Unterschiedliche Vorstellung einer Beziehung?
Hallo zusammen,
mein Freund (24) und ich (23) führen nun seit Jahren eine Fernbeziehung. Wir wohnen knapp 2 Stunden entfernt und besuchen uns jedes Wochenende gegenseitig. Zwischenmenschlich passt es wie die Faust auf's Auge und ''eigentlich'' bin ich wirklich sehr glücklich mit ihm. Er ist super aufmerksam, liebevoll und überrascht mich auch oft hier und da mit Kleinigkeiten. Wir haben den selben Humor und die selben Werte die uns wichtig sind. Wir hatten in den 2 Jahre Höhen und Tiefen, jedoch haben wir diese immer zusammen gemeistert. Er wohnt noch zu Hause, da seine Familie auf dem Grundstück einen Familienbetrieb besitzt. Ich muss sagen, dass mich das irgendwie schon immer gestört hat, dass er in diesem Alter noch zu Hause wohnt, aber daran sollte es nicht scheitern. Sie haben keine Mitarbeiter mehr, sein Vater ist sehr krank und kann nicht mehr viel machen. Er versucht das alles alleine am laufen zu halten und es sieht momentan auch nicht so gut aus. Es war schon immer sein größter Wunsch selbstständig zu sein. Sein Vater wollte die Firma vor vielen Jahren verkaufen, hat es aber nicht getan meinem Freund zuliebe, weil er das immer schon weiterführen wollte. Ihn belastet das alles extrem und es kam auch schon vor, dass er wegen dem ganzen Druck zusammengebrochen ist. Aber mich belastet das auch. Ich habe das Gefühl, er denkt nur an die Arbeit und wohnt mit 30 noch zuhause. Er sagt, erst muss er dafür sorgen, dass für alle genug da ist und dann wird es entspannter. So stelle ich es mir aber nicht vor. Wir sind ein junges Paar, ich will mit ihm tolle Momente erleben.. Ich würde auch mal gerne mit ihm in den Urlaub (waren wir auch noch nicht, aber auch Covid bedingt). Er sagt mir immer er macht das auch gerne mit mir, aber er ist halt nicht so der totale spontane ''Reisetyp'' der ständig bock hat irgendwas zu machen oder nur an Urlaub denkt, jedoch weiß ich das er alles mit mir machen würde, mir zuliebe. Von ihm kommt halt null Eigeninitiative bei sowas. Auch was die gemeinsame Zukunft angeht haben wir halt noch absolut keinen Plan. Also ich schon, er aber nicht habe ich das Gefühl. Es steht immer nur die Firma im Vordergrund und wenn ich ihm das sage, dann eskaliert es immer, weil er meint ich bin undankbar und ungeduldig und es dreht sich immer nur um mich. Mich stört es nicht wenn das ganze noch 1-2 Jahre so weiterläuft mit der Fernbeziehung. Jedoch habe ich das Gefühl, ich spiele nur eine Nebenrolle und muss warten bis er ''fertig'' ist. Ich will wirklich unbedingt mit ihm zusammen bleiben. Habe aber Angst, dass ich nicht glücklich werde. Das klingt vielleicht alles etwas egoistisch und eigentlich sollte ich in solchen Zeiten für ihn da sein, aber versteht mich vielleicht jemand, dass es auch keine einfache Situation für mich ist? Bin ich vielleicht zu anspruchsvoll und ungeduldig? Klar kann man sagen, wenn es mir nicht passt, dann soll ich mich trennen, ich liebe ihn aber sehr und eigentlich passt es ja. Was soll ich nur tun.. :(
Warum ziehst du denn nicht zu ihm ?
Ich kann mir das leider aktuell nicht vorstellen.. Ich mag seine Familie, aber ich kann mir nicht vorstellen mehr Zeit mit seiner als mit meiner Familie zu verbringen..
