Warum fällt es vielen jungen Menschen heute oft so schwer, sie selbst zu sein?
Ich bin als frommes katholisches Kind aufgewachsen und hatte "trotzdem" eine total freie Kindheit. Wir haben gesungen, haben in der Natur gespielt, haben viel Blödsinn gemacht, usw.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele in meinem Alter das nicht gemacht haben. Viele Studierende in meinem Alter sind irgendwie so extrem angepasst. Ich lebe eigentlich so weit ein recht freies Leben. Ich setze mich z.B. lieber mit meinem Laptop auf ne Picknickdecke im Park als in eine muffige Bibliothek. Aber ich werde oft so verstört angeschaut, wenn ich sage, dass ich im Park sitze und meine Arbeit schreibe.
Ich habe oft den Eindruck, dass viele in meinem Alter irgendwie richtig Erwachsen spielen wollen. Die kommen dann mit Aktentasche und ernsten Mienen in die Uni, usw.
3 Antworten
Jeder passt sich seinem Umfeld an, das ist ganz normales menschliches Verhalten nennt man Konformitätsverhalten.
Es ist generell nicht unbedingt hilfreich immer von sich auf andere zu schließen. Ich hab in meiner Studienzeit auch viel Zeit drinnen verbracht, selbst im Sommer. Ich hätte mich im Park auch gar nicht konzentrieren können, so wie ich mich damals kannte hätte ich nach 15 Minuten den Laptop zugeklappt, hätte mir ein Bier im Supermarkt geholt und hätte versucht irgendwelche Frauen anzubaggern, mich irgendwo ins Gespräch einzuschmuggeln.
Es verstellt sich auch absolut jeder ein Stück weit, niemand ist unter Menschen 1:1 die gleiche Person wie Zuhause.
Ein freies Leben beinhaltet nicht nur gegen den Strom zu schwimmen, sich alternativ zu kleiden und im Park zu sitzen, statt in der Bibliothek, sondern eben auch die Entscheidung dagegen. Möchte sicherlich Leute an deiner Uni geben, die mit ihren Entscheidungen nicht immer glücklich sind, aber auch das ist nichts neues.
Ist ja schön, dass du schon so gefestigt in deinen Vorlieben und Überzeugungen bist.
Das war früher nicht anders. Viele Jugendliche wollen "dabei sein und dazu gehören", cool sein, stark sein, modisch sein, nicht auffallen, sich anpassen ... und sind dann nicht sie selber - das ist man meist erst dann, wenn man nicht mehr nötig hat dazu zu gehören und zwanghaft ein Teil des Ganzen zu sein - oft erst mit weit über 20, wenn man selbstbewusst und sicher genug für Ehrlichkeit ist und niemandem mehr was beweisen und keinem mehr imponieren muss.
Das Thema ist wie gesagt nicht neu: Wir haben 2004 in der siebten Klasse in kath. Religion eine Vertrauensübung gemacht, wo man in sich gehen musste und sagen, wann man seine Maske absetzt - die meisten antworten ... "wenn ich alleine bin". Daran musste ich bei deiner Frage spontan denken.
spannend, dass du das „fromm katholisch“ gleich vorneweg erwähnst so als müsste das eigentlich im Widerspruch zur Freiheit stehen. Ich denke, für manche ist es angenehmer im Park/in der Natur ihre Arbeit zu erledigen und andere hingegen sind produktiver in einer Bibliothek. Das hat ja nichts damit zutun, dass sie dann weniger sie selbst sind, wenn sie das komisch finden, womit du besser klarkommst.
Ich sehe es nicht als widersprüchlich. Aber manche schon. Deswegen hab ich das trotzdem auch in Anführungszeichen gemacht.