Warum sind Moleküle nach außen el. neutral?
Durch die Elektronenpaarbindung sind die beiden Atome miteinander verbunden (Bsp. Chlorwasserstoff), also teilen sie sich zwei Elektronen, um jeweils die Oktettregel zu erfüllen. So weit, so gut.
Mein Problem: Wenn zB. Cl das bindende Elektron "für sich beansprucht", um energetisch stabil zu sein, besitzt es ja ein Elektron mehr als Protronen im Kern und müsste eigenlich negativ sein, oder nicht? Wird die Ladung dann von dem momentanigen positiven H-Atom ausgeglichen, weil das dann parallel dazu negativ wäre, da es dann ein Elektron weniger als Proton hat und somit eigentlich kurz positiv geladen wäre?...
Hoffentlich trotz des wilden Satzbaus verständlich.
4 Antworten
Hallo KahlenTomlinson
Die Oktett-Regel ist nur ein Formalismus, um Verbindungen und ihre Struktur auf Plausibilität zu überprüfen. Wenn du CO₂ als Beispiel nimmst, werden die Bindungselektronen einmal dem einen O-Atom, dann dem anderen O-Atom und schließlich dem C-Atom zugeschlagen. In allen drei Fällen zählt man die Elektronen und kommt jeweils zu dem Ergebnis "8 Elektronen" und sieht die Oktett-Regel erfüllt.
Bei den Elektronen in einer Bindung spielen die Elektronegativitäten eine Rolle.
Im Cl₂-Molekül ist die Differenz der EN 0. Im zeitlichen Mittel befinden sich die Bindungselektronen zwischen den beiden Cl-Atomen und außerdem noch symmetrisch zwischen beiden Cl-Atomen. Die Bindungselektronen gehören beiden Cl-Atomen gemeinsam und erfüllen die Oktett-Regel. Einem der Cl-Atome beide Bindungselektronen zuzuteilen, würde ein Cl⁻ bedeuten, dem ein Cl⁺ gegenübersteht. Dies ist sicher keine richtige Vorstellung. Durch die wechselnde Elektronendichteverteilung ist es aber wahrscheinlich, dass sich kurzzeitig spontane Dipole bilden, wie immer, wenn sich Atome nahe genug kommen.
Bei deinem Beispiel, dem HCl-Molekül, besteht ein Unterschied zum Cl₂-Molekül. Hier ist die Differenz der EN nicht 0, sondern beträgt 1.0. Das Cl-Atom wird die Bindungselektronen naher zu sich ziehen, als das H-Atom dies vermag. Dies führt dann zur Bildung eines permanenten Dipols mit einer partiell positiven Ladung am H-Atom und einer partiell negativen Ladung am Cl-Atom. Das Molekül ist zwar in sich neutral, nach außen wirken aber diese Teilladungen. Diese äußern sich darin, dass Dipol-Diplol-Wechselwirkungen auftreten:
https://chemfiesta.files.wordpress.com/2015/03/1dipole-dipole.jpeg
Der extreme Fall ist dann die Ionenbindung im NaCl, da hier die EN-Differenz 2.3 beträgt, mit der Folge, dass die Bindungselektronen vollständig beim Cl-Atom verbleiben. Hier ist dann auch eine Separierung in positive Kationen und negative Anionen eingetreten.
LG
Es ist so wie du es beschreibst.
Da die Elektronen ständig in Bewegung sind und das auch sehr schnell, machen die kurzen Momente des Ladungsüberschuss/mangels nicht aus.
Oh, das wäre aber schlimm, wenn sich Elektronen nicht bewegen würden...
Ich schätze mal in der Schule lernt man noch das Bohrsche Atommodell, daher kann man das schon so erklären. Wenn man es genauer wissen will, kann man es auch mit dem Prinzip der stehenden Welle erklären und sagen, dass die Elektronen einfach immer überall in den Bahnen sind, aber das wird für die Lösung der Frage etwas ausschweifend, oder?
