Warum kann Achilles die Schildkröte in Zenons Paradoxon nicht überholen?
Hey Leute,
ich habe gestern Zenons Paradoxien kennengelernt und da stellt sich mir die Frage, wieso dieses Paradoxon denn solange nicht gelöst werden konnte, obwohl es doch offensichtlich ist, dass Achilles die Schildkröte überholt, wenn er doch schneller ist.
Was genau ist denn der mathematische Lösungsweg so einfach wie möglich erklärt, da es mich interessiert, ich jedoch nicht so smart in diesem Bereich bin.
Und zusätzlich: Wie kann man dieses Paradoxon denn mit einer Grenzwertbetrachtung auflösen?
Ich freue mich auf eure Antworten.
Vielen Dank schonmal!
4 Antworten
Du brauchst dazu ein bißchen Wissen über geometrische Reihen. Das sind Summen aus unendlich vielen Gliedern der Form ½+¼+⅛+⋯, und man kann leicht sehen, daß man zwar unendlich viele Zahlen addiert, daß die Summe aber trotzdem endlich bleibt, nämlich ½+¼+⅛+⋯=1.
Wenn Du es nicht auf den ersten Blick siehst: Stell Dir ein 1×1-Quadrat vor, dessen Flächeninhalt natürlich 1 ist. Halbiere es jetzt, und halbiere die eine Hälfte, und von den beiden entstehenden Vierteln halbiere wieder eines zu zwei Achteln. Man sieht dann sofoert, daß die entstehenden Fragmente die Größe 1⁄2, 1⁄4, 1⁄8, 1⁄16, 1⁄32 usw haben, und obwohl es unendlich viele Summanden sind, kann die Summe aller doch nur so groß sein wie der Flächeninhalt des Ursprungsquadrates, also 1.
Dieses Wissen löst Zḗnōns Paradox vollständig auf. Denn die beiden Läufer laufen ja mit konstanter Relativgeschwindigkeit. In einer bestimmten Zeit halbiert sich der Abstand zwischen den beiden, und in der Hälfte dieser Zeit halbiert er sich wieder usw, und die Summe aller dieser Zeiten (oder auch der Wegstrecken) bleibt endlich.
Zḗōns Fehler bestand darin, intuitiv anzunehmen, daß die Summe von unendlich vielen Summanden notwendigerweise unendlich sein muß (weil ja immer noch mehr daukommt). Aber diese Annahme ist falsch (wenn man will, kann man das als ein Paradox bezeichnen, aber eigentlich ist es das nicht). Ein anderes schönes und einleuchtendes Beispiel dafür ist die Summe 1⁄10+1⁄100+1⁄1000+⋯=1⁄9. Das kann man ganz leicht sehen, wenn man Dezimalzahlen verwendet (die im antiken Griechenland natürlich nicht in Gebrauch waren): 0.1+0.01+0.001+⋯=0.111…=0.1̄=⅑.
Mein Argument zeigt, daß es nur eine endliche Zeit braucht, bis die beiden genau gleichauf sind. Und wie es dann weitergeht, wissen wir sowieso: Nämlich gleich, wie wenn die beiden zugleich von der Startlinie losgelaufen werden, also hat Achilleús von dann an immer die Nase vorn.
Man kann das mit der geometrischen Reihe auch genau durchrechnen und bekommt dasselbe Ergebnis wie bei naïver Betrachtung: Die Zeit, die Achilleús braucht, um die Schildkröte einzuholen, ist der Vorsprung der Schildkröte durch die Geschwindigkeitsdifferenz.
Eine Summe aus unendlich vielen Summanden muss nicht unendlich sein.
zb. ergibt
1 - 1/3 + 1/5 - 1/7 + 1/9 - 1/11 + ... = π/4
obwohl es doch offensichtlich ist, dass Achilles die Schildkröte überholt, wenn er doch schneller ist.
Hast du denn verstanden, was ein Paradoxon ist?
Es ist ein Scheinwiderspruch. In diesem Fall besteht er eben darin, dass man zwar aus der Erfahrung "weiß", dass es so ist, man die Argumentation, warum es nicht so sein "kann" nicht (einfach) widerlegen kann.
s = v*(dt1 + dt2 + dt3 + ... dtn)
Beim Paradoxon strebt delta t gegen 0 . Damit ergibt sich eine endliche Zeit.
Mit deiner Erklärung könnte Achilles die Schildkröte zwar einholen aber nie überholen.