Waren Schlesier Deutsche?
Hallo,
mein Opa kommt aus Oberschlesien, nahe Gleiwitz, heute Polen. Er sprach jedoch kein Wort Polnisch und war immer sehr erpicht darauf, als Deutscher zu gelten- er hieß jedoch Gruschka. Da das Gebiet nach 45 Polnisch wurde, war er nun Deutscher oder nicht?
4 Antworten
Schlesien ist in den Schlesischen Kriegen unter Friedrich dem Großen an Preußen gefallen. Vorher gehörte es Österreich. Und das seit 1526. Die Österreicher betrachteten sich bis zum Dritten Reich selber natürlich als Deustche (sie stellten ja auch lange den Deutschen Kaiser..). Also kurz und gut: Sollte Dein Opa nicht vor 1526 geboren sein oder einer nichtdeutschen Minderheit angehört haben, war er wohl Deutscher.
In Schlesien haben nicht nur Deutsche gelebt, wenn er einer war, dann war er einer, da spielt das heutige Polen, keine Rolle. 😅
Schlesien war ein Spielball der Geschichte und Europäischer Politik, mal österreischisch, preußisch, deutsch, polnisch regiert ... Frühe Siedler waren Germanen, Slaven und ab dem 12 Jh kamen besonders viele Deutsche in das Gebiet. Schlesier sind daher von sich aus ein eigener Menschenschlag - hier sollte man auch durchaus noch zwischen Ober und Niederschlesiern unterscheiden - die sich konfessionell aber auch sprachlich durch das Schlesische unterscheiden. Bis zum Ende des II. Weltkrieg war Oberschlesien deutsch und die Schlesier definierten sich als Deutsche. Nach dem Krieg musste Deutschlang auf Schlesien verzichten und an Polen abtreten - der Endgültige Verzicht jedoch fand unter Helmut Kohl bei der Wiedervereinigung statt, was ihm viele Oberschleser sehr übel genommen haben.
Nach dem Weltkrieg kam es auch in Schlesien zu Vertreibungen, wobei in Oberschlesien ein anderer Weg eingeschlagen wurde. Die Leute hatten die Wahl: Sie konnten bleiben und ihren Besitz behalten, müssen jedoch die polnische Staatsangehörigkeit annehmen; oder sie müssen gehen und Immobilien etc. aufgeben. Da meine Famile einen großen Besitz hatte, ist sie geblieben. Die Dorfgemeinschaft bildete dann zunächst eine deutschstämmige Enklave - man definierte sich als deutsch, auch wenn polnische Papiere ausgestellt waren. Echte Polen lehnte man ab. Bald nach dem Krieg kam es zunehmend zu Zwangspolenisierungen, indem z.B. Namen ins Polnische übersetzt werden mussten - wer sich weigerte, kam in Beugehaft. Mein Großvater mütterlicherseits wollte den Familiennamen Hals nicht in Szya übersetzen lassen, war daher in Haft wo er mißhandelt wurde und nach mehreren Monaten mit gebrochenem Willen der Übersetzung zustimmte - vielleicht ein Grund warum Dein Großvater einen polnisch klingenden Namen hat - wobei das ohnehin ein Mischgebiet war, wo auch tschechische, deutsche, polnische ... Namen immer irgendwie vertreten waren.
Als Kind wurde mir mehrfach klar gemacht, dass ich ein Deutscher und keinesfalls ein Pole bin - nach all dem Leid wollte man sich nicht mit den Polen identifizieren. Als Spätaussiedler kam ich dann 86 mit 5 Jahren nach Deutschland, wo unsere Familie sofort als deutsch anerkannt wurde und alle Namen wieder ins Deutsche übersetzt wurden. Heute lebt die Hälfte der Großfamilie in Deutschland und die andere in Oberschlesien. Die in Deutschland definieren sich als deutsch, die im heutigen Polen eher polnisch - zumindest scheinen die Wunden des Krieges da geheilt zu sein, so dass sich zumindest vor Ort Polen und Schlesier wieder normal begegnen können - wenngleich die polnische Regierung immer wieder gegen Deutschland "schießt". Kurz um: Je nach zu betrachtender Epoche wirst Du den Schlesier anders definieren. Wenn mich jemand fragt: Ich bin deutschstämmiger Oberschlesier und weiß, dass dieses Volk eine eigene Geschichte und ein markiges Wesen hat.
https://www.youtube.com/watch?v=FSmgPs8VTHs
Btw: es gibt auf youtube gute Reihe zur Nachkriegszeit ->
Natürlich war er Deutscher.
Viele Einwohner von Schlesien hatten polnische oder tschechische Vorfahren, was an ihren Familiennamen zu erkennen war.