Schulden wir unseren Eltern was?
Ich höre in letzter Zeit sehr oft in den Medien, dass wir unseren Eltern nichts Schuldig sind.
Ich bin aber schon der Meinung, dass, auch wenn es mit den Eltern nicht immer gut lief oder wenn man sich sogar verstritten hat, man seine Eltern aus Dankbarkeit wohl Fürsorge geben und helfen sollte, wenn sie mal alt, schwach und dement sind. Schließlich waren wir auch mal als Baby/Kinder hilfebedürftig. Warum spricht sich in letzter Zeit so viel in Medien rum, dass man seine Eltern nichts schuldet? Die Welt geht ja wirklich den Bach runter, wenn jeder seinen Eltern nix schuldig sind. Stell dir mal vor, du hast ein Kind, opferst dich auf und es zeigt keine Dankbarkeit. Manche junge Leute und sogar sogenannte "Erwachsene" brechen den Kontakt zu ihren Eltern ganz ab, weil sie keine Einschränkung von ihren Eltern haben wollen und weil es ihnen sozusagen "gut tun" würde ohne Eltern. Dabei geht es ja nicht wirklich, dass du die Eltern lieben oder mögen muss um den Kontakt aufrecht zu erhalten, sondern einfach aus eine Dankbarkeit und Pflichtgefühl. Ich finde es sehr unreif, verantwortungslos und ignorant von Leuten die einfach den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen, nur weil sie zu labil sind sich um wichtige Menschen in ihren Leben zu kümmern. Und diese komische Medienwelt, dass allen sagt, dass man sich von Menschen trennen sollte, die einem nicht gut tut, lehrt uns einfach nur auf Lust und Laune zu handeln ohne Pflichtbewusstsein, Disziplin und Vernunft. Was sagt ihr dazu? Oder habe ich einen Denkfehler??
Ich verstehe aber natürlich den Kontaktabbruch bei Extremfällen, wie Vergewaltigung oder Misshandlungen. Aber bei einem Streit, Meinungsverschiedenheiten eher nicht..
8 Antworten
Nein, wir schulden unseren Eltern nicht automatisch etwas und wir müssen ihnen auch nicht automatisch dankbar sein und sind auch nicht automatisch zu etwas verpflichtet --- nur weil es unsere Eltern sind.
Es gibt Umstände, unter denen der Kontakt zu den Eltern für das eigene Wohlbefinden schädlich sein kann. Wenn eine Beziehung toxische Züge aufweist, die das emotionale, psychische oder sogar physische Wohl einer Person beeinträchtigen, kann ein Kontaktabbruch notwendig und gerechtfertigt sein.
In solchen Fällen steht die eigene Gesundheit und das eigene Leben und die eigene Zukunft an erster Stelle.
Menschen, die den schwierigen Schritt eines Kontaktabbruchs gehen, treffen diese Wahl oft nach langem Überlegen und vielen erfolglosen Versuchen, die Beziehung zu verbessern. Dieser Prozess kann sehr schmerzhaft sein, da er das Loslassen von tief verwurzelten Bindungen und oft auch von lang gehegten Hoffnungen auf eine bessere Beziehung erfordert. Ein Kontaktabbruch kann aber notwendig und gerechtfertigt sein.
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Das Erkennen und Handhaben von toxischen Beziehungen, insbesondere wenn es sich um nahe Familienmitglieder wie die Eltern handelt, kann eine besonders herausfordernde Aufgabe sein. In Fällen, in denen Eltern Verhaltensweisen an den Tag legen, die das Selbstwertgefühl ihrer Kinder untergraben, sie kleinhalten oder in Abhängigkeit drängen, wird die Situation noch komplexer und emotional belastender.
Toxisches Verhalten kann viele Formen annehmen, von offensichtlichem Missbrauch bis hin zu subtileren Formen der Manipulation und Kontrolle. Einige Eltern könnten beispielsweise ihre Kinder ständig kritisieren, sie als dumm bezeichnen oder ihnen die Fähigkeit absprechen, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Diese Verhaltensweisen sind nicht nur verletzend, sondern können auch tiefgreifende Auswirkungen auf das Selbstbild und die psychische Gesundheit der Kinder haben.
Ständige negative Kommentare und das Gefühl, klein gehalten zu werden, können dazu führen, dass Kinder - auch als Erwachsene - an ihrer eigenen Wahrnehmung, ihren Fähigkeiten und ihrem Urteilsvermögen zweifeln. Dies kann eine tief sitzende Unsicherheit fördern und die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls stark behindern. Die fortwährende Abhängigkeit von der Meinung und Zustimmung der Eltern kann es erschweren, ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben zu führen.
