Stimmt es, dass deutschland zur kaiserzeit vom lebensstandard her wie ein dritte welt land war?


17.05.2022, 17:10

Habe mal gehört, dass die meisten menschen in deutschland damals sehr arm war und der lebensstandard wie in einem heutigem dritte welt land war.

9 Antworten

Das stimmt auf keinen Fall. Ich habe dieses Video bestimmt schon zwei Mal hier eingestellt. Ich möchte auch keinen damit nerven. Aber es zeigt deutlich die Kultur im damaligen Kaiserreich. Und dann vergleich das mal mit der Kultur beispielsweise im damaligen Afrika.

https://www.youtube.com/watch?v=R5xRPF9KvY4

Nein, das stimmt nicht. Besonders der Mittelstand verfügte in manchen Bereichen über einen Standard, von dem heute viele nur träumen können. Nimmt man etwa die Familie eines höheren Beamten. Für diesen Stand waren 5-6 Zimmerwohnungen mit Wohnflächen von 150 bis 200 qm keine Seltenheit, es war durchaus üblich Hauspersonal zu beschäftigen, auch wenn man nicht zur Oberschicht gehörte. Männer des Mittelstandes ließen sich täglich rasieren. Kleidung war massangefertigt und nicht von der Stange. Auch Urlaubsreisen waren durchaus üblich. Diese Aufzählung ließe sich noch deutlich fortsetzen.

Es gab in der Kaiserzeit ein sehr grosses Gefälle zwischen Adel, Bürgertum und Arbeiterschaft. Während grosse Teile des Adels sich keinerlei finanzielle Sorgen zu machen brauchte, und das Bürgertum gut bis sehr gut dastand, war die Arbeiterschaft die eigentliche Unterschicht, die vom Hand in den Mund lebte, kaum Rechte besass und von den meisten Industriellen bis aufs Blut ausgenutzt wurde.

Als Folge der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts verloren viele einfache Leute auf dem Land ihre Eigenständigkeit, weil ihre manuell angefertigten Produkte preislich nicht mehr mit den viel billigeren industriellen Produkten konkurrieren konnten. Sie waren dadurch gezwungen, in die Städte einzuwandern und sich als billige Arbeitskräfte der Grossindustrie auf Gedeih und Verderben auszuliefern. Kinderarbeit war an der Tagesordnung, denn eine Arbeiterfamilie war auf den Zusatzverdienst angewiesen. Die Lebensbedingungen war für die Arbeiterschicht miserabel. Oft lebte eine Familie mit mehreren Kindern in Kellerräumen auf engstem Raum zusammen. Es gab keine Altersvorsorge und das Gesundheitswesen war miserabel, jedenfalls dann, wenn man über kein Vermögen verfügte.

Die Lebenserwartung der Arbeiterfamilien war ziemlich tief. Die Arbeitszeiten in den Fabriken betrugen normalerweise 12 Stunden pro Tag an sechs Wochentagen. Das galt durchaus auch für Kinder, die bei Ungehorsam oft brutal bestraft wurden. In England strafte ein Firmenbesitzer ein 10 jähriges Kind, das zu spät zur Arbeit gekommen war dadurch, dass das Kind mit beiden Ohren an eine Türe genagelt wurde. Man kann sagen, dass das deutsche Kaiserreich zumindest für die Arbeiterschaft ein Drittweltland war.

Das war übrigens in fast sämtlichen europäischen Ländern, selbst im damals reichsten Land, Grossbritannien auch nicht besser. In Grossbritannien schufteten 8 jährige Kinder in den Kohlegruben. Diese Kinder hatten meistens eine Lebenserwartung von weniger als 30 Jahren.

Natürlich wehrte sich die Arbeiterschaft und schloss sich in Arbeiterbünden zusammen. Durch das Gefälle von reich zu arm stiessen bei der Arbeiterschaft natürlich auch die revolutionären Ideen der Kommunisten und Sozialisten auf offene Ohren. Bismarck, als eigentlicher Regent des Kaiserreichs bekämpfte diese Bewegungen denn auch bis aufs Blut.

Nein stimmt nicht. Das deutsche Kaserreich war ein sehr progressives Land, welches sehr liberale im gesellschaftlichem Sinne war. Auch war das der Anfang der Sozialdemokratie und des Rechtsstaates.

Die Unterschiede zwischen Arm und Reich waren schon sehr groß. Hungersnöte gab es aber keine mehr. Ein Verdienst des Kartoffelanbaus.