Stau in der DDR?

8 Antworten

Meine Autofahrt waren 30 Km. zur Stadtmitte in Berlin und diese dauerte mitunter eine Dreiviertelstunde.

Somit haben wir gemeinsam mit den Gesellen die Arbeitszeit 1 Std. vorverlegt, um der Rasch Auer Morgens und Abends aus dem Weg zu gehen. Das die Autodichte nach der Wende zunahm ist ja kein Geheimnis mehr, das es allerdings auch in Ostberlin einen richtigen Straßenverkehr gab, das ist scheinbar geflissentlich vergessen worden, wie mir manchmal hier unterkommt.

https://www.youtube.com/watch?v=-sl7oIzgoSc

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Stier1240  03.11.2021, 15:23

Ähem: "Rasch Auer" :-)

Du meintest sicher "rush hour"?

Oder gab es da einen "raschen Auerhahn"?? :-)

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zetra  03.11.2021, 16:11
@Stier1240

Schön aufgepasst, Lapsus von mit, aber du hast es richtig erkannt. Eventuell nannte man das so damals in der DDR, Englisch war verpönt.

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Stier1240  03.11.2021, 16:45
@zetra

Also mein Englisch, in einer stinknormalen EOS erworben, allerdings von einem sauscharfen Lehrer vermittelt, war nicht "verpönt", hielt nach der sog. "Wende" allen Vergleichen mit meinen neuen (westdeutschen) Arbeitskollegen stand und war teilweise bedeutend besser als deren Englisch!

Es kam in der Wertigkeit des Fremdsprachenunterrichts natürlich nach Russisch.

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zetra  03.11.2021, 16:47
@Stier1240

Zu meiner Zeit schon, ich bin 1946 eingeschult worden.

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Stier1240  03.11.2021, 16:49
@zetra

Ja, ok. Damals war die Abgrenzung noch brutaler.

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Staus gab es natürlich, man sollte aber bedenken, dass viele Güter im Gegensatz zu heute auf der Schiene transportiert wurden und nicht durch LKW.

Klar gab es Staus. Bei uns in Vorpommern jeden Sommer im und um das Nadelöhr Anklam auf dem Weg zur Insel Usedom. Die wichtigste Kreuzung teilte "hinter" Anklam den Verkehr in Richtung Greifswald oder zur Insel Usedom, sie war mit Ampeln geregelt, wodurch sich im Sommer fast täglich Rückstaus bildeten, vor allem Sonnabends zum Urlauber-"Bettenwechsel". Der Rückstau von dieser Kreuzung bildete sich Morgens/Vormittags die zwei Kilometer zurück nach Anklam, durch die gesamte Stadt hindurch bis vor die Tore der Stadt. Zusätzlich haben sich in Anklam drei frühere Fernverkehrsstraßen (heute Bundesstraßen) verbunden. Acht bis 10 km Stau habe ich dort mehrfach erlebt. Täglich am Abend in die Gegenrichtung stand man an der selben Kreuzung zurück bis zur Insel Usedom im Stau (wo dann auch gleich noch der regelmäßige Brückenzug für Stauverlängerungen sorgte).

Zwischen besagter Ampelkreuzung und der Stadt Anklam sorgte damals auch die Bahnlinie Berlin-Stralsund(-Insel Rügen) mit regelmäßigen Schrankenschließungen zu zusätzlichen Staustufen. Ich habe einmal erlebt, dass die Polizei tatsächlich die Aufgabe hatte, bei herannahenden Zügen (die Schranken schlossen damals rechtzeitiger als heute) die Schranke mit "Manneskraft" hochzuhalten und noch Autos durchzuwinken, um den Stau leicht abzumildern. Wir sind damals selbst auf diese Polizeianweisung hin noch kurz vor einem durchfahrenden Zug über den Bahnübergang gefahren.

Noch zu DDR-Zeiten hat man anstelle des Bahnüberganges eine Straßenbrücke über die Bahnlinie gebaut. In den 1990-er Jahren schließlich hat man die Stau-auslösende Ampelkreuzung zu einer Redoute umgebaut, zusätzlich hat Anklam eine Ortsumgehung erhalten. Heute mit dem sehr viel stärkeren Verkehr gibt es nur noch volle Straßen, einen Stau in und um Anklam regelmäßig aber nicht mehr.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Anklam das einzige Nadelöhr der Republik gewesen sein soll, daher: Klar gab es Staus in der DDR!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Danil570 
Fragesteller
 05.11.2021, 14:36

Was meinst du mit Bettwechsel ?

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sajuchriju  08.11.2021, 21:22
@Danil570

Früher gab es einen Tag in der Woche, an dem die Urlauber in aller Regel an- und abreisten. Das war der Samstag. Noch heute merkt man das auf den Straßen, die zu beliebten Urlaubszielen führen, z.B. zur Insel Usedom. An Samstagen in der Saison kann ich bei uns sehr schlecht die B109 überqueren, die zur Ostsee führt, einfach, weil sie vollgestopft mit Urlaubern ist. Und diese Zeit der geballten An- und Abreise nennt man bis heute "Bettenwechsel" = die einen Urlauber raus, die nächsten rein, dazwischen werden die Betten frisch gemacht.

Aber es hat sich heute sehr entzerrt, auch die anderen Tage sind für die Anreise beliebt. Heute bieten alle Hotels üblicherweise tägliche Anreisemöglichkeit an, früher war es i.d.R. eben nur der Samstag.

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Tatsächlich kann ich mich nur an einen einzigen Stau auf der Autobahn in der DDR erinnern. Das war am 19. Juli 1988 auf der Fahrt von Leipzig nach Berlin zum Springsteen-Konzert. Keine Ahnung was die Ursache war. Die Stimmung im Stau war aber ausgezeichnet, da die Meisten das gleiche Ziel hatten

Was viel öfter vorkam waren elendige Wartezeiten an den Grenzen zu Polen oder der Tschechoslowakei. Sowohl hinzu wie auch zurück. Ein Grund weshalb ich Europa und seine offenen Grenzen so mag.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Danil570 
Fragesteller
 05.11.2021, 14:37

Wow du kanst dich sogar an das Datum erinnern.

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Nomex64  05.11.2021, 17:27
@Danil570

Naja, das Datum des Konzerts lässt sich ohne Probleme googeln. ;)

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Lass dir vor allem nicht erzählen, dass es wegen der Wartezeiten weniger Autos gegeben hätte und dass sich nur Leute mit Parteifunktionen eines zulegen konnten. Soviel Unsinn hält keiner aus, auch nicht in einer Löwenthal'schen Märchenstunde 30 Jahre "danach"!

Jeder, der eins wollte, hatte auch eins - eben kein neues, und für Gebrauchtwagen musste man genau wegen des Mangels an Neuwagen mehr bezahlen als für "neu".

Die Staus gab es massig, vorwiegend auf Autobahnen (genau wie heute auch). Hier spielte erschwerend eine Rolle, dass die Durchschnittsgeschwindigkeiten geringer waren, zum einen technisch bedingt - es gab hüben wie drüben noch keine sehr schnellen Autos, die im Osten hatten mehr technische Mängel - und zum Teil wegen der Straßenzustände.

Außerdem gab es noch kein Netz an Rufsäulen und Auto-Klubs, so dass man bei Pannen bzw. Unfällen länger warten musste und die Fahrbahn länger blockierte.