Theodizee und Lösungsansätze?

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1) Philosophielexika geben an, was genau unter bestimmten Begriffen verstanden wird, wobei in Bezug auf Probleme des 18. Jahrhunderts eine (auch) geschichtliche Darstellung wichtig ist. Zum Teil gibt es auch ein weit auseinandergehendes Verständnis.

Determinismus stammt vom lateinischen Verb „determinare“ („abgrenzen“, „bestimmen“), wobei das französische Substantiv „déterminisme“ Vorbild war. Determinismus ist in der Naturphilosophie/den Naturwissenschaften die Auffassung, alles sei durch unabänderliche Naturgesetze bestimmt. Die Wirklichkeit sei durchgehend gesetzmäßig bestimmt. Daher sei alles Geschehen aus Wirkursachen her (Kausalität) erklärbar und als zukünftige Ereignisse grundsätzlich vorhersehbar

Determinismus ist im Bereich der Anthropologie und Ethik (in Bezug auf die Frage einer Willensfreiheit) jede theoretische Annahme, bei der die das Wollen determinierenden (bestimmenden) Motive (Gründe) als zwangsmäßige beschrieben werden. Notwendige äußere oder innere Ursachen bestimmen nach dieser Lehre die Handlungen, ohne eine Freiheit des Willens. Dabei gibt es Varianten, ob dies durch ein Schicksal/allmächtige Gottheiten geschieht oder durch feststehende Naturgesetze, bei denen zwingend in einer Abfolge Vorgänge aufgrund einer Ursache-Wirkung-Kette (Kausalität) eintreten (notwendiger Weltverlauf aufgrund von Ausgangsbedingungen und Naturgesetzen). Theologischer Determinismus hält das Wollen der Menschen für durch Gott vorherbestimmt.

Alois Halder, Philosophisches Wörterbuch. Mitbegründet von Max Müller. Völlig überarbeitete Neuausgabe. Freiburg ; Basel : Herder, 2000 (Herder Spektrum ; Band 4752), versteht S. 74 – 75 unter Determinismus allgemein die Auffassung der durchgängig gesetzmäßigen Bestimmtheit der Wirklichkeit, so daß alle Vorkommnisse aus ihren Wirkursachen her (Kausalität) erklärbar, deshalb auch zukünftige Ereignisse grundsätzlich vorhersagbar sind. In besonderem meine Determinismus die Lehre, die menschlichen Willensbewegungen seien in ihrer Zielrichtung durch die äußeren oder inneren Umstände notwendig vorbestimmt, so daß es Freiheit des Willens nicht geben könne.

Rainer Kuhlen/Christa Seidel/Nelly Tsouyopoulos, Determinismus. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2: D – F. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1972, Spalte 150 – 155 weisen Spalte 151 darauf hin, Determinismus und Indeterminismus seien seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts übliche Bezeichnungen für die Problematik.

S. 151 – 152: „Während DESCARTES in der vierten Determination die totale Unbeschränkheit der Entscheidungsfreiheit verteidigt, versucht LEIBNIZ Determination und Willensfreiheit durch die Unterscheidung von absoluter und hypothetischer Notwendigkeit zu vereinbaren. Mit Descartes gibt Leibniz zu, daß die Zukunft determiniert sei, doch ist für ihn diese »Bestimmung« »mit der Zufälligkeit keineswegs unverträglich«, da nur die Vernunftwahrheiten absolut notwendig, die Tatsachenwahrheiten dagegen nur hypothetisch notwendig seien. Sein Determinationsbegriff schließt Kontingenz und Freiheit ein; der menschliche Wille ist dadurch frei, daß er nur von sich selbst abhängig ist, was Leibniz durch die »Fensterlosigkeit« der Monaden erklärt, die als Substanzträger sich allen äußeren Einflüssen entziehen und nur nach ihnen immanenten Gesetzen handeln.“

Idealismus ist ein sehr vielfältig verwendeter Begriff, am stärksten auf dem Gebiet der Philosophie.