In Situationen, in denen das emotionale und psychische Wohl einer Person stark beeinträchtigt wird, kann ein Kontaktabbruch notwendig und gerechtfertigt sein. Diese Entscheidung wird oft dann getroffen, wenn alle Versuche, die Beziehung zu verbessern oder Grenzen zu setzen, fehlgeschlagen sind. Der Schritt, den Kontakt zu den Eltern abzubrechen, ist nicht das Eingeständnis eines Versagens, sondern ein Akt der Selbstfürsorge und des Selbstschutzes.
Die Entscheidung, sich von toxischen familiären Beziehungen zu lösen, ist ein Bekenntnis zur eigenen Gesundheit und Zukunft. Indem man sich aus einer schädlichen Umgebung befreit, öffnet man sich für die Möglichkeit, zu heilen und zu wachsen. Es ermöglicht den Aufbau von Beziehungen, die auf gegenseitigem Respekt und Unterstützung basieren, und stärkt das Fundament für ein erfülltes und unabhängiges Leben.
Es ist wichtig, dass Personen, die einen Kontaktabbruch in Erwägung ziehen oder durchführen, auf Unterstützung von außen zugreifen können. Therapeutische Hilfe kann entscheidend sein, um die durch die toxische Beziehung verursachten emotionalen Wunden zu heilen. Zudem kann der Austausch mit anderen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, ein Gefühl der Validierung und des Verständnisses bieten.
Die Entscheidung, den Kontakt zu den eigenen Eltern zu limitieren oder abzubrechen, ist tiefgreifend und individuell. Sie sollte auf einer sorgfältigen Abwägung der eigenen Bedürfnisse und des eigenen Wohlbefindens basieren. Es ist ein Schritt, der Mut erfordert, aber auch den Weg für eine gesündere Zukunft ebnet.
Liebe Grüße
Also ich finde schon ich hab meinen Eltern was geschuldet ,vor allem weil sie NIE etwas dergleichen von mir verlangt hatten.
Und uns unter vielen Entbehrungen eine Relativ Glückliche Kindheit ermöglichten.
Ich war zwar zu Jung um meinem Vater was zurückzugeben. Der bereits verstarb als ich 19 Jahre alt war ...
Aber ich habe mich die letzten 25 Jahren gerne sehr intensiv mit meiner Mutter auseinandersgesetzt ,auch Pflegemässig bis unser gemeinsamer Weg dann letztes Jahr im Januar zu Ende ging, als sie mit 100 Jahren lebensatt und gut vorbereitet in meinen Armen sterben durfte .
Was quasi die Krönung unserer Beziehung darstellte .
In diesen 25 Jahren sind wir uns noch sehr nahe gekommen und ich lernte meine Mutter noch mal ganz neu kennen.Und ich denke jetzt mit einem guten Gefühl an mein Mütterchen zurück und bin froh das richtige getan zu haben,auch wenns mit Eigenen Kindern/ Job etc..manchmal auch echt anstrengend gewesen ist .
Ich muss aber auch sagen meine Mutter war ein äusserst liebenswürdiger Sanfter Mensch der uns das Leicht gemacht hatt ...auch wenn sie am Ende svhwer unter Demenz gelitten hat.
Sie war immer zufrieden und für alles dankbar .
Bei einer Bösartigen Mutter/Vater kann ich auch ehrlich verstehen wenn sie dann Kinder dazu verweigern...
Und ich halte es mit meinen eigenen Kindern genau so ,ich verlange nichts von ihnen und hoffe einfach dass ich selbst möglichst lange zurechtkommen werde .
Es ist eigentlich schade ,weil betagte Mitmenschen sind meist wie sprechende Bibliotheken..und ich bin gerne zu solchen Bibliotheken immer gegangen ,auch als ich noch sehr Jung war ,weil da kann man sehr sehr viel lernen.
Lg ⚘
Meine Mutter hat früher oft Dankbarkeit von mir eingefordert und mich damit früh in die Flucht getrieben. Ich denke noch, wie viel Ängste ich manchmal ausgestanden habe, als ich meine eigenen Entscheidungen traf und sie ihr nahebringen musste. Sie wollte mich am liebsten nach ihren eigenen Vorstellungen formen, und ich habe mich dem entzogen. Dann war ich die undankbare und egoistische Tochter. Selbstzweifel habe ich bei ihr nie feststellen können, bis heute nicht. Deshalb spreche ich Konfliktthemen gar nicht mehr an. Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich einmal entschuldigt und mir erklärt, dass sie einfach Probleme hatte bzw. überfordert war, aber da kommt nichts. Ich habe den Kontakt zu ihr jetzt, nach dem Tod meines Vaters, auf ein Mindestmaß beschränkt, so verlaufen meine Besuche bei ihr meist erfreulicher als früher.
