Stunde Null 8. Mai 1945?

9 Antworten

Aus der heutigen Sicht der Dinge des Jahres 1945 gab es keine "Stunde Null". Der Begriff aus Rossellinis gleichnamigem Film aus dem Jahr 1948 ist irreführend. So suggeriert der Begriff, dass es einen Bruch mit vorherigen gab, einen radikalen Neuanfang. Das war nicht so. Die Einstellungen, die Gesellschaft, änderten sich erst langsam, nach und nach. Der Nationalsozialismus ist bis heute nicht verschwunden. Altnazis waren im öffentlichen Dienst (z.B. Verwaltung) weiter bzw. wieder neu beschäftigt. Und vieles mehr.

Zum Diskurs mit diesem Geschichtsbegriff empfehle ich die Rede des damaligen Bundespräsidenten Weizäcker vom 08.05.1985.

Woher ich das weiß:Hobby

ich würde sie als einen neuanfang bezeichnen.

Ob man es als Stunde Null bezeichnen kann, weiß ich jetzt nicht, aber am 8. Mai 1945, bzw. schon eher am 9. Mai, also nicht einmal eine Stunde nach Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde, war halt "alles" vorbei.

Europa war vollkommen zerstört. 6 Jahre Krieg waren sinnbildlich vorbei. Es gab praktisch keine Grenzen mehr auf dem europäischen Festland. Denn die hatten im letzten Kriegsjahr vollkommen ihre Bedeutung verloren.

Die einzigen "Grenzen" die noch zählten, waren die Frontlinien.

Künstlerisch werden diese Tage nach dem 8. Mai ab und zu als Stunde Null dargestellt, ja. Sicherlich herrschte für einige der Eindruck, dass die Zeit still stand. 6 Jahre erfüllt von Tod und Zerstörung waren vorbei. Man stellte sich das als unbeteiligter so vor, als gäbe es nun kein Leben mehr.

Max Ernst's Gemälde "Europa nach dem Regen" von 1942 geht in diese Richtung, nur dass eben nichts als Trümmer existierte.

Jegliche alte Ordnung, die vor dem Krieg herrschte, war unwiderbringlich zerstört.

Der 8. Mai wird in vielen Ländern auch als "Tag der Befreiung" gefeiert.

Im Hinblick auf die Verbrechen der Nazis könnte ich hier jetzt nur die Möglichkeit einbeziehen, dass zum Einen die meisten Nazispitzen tot waren und zum Anderen die Verbrechen sinnbildlich ab hier endeten, bzw. enden sollten.
Viele Konzentrations- und Vernichtungslager sowie alle Länder, die unter der Herrschaft der Nazis oder deren Verbündeten stand, waren befreit.

Das war praktisch der Moment, in dem es nichts mehr gab und in dem es nur noch den Neuanfang gab. Denn es konnte nur noch eine Änderung der aktuellen Situation eintreten.

Zwar gingen die Kämpfe nach dem 8. Mai noch einige Tage lang weiter, z.B. wurde die Heeresgruppe Mitte in der Prager Operation bis zum 11. Mai durch die Rote Armee bekämpft, da sich der Oberbefehlshaber weigerte zu glauben, dass man kapituliert hätte. Die Heeresgruppe Mitte war allerdings auch noch größtenteils in Takt.
Insgesamt war das vom Krieg geprägte Leben aber bis Ende Mai zuende.

Es gibt keine Stunde Null.

Stunde Null würde bedeuten, das alle Menschen im deutschen Gebiet zur selben Zeit die Info erhalten hätten, das der Krieg zu Ende ist. Damals war es ja auch nicht so wie heute. Wir werden heute mit Infos und Nachrichten überhäuft. Damals hatte man nur das Radio, und nicht jeder hatte ein Radio. Viele Zeitungen konnten nicht mehr herausgebracht werden da die Druckereien zerstört waren. Da ging dann auch viel Mundpropaganda noch rum. Tatsächlich ging der Krieg an manchen Stellen aber so lange weiter, bis es wirklich jeder Mensch wusste. Paar Tage dürften das so in etwa gewesen sein.

earnest  06.11.2020, 14:42

Beim Begriff "Stunde Null" geht es nicht um den Zeitpunkt der Verkündung der Kapitulation.

0

Meiner Meinung nach gibt es so etwas nicht. Stunde null, ein Augenblick, da die Zeit stillsteht, ein völliger Neubeginn, die Vorstellung, Neujahr beginne etwas Neues.

Die Zeit ist stets im Fluss, wie alle Entwicklungen. Jedes Einzelereignis ist nur ein beobachteter Punkt in diesem Fluss, kann aber nie für sich alleine dastehen, ohne dass man den Fluss mit einbezieht.