Idealismus ist eine philosophische Richtung, die Ideen eine wesentliche Bedeutung zuspricht Er kann auf mehreren Gebieten und in Varianten auftreten. Eine grobe Auffächerung:

a) Metaphysik/Ontologie: Wahres Sein hat nur die Idee/der Geist/das Geistige als Vernunft und/oder Wille. Das Wesen der Welt liegt darin. Ideen/das Geistige sind ein letzter Grund des Geschehens. Idealisten gehen davon aus, die wahrnehmbare Wirklichkeit sei ein Abbild von Ideen bzw. von Prinzipien (die auch Materie organisieren) durchwirkt (objektiver Idealismus) oder materielle Dinge/die sichtbare Welt seien erst durch Ideen/geistige Einflüsse entstanden und deren Erscheinungsformen, wobei das Bewußtsein das Sein bestimmt (subjektiver Idealismus). Gegensatz zum Idealismus ist ein Materialismus.

b) Erkenntnistheorie: Die Außenwelt ist dem Subjekt nicht fertig vorgegeben, sondern sie wird erst über Ideen erkannt (das Denken kann diese als etwas Bestimmtes erfassen bzw. das Subjekt konstruiert die im Bewußtsein bestehende Welt, die von seinen Setzungen abhängt, an eine andere, von unserer Sichtweise völlig unabhängige Welt kommen wir nicht heran). Gegensatz zum Idealismus ist Empirismus. Besonders im Mittellalter gab es eine Auseinandersetzung über die Einstufung der Allgemeinbegriffe (Universalienstreit). Idealisten sahen in den Allgemeinbegriffen (Universalien lateinisch = universalia) etwas Wirkliches, das den Dingen vorausgeht. Die Überzeugung von einer solchen Wirklichkeit (Realität) der Ideen wurde Realismus (Ideenrealismus) genannt. In diesem Zusammenhang sind also die Realisten die Idealisten. Gegensatz zum Idealismus = Realismus war der Nominalismus. Die Nominalisten hielten die Einzeldinge für die wahre Wirklichkeit, die Allgemeinbegriffe für bloße Namen (Name lateinisch = nomen) und nicht außerhalb der Einzeldinge existierend außer in Gedanken von Subjekten.

c) Ethik und Ästhetik: der ethische Idealismus glaubt an die absolute Gültigkeit ethischer Werte (Ideale). Der ästhetische Idealismus sieht das Ziel der Kunst darin, Ideen darzustellen und Ideale zum Vorschein zu bringen.

Noch weiter wird der Bedeutungsspielraum, wenn auch ein Standpunkt, der „ideas“ (Vorstellungen) den grundlegenden Ausgangspunkt des Erkennens hält, als Idealismus gilt, denn darunter fallen dann sowohl Rationalisten als Empiristen.

Oswald Schwemmer. Idealismus. In: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Herausgegeben von Jürgen Mittelstraß. Banmd 3: G – Inn. 2., neubearbeitete und wesentlich ergänzte Auflage. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2008, S. 505 – 508 gibt an, Leibniz bezeichne diejenigen als Idealisten, die - wie Platon und er selbst – die Seele nicht als materielles Ding auffassen.

Kernkonzeptionen von Idealismus seien:

  • Erkenntnistheorie: Unmittelbares Objelt der Erkenntnis sind nicht die realen, d. h. subjektunabhängig gleichbleibenden Dinge, sondren unsere „Ideen“, unsere Vorstellungen.

  • Ethik: Angenommen/praktisch wirksam unterstellt wird, daß Menschen durch Überlegungen, die um Einhaltung eines allgemeinen Anspruchs auf Verläßlichkeit und Verbindlichkeit bemüht sind, ihr Handeln begründen und regeln können und sollen.

Hermann Zeltner, Idealismus. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 4: I – K. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1976, Spalte 30 gibt an, in polemischer Nedeutung sei „Idealismus“ zunächst Gegenbegriff zu „Materialismus“, später auch zu „Realismus“.

„So stellt LEIBNIZ Epikur und Platon als Materialisten und Empiristen einander gegenüber; Platons I. vertritt dabei die durch die innere Erfahrung gestützte These, daß alles in der Seele geschieht, als ob es überhaupt keinen Körper gäbe, während der Materialismus alles im Körper gesschehen läßt, als ob es überhaupt keine Seele gäbe. Leibniz löst dieses Dilemma durch seine Lehre von der prästabilierten Harmonie.“

Albrecht  07.03.2011, 03:54

2) Determismus und Idealismus sind Begriffe, die auf unterschiedliche Fragestellungen bezogen sind. Der Standpunkt bei dem einen Thema bedingt nicht einfach den im anderen. Leibniz ist in seiner Theodizee sowohl Idealist als auch Determinist. Da er seinen Determinismus als mit Freiheit vereinbar darstellt, kann er nach einer heutigen Bezeichnung als Kompabilitist (Kompatibilismus ist der Standpunkt, Willensfreiheit und Determinismus seinen miteinander verträglich, wobei diese Vereinbarkeit erteicht wird, indem der Freiheitsbegriff auf irgendeine Weise im Vergleich zu einem Standpunkt des Inkompabilitismus abgeschwächt ist) eingeordnet werden.

