Warum ist Faust so bedeutsam?

8 Antworten

Die Frage sollte eigentlich heissen: Warum war Faust so bedeutsam?

Das Werk war bei seinem Erscheinen höchst umstritten und wurde erst zwei Jahrzehnte später auf der Bühne uraufgeführt. Vor allem passte das damals nicht in bürgerliche und kirchliche Wertvorstellungen. Von daher war es damals eher eine Art Protestliteratur und fand natürlich vor allem Anklang bei der Jugend.

1871 mit der Reichsgründung, also einem veränderten politischen Klima, wurde das Werk neu entdeckt und wurde zur nationalen Leitfigur, es wurde sozusagen weltanschaulich ausgebeutet.

Von daher überdauerte es auch bei den Philistern in den Oberstufen bis heute.

Nur kann die Jugend von heute, in Zeiten den Internet und Smartphone, mit dem Schinken kaum noch etwas anfangen. Kaum noch einer liesst wirklich Romane, die Kirche ist eher unbedeutend und die Bildung braucht man nur noch für die eigene Karriere und persönliche Gewinnmaximierung. Das ist der "Faust" doch nur höchst lästig, sozusagen eine Art "Faust"-Pfand für den zukünftigen dicken BMW mit Surfbrett oben drauf.

Die Frage ist hier im gf-forum vielleicht schon einmal beantwortet worden: Bitte suchen!

Ein deutscher Nationalmythos betont seiner Zeit, also im Sinne der Deutschen nur von Mitte des 18.Jhs. bis Mitte des 19.Jhs..

Das zentrale Problem sehe ich darin, dass "man" heute noch - ich höre und lese jedenfalls nie etwas Anderes - nicht versteht, nicht darüber diskutiert, dass es in diesem Werk (Faust 1 und 2) keine erlebte Liebe gibt: Es stellt die Sehnsucht nach Liebe dar! Das ist alles Goethes eigenes liebloses Schicksal eines Machos, der erst als 40-Jähriger entjungfert wird und schließlich als alter Greis eine junge Frau heiratet...

Gretchen (Faust I) ist verliebt, wird aber von Faustus (= dem von Gott Begünstigten) sexualtriebgesteuert unehelich geschwängert, obwohl er weiß, dass sie dann geächtet wird; sie ermordet ihr Kind, wird lebenslang verhaftet und "wahnsinnig" ...

Helena (Faust II) könnte als altgriechische schönste Göttin die Retterin Fausts werden, wieder ist er aber nur triebgesteuert, weil sie die schönste aller Frauen ist.

Diesen Sexualtrieb bzw. die Körperlichkeit oder Leiblichkeit zu verteufeln, ist typisch jüdisch-christlich katholisch-evangelisch, auch deutsch. Die Liebe als Vertrauen, als das Sich-ohne-Worte-gegenseitig-verstehen und Sich-gegenseitig-helfen, darin das Göttliche als Gelebtes zu erkennen, war dieser Zeit des religiösen Patriarchalismus vollkommen fremd.

I. Kant lehrte um 1800 zwar, dass man sich gegenseitig keinen Schaden zufügen dürfe - aus Gründen der gottgegebenen Vernunft (= seinen kategorischen Imperativ), aber selbst kannte er keine Gefühle, nur sinnlose Affekte (= an den Geist Angeheftetes); er hatte niemals eine Frau, lebte wie ein erster Computer mit einer überragenden "künstlich-natürlichen nur rationalen Intelligenz"!

Den Wissenstrieb des Bildungsbürgertums zu vergöttlichen, ist ebenso typisch, bis heute: Man sagt den jungen Frauen "Zuerst musst du eine möglichst hohe Ausbildung machen, dann darfst du erst lieben und schwanger werden, sonst ist dein Leben ja ruiniert!" - statt sich darum zu kümmern, dass JEDES Kind und JEDE junge Mutter materiell und ideell bestens versorgt wird, weil das Kind das höchste Gut zwischen zwei sich liebenden Menschen ist!

Die Machtgier und Habgier eines Staates zunächst als etwas Gutes darzustellen (Faust II), weil es den Fortschritt gegenüber anderen Staaten bringt, was immer das auch sein mag, ist auch typisch nationalistisch bis heute!

Im Schlussgedicht (Faust II) bekennt sich Goethe zum Weiblichen. Das Ewig-Weibliche ist das Göttliche. Das ist es, was alle Menschen, nicht nur die Deutschen wissen, aber immer verdrängen wegen ihrer eitelstolzen Männlichkeit, die einer Liebesunfähigkeit gleichkommt: Die männliche Liebe verlangt Leistung für sich (vgl. E. Fromm: Die Kunst des Liebens), weil sie die Veränderlichkeit in sich trägt, auch eine Art der Zerstörung. Aber die weibliche Liebe verlangt nichts, sie tröstet den Versagenden, sie liebt bedingungslos, deshalb ist sie die Bewahrung der Schöpfung, aber zur Machtlosigkeit verurteilt, weil sich alles immer verändert, weil nur das die männliche Liebe als Wahrheit und das Muss des Daseins erkennt, sonst gäbe es zum Beispiel gar keine mörderischen Kriege oder den Raubbau der Natur!

Und diese Erkenntnis und dieses Mitgefühl zur Erde mit dem Menschsein und die Liebe zu einer jungen Frau erfuhr Goethe erst als alter, fast lebenslang zur Lieblosigkeit verdammter Jurist und Politiker und schwärmerischer bis abgeklärter Dichter, deshalb schließt seine Tragödie "Faust" mit dem Gesang der drei weltberühmten Frauen und der Hymne an die göttliche Weiblichkeit.

< Das war nur eine kurze Darstellung zum deutschen Nationalmythos des jüdisch-christlich-patriarchalischen Materialismus mit seinem rationalistischen Idealismus.

DIE SONNE TÖNT NACH ALTER WEISE
IN BRUDERSSPHÄREN WETTGESANG

Es ist ein Stück Deutscher Kulturgeschichte. Das Goethe's Faust den Deutschen Menschen wiederspiegelt halte ich für eine unsinnige Interpretation.

Goethes Faust musste ich auchlesen.

Da must Du durch. Den Sinn in Zeiten des Internetz verstehe ich auch nicht.

Mario