7 Antworten
Liebe junge Dame,
wenn wir uns in einer Situation befinden, die für uns unangenehm oder gar schlimm ist, dann haben wir - wie alle Menschen - nur 3 Optionen:
- Wir verändern die Situation zu unseren Gunsten
- wir akzeptieren die Situation und das dazugehörige Leiden
- wir steigen aus
Zu einem Liebespaar gehört die gemeinsame Lebensplanung, das "gemeinsame Ziehen am Strick". In Eurem Fall bedeutet das, dass Du ihn ggf. vor Ort - wie auch immer - bei seinen Aufgaben unterstützt. Wenn Du Dich dafür entscheidest, würdest Du Eure Situation verbessern.
Ich selbst kann eine Aufgabe - zu der sich Dein Freund entschieden hat - nur aktiv mit meiner Zeit und mit meiner Energie unterstützen, wenn ich darin einen Sinn sehe. Ich brauche eine Hoffnung, dass es besser wird und es also gut ist, auch in schweren Zeiten diese Aufgabe treu durchzuziehen. Noch hat Dein Freund diese Hoffnung, vermute ich. Deswegen hält er durch und tut, was er meint tun zu müssen. Du hältst treu zu ihm und erleichterst ihm seine Aufgaben - oder nicht.
Vielleicht hat sich Dein Freund in eine Aufgabe verrannt, die zu keinem guten Ergebnis führen wird. Aber das ist seine Sache und er muss das irgendwann erkennen. Es reicht nicht, wenn Außenstehende skeptisch sind.
Wenn Du ihn bei seinen Aufgaben nicht unterstützen kannst - oder willst - dann versuche nicht, ihn irgendwie von seinen Aufgaben (z.B. durch Urlaub) wegzuziehen, denn offensichtlich empfindet Dein Freund das als kontraproduktiv.
Wenn Du ihn bei seinen Aufgaben nicht unterstützen kannst - oder willst - dann bleiben Dir nur noch Option 2 oder 3.
Danke für deine wertvollen Worte. Das hilft mir sehr weiter!
Wenn ich das so lese, dann denke ich, dass das Ganze im Wesentlichen ein typischen Mann-Frau-Missverständnis ist.
Er möchte den Betreib gern vorwärts bringen, weil er 1. diese Arbeit gern tut und 2. dir damit auch was bieten will (materiell gesehen) und du willst eigentlich gar nicht unbedingt den großen materiellen Erfolg sondern lieber Zeit mit ihm verbringen. Beide Ansätze sind aber gleichermaßen richtig und wichtig.
Ich bin mir ziemlich sicher, du würdest auch nicht glücklicher sein, wenn er seinen Betrieb und auch seine Familie vernachlässigt und am Ende bei Hartz4 landet. Aber es ist natürlich auch klar, dass er auch dich und deine emotionalen Bedürfnisse (das Bedürfnis nach gemeinsam verbrachter Zeit, einem gemeinsamen Urlaub o.ä.) nicht vernachlässigen darf. Ich fürchte diese "Doppelbelastung" überfordert ihn im Moment (vor allem wenn der Betrieb nicht gut läuft und viel Investitionen in Form von Arbeitszeit und Energie abverlangt ist das verständlich).
Ich fürchte du musst wirklich etwas geduldiger mit ihm sein. Vielleicht könnte es auch eine Idee sein, dass du ihm bei seiner Firma tatkräftig hilfst. Besteht für dich vielleicht die Chance in seiner Nähe eine eigene Wohnung und einen Job zu bekommen? Wenn ihr nahe genug beieinander wohnt, dass du nach deiner Arbeit noch zu ihm fahren kannst um ihn mit deiner Kraft zu unterstützen (vielleicht etwas Büroarbeit machst oder je nachdem um was für eine Art Betrieb es sich handelt auch etwas anderes) dann habt ihr dabei auch miteinander verbrachte Zeit und er spürt wie wichtig er und sein Erfolg auch dir ist. So etwas kann dem Selbstvertrauen eines Mannes einen enormen Schub geben. Wenn er wirklich merkt, dass du an ihn und seinen Erfolg glaubst und dabei mitarbeiten willst, wird euch das auf jeden Fall stärker zusammenschweißen.