Hans Poser, Leibniz. In: Großes Werklexikon der Philosophie. Herausgegeben von Franco Volpi. Stuttgart : Kröner, 1999. Band 2: L - Z, Anonyma und Sammlungen, stellt S. 895 – 896 „Essais de Théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l' homme et l' origine du mal“ (Abhandlungen über die Theodizee, über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Übels) dar.

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Albrecht  07.03.2011, 03:55

S. 896: „Mit der Rechtfertigung des moralischen Übels als Preis der Freiheit verschärft sich zunächst das Ausgangsproblem, denn wie soll der Mensch frei sein, wenn Gott diesen Weltlauf frei ausgesucht hat? L. antwortet hierauf mit der Auffassung, daß auch die möglichen freien Entscheidungen Bestandteil der möglichen Welten sind. Wenn Gott einen Weltlauf auswählt, so mit diesen freien Entscheidungen (I. 52). Er sieht sie voraus, aber er determiniert sie nicht. Deshalb bringt jedes Inidviduum seine Willenshandlungen spontan und aus sich heraus hervor (I. 65); und wenn dieses Handeln auf vernünftigen Gründen beruht und in dem Maße, in dem dies der Fall ist, ist die Handlung frei (III. 349). L. bettet seine Überlegungen in das Ganze seiner Monaden-Metaphysik ein: Die Seelen als das, was eigentlich geschaffen ist, befänden sich in prästabilierter Harmonie, weil sie bei aller Unabhängigkeit, die sie als Substanzen besitzen, Teil eines Weltplanes sind. Diese Harmonie gilt aber auch für das Verhältnis von Seele und Körper, weil jede Seele den Körper repräsentiert (III. 365; Disc. Prél. 10). Da die Vorgänge der Körperwelt als Phänomene naturgesetzlich und kausal ablaufen, während die göttliche Wahl der Welt, die sich in den Substanzen ausdrückt, auf Zwecken (nämlich auf dem Prinzip des Besten) beruht, ist die prästabilierte Harmonie zugleich eine universelle Harmonie zwischen dem Reich der Natur und dem Reich der Zwecke als Reich der Gnade (III. 18).“

Angegebene Literatur:

Lothar Kreimendahl, Gottfried Wilhelm Leibniz : die Theodizee. In: Lothar Kreimendahl, Hauptwerke der Philosophie, Rationalsmus und Empirismus. Stuttgart : Reclam, 1994 (Universal-Bibliothek : Interpretationen ; 8742), S. 351-384

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Albrecht  07.03.2011, 03:55

Stefan Lorenz, Theodizee. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 10: St –T. Basel : Schwabe, 1998, Spalte 1066 – 1067:

„Leibniz' metaphysischem Optimismus […..] zufolge wählt Gott als das vollkommene Wesen aus einer Vielzahl prinzipiell möglicher und gleichsam zur Wirklichkeit strebenden Welten diejenige aus, die die bestmögliche ist, und bringt sie zur Wirklichkeit. Kriterium ist dabei die optimale Seinsfülle […]. Obwohl Gott unfehlbar nach dieser Regel des Besten (»règle du meilleur«) und nach dem Prinzip des zureichenden Grundes handelt, bleibt diese geschaffene Welt kontingent (da andere Welten möglich sind) und Gott in seinen Handlungen frei, auch wenn er sich an bestimmte Regeln hält. Denn gerade darin besteht seine größte Freiheit. Gott ist nicht zur Schaffung dieser einen Welt nezessitiert, er verwirklicht sie aber kraft seiner Weisheit, geleitet von dieser »moralischen«, der »hypothetischen« Notwendigkeit, die von der absoluten Notwendigeit unterschieden ist. Das Übel und die Zweckwidrigkeiten erscheinen in dieser Konzeption als Mitfolgen eines Totaldekrets über die Schaffung eines bestmöglichen Weltsystems (»Car il faut savoir que tout est lié dans chacun des Mondes possibles«). Gott will das Übel nicht, läßt es aber zu: »ein Gegner wird sagen, die Welt hätte ja sündlos und ohne Leiden sein können, aber was ich bestreite, ist, daß sie dann besser wäre … Wenn somit das geringste Übel, das in die Welt eintrifft, fehlte, es wäre nicht mehr diese Welt, die, alles in allem, von dem sie auswählenden Schöpfer als die beste befunden worden ist«.“

