Sollte es durch den Bundespräsidenten nicht ein Generalpardon für die ehemaligen Stasimitarbeiter der DDR nach 31 Jahren geben?

17 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Der Bundespräsident hat zwar ein Begnadigungsrecht, aber dies kann er erst geltend machen, wenn ein Gericht ein Urteil verkündet hat. Erst das Urteil, erst die Aufklärung der individuellen Schuld! Das ist man den Opfern auch nach 31 Jahren schuldig. Wenn dies erfolgt ist, hätte ich durchaus Verständnis, wenn der Bundespräsident in einzelnen Fällen auch mal einen verurteilten Stasimitarbeit begnadigt, sofern er dies individuell gut begründet. Aber eine Pauschale Begnadigung ist rechtlich gar nicht möglich und wäre auch grundfalsch.

Nein. Du hast nicht in der DDR gelebt, oder? Ich weiss aber wie sich das anfühlt.

Wenn du schon so flach aus Geschichts-bücherwissen fragst: Warum reden wir dann noch vom zweiten Weltkrieg? Der ist schon über 75 Jahre her. Die DDR ist eine Folge dessen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Es heißt doch, die Zeit heilt alle Wunden.

Sag das mal den Mauertoten und denen, die infolge der Praktiken des SED-Regimes physisch und psychisch dauerhaft ruiniert sind.

Fleischklos61 
Fragesteller
 03.04.2021, 20:44

Waren das nicht Straftäter und Staatsverräter, also quasi Ex-Knastis?

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Wer sich damals feindlich verhalten hat, den muss man nicht dämonisieren und der wird in unserem Staat auch nicht dämonisiert. Er wird nur weiter im Auge behalten und das ist meiner Meinung nach eine viel zu milde Behandlung.

Yggdrasil3001  19.04.2020, 09:37
eine viel zu milde Behandlung.

RICHTIG !

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Meine Meinung (ehemaliger Westberliner, keine wissentlichen MfS-Kontakte, (auch) schöne Kindheit-und Jugenderinnerungen bei Verwandtenbesuchen in Ostberlin und der DDR 1960er/1970er Jahre):

1.Man kann die DDR, bei allem politischen Mord und Totschlag (den es seltener auch im Westen gab), aus verschiedenen Gründen auf keinen Fall mit der NS-Diktatur gleichsetzen.

2. Das MfS war keine Gestapo. Allerdings wandelte es sich m. E. ab etwa Ende der 1970er Jahre in weiteren Bereichen. War es in den 1950er/1960er Jahren eine, nun sagen wir mal eher eine nach einer reinen politischen Lehre verfahrende, sicher auch oft über das Ziel hinausschießende, Organisation, so kann man m. E. schon eine gewisse Demotivierung der Mitarbeiter und ein größeres Eigenleben dergleichen ab etwa Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre bemerken. Will heißen, daß nicht nur in der BRD ab etwa dieser Zeit ein schleichender Rechtsruck (für die meisten noch nicht sichtbar) einsetzte (Sozialabbau aufgrund kleiner werdenden "Kuchens", Egoisierung weiter Bevölkerungsteile, Ellenbogenmentalität, kurz, es begann damit, das "sozial" und "liberal" out wurde, was sich ja auch mit der Wahl Kohl's 1983 auch politisch bestätigte), nein, auch in der DDR gab es das so ähnlich. Ein Beispiel: Aus dem Zug oder von einer Brücke geworfene Gastarbeiter in der DDR in den 1980ern wäre in den 1950er, 1960er, frühen 1970er Jahren undenkbar gewesen. Ebenso in den 1980er Jahren offen rechts auftretende Hooligans, die vor den Augen des lächelnden MfS "Linke" wie Punker u.ä. verprügelten. Die DDR begann lange vor 1989 zu zerfallen, dass meine ich jetzt nicht unbedingt nur wirtschaftlich, sondern auch ideologisch. Ich denke, dass Markus Wolf Mitte der 1980er in den "Ruhestand" ging, hat auch damit zu tun. Das ist auch einer der Gründe dafür, daß viele wieder, in Ost wie West, nach dem "starken" Mann rufen. Die politische Ernte, die jetzt eingefahren wird, wurde in den 1980er Jahren gesät, in Ost wie West.

3. Sogenannte Gesetze sind von Menschen gemacht, somit ist die Fehlerquote wie auch bei der Rechtssprechung enorm. Stasirenten sind vom Grunde der Gesetze legal. Legal war (ist?) auch, das man Cum Ex Geschäfte u. ä. zu Lasten der Steuerzahler macht/e. Und nirgendwo ist jeder vor dem Gesetz gleich. "Recht" wurde und wird überall missbraucht und gebrochen. Das ist schlecht, aber es ist so.

4. Das Problem ist ähnlich wie bei den nicht integrierten ehemaligen Gastarbeitern, mehr noch Bürgerkriegsflüchtlingen, und ihrer Nachkommen (meist im Westen), Verweigerungshaltung auf beiden Seiten und Entstehen von Parallelwelten. So, wie sich kaum jemand mit dem MfS-Leuten sachlich beschäftigt, nur ein ständiges Feindbild gepflegt wird, genauso schottet sich diese Bevölkerungsgruppe (so sie noch lebt, E. M. wäre schon weit über 100) von dem Rest ab. Weil ich auch gerne (durchaus ganz unpolitisch und aus reinem Privatinteresse) Geschichte und eigene Erinnerungen wälze, habe ich selbst versucht, mit diesen Leuten in Kontakt zu treten. Keine Chance, wurde angepöbelt und belächelt. Eine Parallelwelt. Man wird als "Wessie" genauso stigmatisiert wie umgekehrt.

5. Ich denke, Amnestie kann es ggf. nur für Verbrechen (nach den jeweiligen "Gesetzen") geben, aber der (nur) politisch Andersdenkende und Andershandelnde beging/begeht real erstmal kein Verbrechen. Daher ist die Frage nach Amnestie eine eigentliche sinnleere (in diesem Fall) Frage.

6. Wenn ich auch im Westen aufgewachsen bin, so ist meine feste Überzeugung, dass es schöne Seiten nicht nur im Westen, sondern auch im Osten gab.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Fleischklos61 
Fragesteller
 03.04.2021, 21:13

Ja und der Westen maßt sich an, die "schönen Seiten der DDR" festzulegen.

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