AMA: Blickwechsel 12. November 2024
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Segen oder Fluch, sich nicht an das traumatische Ereignis erinnern zu können?

2 Antworten

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Wir haben in Notsituationen drei Schutzmechanismen, die man auch oft im Tierreich beobachten kann: Flucht, Kampf und Erstarren. Wenn Flucht nichts bringt, kämpft man, wenn Kämpfen nichts bringt, erstarrt man um das Unausweichliche nicht mit zu bekommen. Ähnlich gibt es auch bei uns Menschen einen ähnlichen Mechanismus, quasi ein "Not-Ausschalter" des Gehirns, was den Menschen vor unerträglich schlimmen Ereignissen schützt und somit in sowieso schlimmen Situationen die eigene Integrität wahren zu können. Hierbei bekommt man nichts mehr von seiner Umgebung mit, die Sinne und auch das Schmerzempfinden sind blockiert. In der Natur ist das auch irgendwie gut, da das erbeutete Tier unter Umständen auch gar nicht mehr mitbekommt, dass es stirbt. Auch bei vernachlässigten Babys kann das vorkommen. Nach stundenlangem Schreien sind die dann plötzlich ganz ruhig - augenscheinlich wieder alles ok. Naja. Nicht immer...

Dieses Phänomen nennt man Dissoziation oder dissoziativen Zustand.

Wegdissoziierte Erinnerungen können einem lange verborgen bleiben oder auch (teilweise) falsch in Erinnerung sein. Durch ein Schlüsselereignis kann es passieren, dass einem diese unerträgliche Erinnerung dann aber wieder bewusst wird.

Das ist auch oft der Grund, warum Menschen mit schlimmer Vergangenheit oft jahrelang völlig symptomfrei leben können und plötzlich z.B. nach einem Schicksalsschlag als Schlüsselereignis (auch Trigger genannt) schwere Symptome entwickeln.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Traumazentrierte Fachberatung nach DeGPT, Akutpsychiatrie

Das entscheiden leider nicht "wir".Es gibt Menschen, die wollen sich erinnern, aber die Blockierung ist zu groß

Es gibt Menschen, die haben unerklärliche Angstzustände mit vielen anderen Symptomen Für diese ist es oft wichtig zu wissen, was passiert ist, damit sie sich und ihre Symptome besser verstehen und dementsprechend handeln können.