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Albrecht  07.03.2011, 03:56

Erläuterungen zur Frage des Determinismus stehen in Büchern über Leibniz, z. B.:

Michael-Thomas Liske, Gottfried Wilhelm Leibniz. Original-Ausgabe. München : Beck, 2000 (Beck'sche Reihe : Denker ; 555), S. 108 - 149 (IV. Determinismus)

S. 111: „In mehrfacher Hinsicht führt Leibniz' Aufassung von einem vollständigen Individualbegriff mithin zu einem Determinismus. Zum einen, weil der zeitlose Begriff die Gleichwertigkeit der Zeitstufen erforderlich mach: es ist im voraus eben so gewiß gewesen, daß ein Ereignis geschehen wird, wie es nachher gewiß sein wird, daß es geschehen ist (z. B. Theod. I § 36). Zum anderen bedeutet die Vollständigkeit, daß dieses Individuum durch diesen Begriff in den universalen Kontext der (jeweiligen möglichen) Welt eingeordnet wird, im Begriff mithin seine Beziehungen zu allen mit ihm koexisitierenden Individuen sowie der betreffenden Sachverhalte impliziert sind. Damit drückt sich aber in diesem Begriff der universale Zusammenhang aus, daß alles mit allem zusammenhängt, der dazu erforderlich ist, daß jeder akausale Zufall ausgeschlossen ist.“

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Albrecht  07.03.2011, 03:57

3) Sind Lösungsansätze gesucht, die sowohl deterministisch als auch idealistisch sind?

Jonathan Edwards, Freedom of will (1754) hat einen Ideaismus und einen theologischen Determinisnus vertreten.

Christian Wolff hat sich stark an Leibniz angelehnt.

Immanuel Kant, Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee (1791) hat das Problem als für die Philosophie unlösbar dargelegt. Kant hat einen transzendentalen Idealismus vertreten (zum Teil auch als kritischer Idealismus bezeichnet) und war zumindest in praktischer Hinsicht Indeterminist (in Bezug auf die Welt der Erscheinungen hat er zugleich einen Determinismus vertreten). Anders als mit Willensfreiheit, eine Kausalität durch/aus Freiheit, ausgestattet kann ein Subjekt sich und seine Vernunft nicht verstehen. Ausgangspunkt ist widerspruchsfrei denkbare, damit logisch mögliche transzendentale Freiheit, eine „Unabhängigkeit dieser Vernunft selbst (in Ansehung ihrer Kausalität, eine Reihe von Erscheinungen anzufangen) von allen bestimmenden Ursachen der Sinnenwelt" (Kritik der reinen Vernunft A803/B831). Kant hat offengelassen, wie es sich beim Ding an sich verhält.

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Linasophie 
Fragesteller
 07.03.2011, 08:41
@Albrecht

Lieber Albrecht,

zunächst einmal VIELEN LIEBEN DANK!!! Du hast mir sehr viele hilfreiche Ansätze genannt und mir auch geholfen den Begriff "Idealismus" besser einzuordnen. Ich bin so dankbar, dass kompetente Menschen wie Du sich bereit erklären und soviel Zeit investieren! zu den Lösungsansätzen hätte ich aber dennoch eine Frage:

Die Personen, die ich behandeln werde sind: Leibniz- ihn kann ich mitlerweile gut einordnen.

Newton: es gab ja im 18 Jh. zwischen Leibniz und Samuel Clarke einen Briefwechsel, da Leibniz Newtons "Gravitationstheorie" angegriffen hatte und Newton mit Leibniz strikte Trennung in Metaphysik und analytische Mechanik nichts anfangen konnte. Aber was war dann mit Newton und seine Meinung zu Theodizee?War er idealist oder determinist oder keins von beiden? Wo könnte ich ihn denn unterbringen?