Natürlich befinden sich Elektronen ständig in Bewegung. Es mag sein, dass das Elektron als Teilchen etwas kurz gefasst ist und Quantenobjekte keiner "Bewegung" im herrkömlichen Sinne unterliegen, aber auch Elektronendichte verschiebt und bewegt sich, sodass die Ausage (vorallem für das hier benutzte Modell) absolut richtig ist.
Dann müssten sie eine Geschwindigkeit haben und die haben sie nicht, so lange sie sich in einem Atom, oder einer Verbindung befinden. Es sind Quantenobjekte mit einer Aufenthaltswahrscheinlichkeit! Das sich dieser Bereich verschieben kann, stimmt zwar, aber hat rein gar nichts mit einer 'schnellen Hin und Herbewegung' zu tun, die iwas 'ausgleichen' könnte!
Ja und Nein. Es darf auch in solch einfachen fragen der Welle-Teilchen-Dualismus nicht vergessen werden. Elektronen sind eben mehr als *nur* stehende Wellen sie sind Suoerpositionen und können einen sehr starken Teilchencharakter einnehmen und Bewegungsänliche Sachen machen
Wenn zB. Cl das bindende Elektron "für sich beansprucht", um energetisch stabil zu sein, besitzt es ja ein Elektron mehr als Protronen im Kern und müsste eigenlich negativ sein, oder nicht?
Es gibt nicht nur "geladen" und "nicht geladen". Sondern auch so etwas wie "partiell geladen". So etwas wie "ein Bisschen negativ geladen". Im Grunde hast du allerdings recht, das Cl zieht das Elektron des H sehr stark zu sich her und ist dementsprechend sehr stark partiell negativ geladen.
Wird die Ladung dann von dem momentanigen positiven H-Atom ausgeglichen
Richtig. Das H, dem das Elektron nun sozusagen partiell fehlt, ist dementsprechend partiell positiv geladen. Wenn man das ganze Molekül betrachtet, gleichen sich partiell positive und partiell negative Ladung aus, sodass das Molekül insgesamt nicht geladen ist.
Näher betrachtet wird man allerdings feststellen, dass das HCl-Molekül ein großer negativer "Bollen" (das Cl) mit einem kleinen positiven "Böppel" ist. Einfach aufgrund der Größenverhältnisse, das Cl ist sehr viel größer als das H.
Allerdings ist dieser Zustand beim HCl-Molekül sehr beständig. Die Ladung wandert nicht hin und her, sondern bleibt in diesen Verhältnissen. Das ist so stark, dass das Molekül, sobald es das kann, in zwei Einzelteile zerfällt... und das Cl behält dabei das Elektron vom H. Dann schwimmen ein Cl- und ein H+ (ein einsames Proton) im Wasser herum.
---
Man kann nicht alles, was in der Chemie so passiert, mit der Oktettregel erklären. Die Oktettregel ist eher ein Hilfsmittel, um einen einfachen Einstieg und einen groben Überblick zu bekommen.
Danke sehr für die ausfühliche Antwort, das war sehr hilfreich!
Bei Ionen gleichen sich die Ladungen exakt aus (aber das sind keine Moleküle).
Aber letztlich passiert das auch bei Molekülen und Elektronenpaarbindungen. Die Elektronen gehören zu beiden Bindungspartnern und die haben genau so viele Protonen, wie Elektronen (falls es keine Molekül-Ionen sind).
Bei etwas schwierigeren Molekülen kann man zwar Elektronen auch mal einem bestimmten Atom zuordnen, aber dieses fehlt ja dann dem Bindungspartner, was sich ebenfalls wieder ausgleicht!
Bei Ionen gleichen sich die Ladungen exakt aus
Moment. Ionen sind geladene Teilchen (egal, ob sie aus einem oder mehreren Atomen bestehen). Ist das nicht das genaue Gegenteil von einem Ladungsausgleich?
Ich würde vermuten, es waren Ionenverbindungen gemeint
Großen Dank für diese äußerst ausführliche Antwort!