Ich kann das schon irgendwie nachvollziehen, denn ich selbst sehe mich auch als ziemlich liberal und weltoffen an. Aber die Frage betrifft ja deine gesamte Zukunft. Deswegen gibt es eine ganze Reihe Fragen, die du dir selbst stellen kannst, z.B.:
Mit wem willst du die Zukunft denn teilen? Mit deinen Eltern? Oder mit deinem Freund? Und mit wem will dein Freund seine Zukunft verbringen? Mit seiner Familie? Oder mit dir?
Ist dein Freund genauso konservativ wie seine Eltern? Wenn es bei ihm zumindest in diese Richtung geht, würde eine gemeinsame Zukunft mit ihm dann auch eher in eine konservative Richtung gehen? Und würdest du das wollen?
Und wenn das nur seine Eltern betrifft, er selbst aber eher so weltoffen ist wie du, siehst du in konservativem Denken etwas grundsätzlich Falsches, oder ist es für dich akzeptabel dass nicht jeder, mit dem du Umgang hast, so liberal und weltoffen ist wie du? Oder anders gefragt: Kannst du seine Eltern als Teil deines Lebens überhaupt akzeptieren?
Denn wenn man das Ganze mal bis zu einer möglichen Hochzeit zu Ende denkt, ist es ja so, dass seine Eltern deine Schwiegereltern werden und somit unverrückbar Teil deines Lebens sein und bleiben werden. Und das gleiche gilt auch in Bezug auf deine Eltern für ihn. Geht das zusammen?
So wird das nicht klappen, wenn keiner Kompromisse machen kann, oder will.
Definitiv. Die Bereitschaft aufeinander zuzugehen und sich auf einen Kompromiss oder Konsens zu einigen muss auf jeden Fall bei beiden Partnern vorhanden sein, wenn eine Beziehung klappen soll.
Das kann nur er selbst entscheiden, ob es wirtschaftlich überhaupt lohnt, diesen Betrieb aufrecht zu erhalten. Aber gerade bei vielen Selbständigen ist der "Betrieb" als Altersvorsorge gedacht, und der bisherige Eigentümer ist dann darauf angewiesen, dass sein Nachfolger leistungsfähig ist.
Das ist aber bisher sehr oft auch ins Auge gegangen. Du schreibst ja nicht um WELCHEN Betrieb es sich handelt. Das kann auch sehr schnell ein "Klotz am Bein" sein
Das klingt nicht egoistisch sondern ist genau richtig. Das wichtigste im Leben ist glücklich sein. Wenn du mit der Situation bzw. mit Ihm nicht glücklich bist und Zweifel hast, dann lass dich nicht aufhalten deine Träume zu verwirklichen. Es gibt genug Fische im Meer. Such dir einen der die selben Ansichten hat und mit dir schöne Dinge macht und die Welt bereist :)
Manchmal hängen die Trauben so hoch,dass das Kind in den Brunnen fällt.
Wenn du nicht zu ihm ziehen willst, dann macht das für mich keinen Sinn mehr. Er lebt ja sozusagen für deine Firma und wird von daher wohl kaum seinen Wohnort wechseln. Vor allem wenn sein Vater krank ist.
Das ist es ja.. Er sagt immer, dass er auch nicht ewig in diesem Ort wohnen bleiben möchte und deshalb will er es nun soweit bringen, dass er irgendwann auch nicht mehr so daran gebunden ist..
Das ist eine Illusion, die er sich schönredet. Wann soll das denn sein?
Ich sehe das genauso.. er hat es sich aber schon so sehr in den Kopf gesetzt, sodass er sich von nichts und niemandem aufhalten lassen will.
Deine Tipps sind echt toll, danke! Darüber habe ich sogar auch schon nachgedacht, nur kann ich mir nicht vorstellen meine Familie dafür zu ''verlassen'' und mir gefällt halt auch die Lebensweise seiner Familie nicht so sehr, dass ich mir vorstellen kann dass das meine Zukunft ist. Meine Familie ist sehr locker, weltoffen und entspannt. Seine hingegen eher etwas konservativ und altmodisch. Ohje, das klingt ziemlich gemein, aber das ist der Grund weshalb ich mir nicht vorstellen kann die meiste Zeit mit seiner Familie zu verbringen.. Vielleicht sind das aber auch doofe Gründe ihm da nicht entgegen zu kommen, weil es geht ja um ihn..