Voltaire: Ich wollte dann als weiteren Lösungsansatz das Roman "Candide" erwähnen. Wäre das ein idealistischer oder deterministischer Lösungsansatz oder keins von beidem? Er sagt ja zum Schluss im Roman: "il faut cultiver son Jardin". Meint Candide damit, dass die Theodizee Frage den Verstand des Menschen übersteigt und er sich diese Fragen garnicht stellen soll?

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strandparty  07.03.2011, 10:54
@Linasophie

@Linasophie

Du solltest aber auch schreiben, dass eine Diskussion von Determinismus, Indeterminismus und Idealismus den Kern des Theodizee-Problems verschleiert. Diese Diskussion ist nicht hilfreich, allenfalls bzgl. der Frage des Freien Willens. Außerdem, wie bereits unten geschrieben, sind viele damalige Argumente durch die Erkenntnissen der Quantenmechanik obsolet geworden.

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Albrecht  13.03.2011, 23:26
@Linasophie

Isaac Newton ist zwar über weite Strecken empirisch vorgegangen, die war aber mit der Annahme der Existenz Gottes als eine höchste Intelligenz und allmächtigen Wesen verbunden. Insofern ist seine Weltsicht idealistisch und deterministisch. Ein besonderes Werk zum Problem der Theodizee von Newton kenne ich nicht.

Voltaire war ein Deist, mit einer Einstellung zwischen materialistischen Atheisten und optimistschen und an Offenbarung glaubenden Theisten.

Der Roman Candide ist eher eine Stellungnahme (mit satirischem Spott) als ein Lösungssansatz. Voltaire hat sich in der Erkenntnistheorie stark an englische Empiristen, vor allem John Locke angelehnt. Wenn Idealismus einen weiten Bedeutungsspielraum hat, kann diese Art Empirismus auch als idealistisch beezichnet werden. Ich deute die Ausage am Ende „Wir müssen unseren Garten bebauen/bestellen“ als eine Hinwendung zum praktischen Tätigsein. Eine ausdrückliche Meinung, sich diesen Fragen überhaupt nicht stellen zu sollen, ist nicht enthalten.

Voltaire verhielt sich beim manchen Fragen skeptisch btw. agnostisch. Er scheint beim Thema Willensfreiheit zumindest zeitweilig etwas geschwankt zu haben. Sein Standpunkt ist deterministisch, aber nicht radikal, sondern mit einem abgeschwächten Freiheistbegriff (Freiheit als die Fähigkeit zu tun, was wir wollen) verbunden.

Ein kleiner früher philosophischerer Roman (1747): Zadig ou la destinée (Zadig oder das Schiclsal)

Zu beachten sind Artikel Voltaires (Franc Arbitre, Destin Dictionnaire, Puisssance, toute-puissance) in seinem Werk Dictionnaire philosophique portatif (Philosophisches Taschenwörterbuch), 1764.

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Idealismus kann man bei Leibnitz ausmachen, da er "Gott" als die Quelle und den Erhalter allen Lebens ansieht und materielle Existenz als Schöpfung der geistigen Entität. Determinismus kann man ihm unterstellen, als er davon ausgeht, dass der 'göttliche Wille' eineindeutig ist und wir uns als Menschen dazu nur verhalten können, d.h. die Vorstellung einer wirklichen Freiheit ist objektiv falsch, weil bereits im göttlichen Plan eingewoben. Sie erscheint uns nur subjektiv, weil uns der Blick in die Zukunft versperrt ist und wir so der Illustion unterliegen, in eine offene Zukunft hinein zu entscheiden. Doch unsere Zuweisungen von 'gut' und 'böse' sind relativ, auf unser begrenztes Wissen und Empfinden bezogen und immer mit dem Mangel des nicht vollkommenen Wissens behaftet, sodass wir eigentlich über Gott und seine Schöpfung gar nicht urteilen können.

