In der Trauer komplett zu versinken, womöglich auch noch ohne die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen, finde ich persönlich sehr gefährlich, könnte sie aber nachvollziehen, wenn man zB ein Kind verloren hätte. Ein Patentrezept gibt es aber tatsächlich nicht. Jeder geht wirklich anders damit um.
Ja, die Mischung macht es halt, das ist wichtig. Ich kenn das aus eigener Erfahrung, dass manchmal die Trauer so überwältigend ist, dass man gar keinen Kopf für andere Sachen hat. Da kann und darf man sich auch mal "gehen" lassen. Aber wie Du sagst, auch da braucht es dann wieder einen Gegenpol. :)
Hallo,
wann die Trauer kommt, ist bei Menschen verschieden. Hier sind grundsätzliche Tipps, um mit der Situation umzugehen: Du kannst mit einem Menschen reden. Es gibt im Internet und über das Telefon kostenlose Seelsorge.
Ich bin Christ. Der Glaube hilft bei Trauer vielen Menschen. Gott liebt Dich. Wenn Du einiges wissen möchtest, was mich überzeugt, dass es Gott und ein Leben nach dem Tod gibt, dann kannst Du mich z.b. fragen oder auf mein Profil gehen.
Alles Gute
"Du hast das einzig richtige gemacht: du hast versucht, dich abzulenken"
Da würd ich gerne ergänzen: Es gibt bei Trauer nicht "das einzig richtige". Jeder muss seinen eigenen Umgang finden und der kann auch von Phase zu Phase variieren. Manchmal hilft Ablenkung. Manchmal aber auch das Abtauchen in die Trauer, Fotoalben und andere Erinnerungen durchstöbern, im Kopf die gemeinsame Zeit durchgehen. Beides ist wichtig und man sollte auf jeden Fall auf das eigene Gefühl hören (wie sie es ja auch getan hat, als es ihr auf der Party zuviel wurde.).