Ich empfehle, vor allem zu Leipnitz den historischen Teil zu lesen. Leipnitz wird am Ende des 30jährigen Krieges geboren. Deutschland ist verwüstet. Man schätzt, dass die Bevölkerung insgesamt auf ca. 21 Mio. auf ca. 13 Mio geschrumpft ist, ganze Landstriche waren entvölkert. Das durch einen Religionskrieg! Magdeburg war von den Katholischen geschleift worden, Mord, Vergewaltigung und nachfolgend Elend. Als Protestant war er dennoch lange Jahre im Dienst des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn. Ein anderer 'Dienstherr' war Ernst August von Hannover. Es besteht die Vermutung, dass seine 'Metaphysik' von diesen Kontakten geprägt war, denn eine verschärfte Religionskritik hätte auch seine Dienstherren getroffen.

Es ist interessant, dass Voltair seine Kritik an Leipnitz in einen Roman "Candide" gepackt hat, eine Erzählform, die anders als die theoretische Abhandlung den Emotionen viel mehr Raum gibt, die Leipnitz 'theoretisch' wegdefiniert hat.

Albrecht  07.03.2011, 04:07

Die Aussage im zweiten Satz über eine objektiv falsche Vorstellung wirklicher Freiheit der Menschen ist keine zutreffende Wiedergabe der Gedanken, die Leibniz entwickelt hat. Leibniz versucht, Determinismus und Freiheit zu vereinbaren (vgl. meine Antwort).

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berkersheim  07.03.2011, 12:02
@Albrecht

@Albrecht

Zu meinen Ausführungen: Ich habe einen Versuch gemacht, wie Leipnitz für sich selbst die Widersprüchlichkeiten als gelöst betrachtet haben k ö n n t e. Dabei beziehe ich mich auf Hans Joachim Störigs „Kleine Weltgeschichte der Philosophie 1 S. 341 - 344“, wo es zur Monadenlehre heißt: „1. Die Monaden sind Punkte. Das heißt, der eigentliche Urgrund des Seienden sind punktförmige Substanzen. ... 3. Die Monaden sind Seelen. ... Die höheren Monaden, wie die Menschenseele, haben Bewusstsein. Die höchste Monade, Gott, hat ein unendliches Bewusstsein, Allwissenheit. .. 4. Die Monaden sind Individuen. ... jede (Monade) spiegelt das Universum auf ihre eigene, einmalige Weise, und jede ist potentiell, der Möglichkeit nach, ein Spiegel des ganzen Universums.“

Wenn Gott als allumfassende, setzende und allwissende Monade sozusagen den ‚objektiven’ Hintergrund bildet, dann ist die Spiegelung nicht diese objektive Wirklichkeit, sondern ein individueller Eindruck, der eigene Entscheidungen selbst als ‚gut’ oder ‚böse’ und vermeintlich frei gewählt empfindet, da die Monaden je in sich abgeschlossen sind. Freiheit ist also demnach eine persönliche, auf sich allein bezogene Spiegelung eines objektiven Hintergrundes ohne dass bewusst ist, dass nur ein objektiver Hintergrund als vermeintlich persönlich mitgestaltbar gespiegelt wird.

Voltair zeigt in seinem Roman als Gegensatz dazu, dass Übel nicht nur von persönlichem Wollen und Spiegeln her gesehen werden kann, sondern ohne Wollen der Betroffenen diese z.B. in Gestalt eines unbarmherzigen Erdbebens (Lissabon) viele gleichzeitig trifft und es eine Blasphemie ist, das Leid der vielen in Monaden zu zerstückeln und jeder ja etwas anderes hätte wollen können.

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Die Theodizee-Frage Theodizee (=Rechtfertigung Gottes) ein von Leibniz gefundener Begriff (1710). Eine prägnante, oft zitierte Formulierung des Probl ems vom guten und allmächtigen Gott lautet: Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht: Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft, Oder er kann es und will es nicht: Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist, Oder er will es nicht und kann es nicht: Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott, Oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt: Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg? Kann dieser Satz nicht auch anders gelesen werden? Das Theodizeeproblem besteht wegen des Widerspruchs zwischen zwei Aussagen: einerseits diejeni- ge, es gebe einen allmächtigen, allgütigen und allwissenden Gott, andererseits diejenige, das Übel bzw. Böse in der Welt existiere real. Lösungen des Problems werden auf zweierlei Weise gesucht: Der Widerspruch wird aufgelöst, indem die eine oder die andere der beiden Aussagen eingeschränkt oder ganz fallen gelassen wird, oder indem man erklärt, wie an beiden Aussagen festgehalten werden kann. Das Übel hat kein eigenständiges Sein, es ist ein Mangel am Guten Das Böse ist Rest von unvollkommenen Probeschöpfungen Gottes (Kabbala) Das Übel als Durchgangsstadium der Geschichte (Hege l) Das Übel als unerkennbarer Wille des Gottes der Bibel Wir leben in der besten aller möglichen Welten (Leibniz) Nach Gottfried Wilhelm Leibniz gibt es eine unendliche Anzahl möglicher Welten. Von diesen hat Gott nur eine geschaffen, nämlich die vollkommenste, in der das Übel den kleinsten Raum hat („ die beste aller möglichen Welten “). Jede Form des Übels ist letztlich notwendig und erklärbar. Leibniz unterscheidet drei Arten des Übels: • das malum metaphysicum , das metaphysische Übel, d. h. das Geschaffene ist notwendig unvollkommen, da es sonst mit Gott identisch wäre, • das malum physicum , das physische Übel. Das bedeutet Schmerz und Leid sind notwen- dig, da sie vom Schädlichen abhalten und zum Nützli chen drängen und •das malum morale , das moralische Übel, das bezeichnet die zur Abwen dung von Gott führende Sünde (Verletzung der Gemeinschaft); betri fft den Menschen Oder: Gottes Eigenschaften sind zu überdenken 4. Weiterführende Gedanken a. Unbestreitbar ist diese Welt wie sie ist, kontingen t, d.h. ohne absolute Notwen- digkeit geschaffen. Sie ist aber gleichzeitig der d auernden Veränderung ausge- setzt. b. Im Bereich des Lebendigen ist der Tod der ständige Begleiter. Der Tod und seine „Begleitformen“ wie Veränderungen (Behinderungen) u nd Krankheiten sind eine Schattenseite des Lebens. c.Ohne den Tod gäbe es die Liebe nicht! (Eugen Biser) Gemeint ist die Liebe mit all ihren Spielarten: Mutterliebe, Gattenliebe, Geschwi sterliebe .... In diesen Gedanken schwingt noch die Vorstellung Leibniz‘ mit von der besten aller möglichen Welten. Im Zusammenhang mit dem Leid wird immer auch auf Je sus geschaut. Sein Leid und Kreuz werden als Beweis verstanden, dass es ohne Le id keine Erlösung gibt. Ja, wir sollen unser Kreuz auf uns nehmen und ihm nachfolgen. So liest man im Evangeliumsnetz 8 :

http://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee Hier findest Du sicher noch eine Fülle von Anregungen und Querverweisen. Gruß, q.

Linasophie 
Fragesteller
 07.03.2011, 08:30

Danke, die Seite kenne ich schon. Ich versuche aber die Lösungsansätze wirklich unter idealistisch sowie deterministische Aspekte zu unterscheiden. Hierfür hilft mir die Seite nicht aber es ist eine gute Grundlage.

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Der Wikipedia-Artikel ist meines Erachtens ein guter Einstieg, aber nicht mehr. Zunächst sollte man einsehen, dass es keine Lösung für das Problem gibt. Um zu dieser Einsicht zu gelangen, wendet man seinen Blick von menschlichem Leid ab und betrachtet das Leid der Tiere. Die Bewiesführung ist ziemlich einfach und sollte von jedem denkenden Wesen beherrscht werden. Es gibt aber trotzdem einen Ausweg. Dieser Ausweg kann aber nur vom Polytheismus, Pantheismus und Panentheismus geführt werden. Alle monotheistischen Religionen müssen hier versagen.

strandparty  06.03.2011, 17:41

P.S. Was am Wikipedia-Artikel fehlt, ist ein Bezug zur Evolutionstheorie. Neue Arten entstehen hauptsächlich deshalb, weil sich nur DER NACHWUCHS durchsetzt, der am besten mit Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Nachstellungen vor Raubtieren bzw. Misserfolgen in der Jagd umgehen kann. Evolution ist im Fall der Tiere auf Leid gegründet, und des einen Leid ist oft des anderen Lust. Z.B. ob ein Löwe eine Gazelle erjagt, oder nicht. Ob ein menschliches Paar viele Kinder und viel Reichtum hat, oder eben nicht. "Habe ich mehr als mein Nachbar?" Diese Frage induzieren unsere Gene in unser Gehirn, weil ALLE Lebewesen auf maximale Vermehrung angelegt sind.

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