Zu ihrer Verteidigung muss ich sagen, dass sie von ihrer eigenen Mutter auch nicht besser behandelt wurde. Aber wie sie damals gelitten hat, weiß sie wohl inzwischen nicht mehr.
Dabei kann ich nicht sagen, dass ich nichts von meinem Elternhaus mitbekommen hätte. Vor allem eine gute Bildung (diese kam vor allem von meinem Vater), Interesse am Reisen und an den schönen Künsten und, soweit es bei unseren bescheidenen Verhältnissen möglich war, auch ein gewisses materielles Auskommen verdanke ich meinen Eltern (auch die Fähigkeit, mit Geld umzugehen). Bei uns gab es auch keine Unterschiede in der Erziehung Jungen/Mädchen. Dafür bin ich durchaus dankbar.
Aber wenn Dankbarkeit Selbstaufgabe bedeuten soll, dann geht das doch zu weit. Wer Kinder in die Welt setzt und aufzieht und danach ewige Dankbarkeit von ihnen erwartet, sollte es lieber lassen.
Kontaktabbruch - zumindest zeitweise - ist manchmal nur Selbstschutz. Gelegentliche Besuche oder Hilfe, wenn nötig, muss deshalb nicht ausgeschlossen werden.
Ich bin ganz deiner Meinung in Bezug darauf, dass man seine Eltern schätzen sollte
Hallo MrsJmb,
ich verstehe deinen Punkt zwar schon. Aber ich finde, du siehst ihn etwas einseitig. Man darf da auch mal die Perspektive wechseln: Kein Kind hat gebeten, geboren zu werden. Dass Eltern Kinder bekommen, ist am Ende von diesen erstmal, böse gesagt, eine selbstbezogene Entscheidung - und möglicherweise auch für alle nicht immer die beste.
Wenn alles gut läuft, dann kann aus dieser Entscheidung, ein Kind zu bekommen, ein wunderbares Leben erwachsen. Dieses Leben, ergo: das Kind, wird auch sicherlich gern den Eltern etwas zurückgeben. Dann stellt sich deine Frage gar nicht, weil niemand daran denkt, den Kontakt abzubrechen.
Aber da, wo Kontakt abgebrochen wird, gibt es immer Gründe dafür.
Es gibt eben viele, viele Fälle, in denen aus dieser - manchmal unüberlegten, manchmal ungewollten - Schwangerschaft ein Leben voller Schmerz erwächst. Und nicht selten tragen die Eltern einen erheblichen Teil der Verantwortung für dieses Leid. Dann ist es vielleicht das Mindeste, dass die Eltern das irgendwie begrenzen und "ausbaden". Ob das Kind dann etwas schuldet? Weiß nicht. Kann man so sehen, würde ich aber differenzierter betrachten.
Ein Kontaktabbruch ist auch nicht immer unbedingt etwas Endgültiges.
Manchmal ist ein vorübergehender Kontaktabbruch genau das, was die Beziehung rettet - wenn man merkt, was man aneinander hat. Oder wenn beide Seiten sich weiterentwickeln. Beziehungen sind immer dynamisch, immer in Bewegung. Nur weil einmal die Entscheidung gefallen ist, heißt das nicht, dass sie für immer steht.
Vielleicht dazu nochmal meine Erfahrungen aus meinem Leben, um das zu verdeutlichen:
In meiner Jugend habe ich (aufgrund der Manipulation meiner Mutter) den Kontakt zu meinem Vater über Jahre abgebrochen (bedenke, dass das gar nicht so selten ist, wenn ein Kind den Kontakt zu einem Elternteil abbricht!). Inzwischen habe ich wieder Kontakt zu meinem Vater und bin froh darüber. Er war nicht der allerbeste Papa, aber ich weiß heute, dass er immer sein Bestes gegeben hat - auch wenn es manchmal nicht das Beste für mich war... Unsere Beziehung ist mit unser beider Älterwerden immer besser geworden.
Mit meiner Mutter habe ich den Kontakt inzwischen extrem heruntergefahren. Ich würde den Kontakt nicht aktiv abbrechen, aber ich suche ihn auch nicht mehr und sie zu mir auch nicht. Gut zwei Jahrzehnte habe ich darum gekämpft, dass die Beziehung zu meiner Mutter besser wird. Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um ihr zu gefallen, damit sie mit mir zufrieden ist und mich wertschätzt. Nichts, was ich getan habe, hat je geholfen. Inzwischen habe ich das akzeptiert. Wir sehen uns nochmal selten an Weihnachten oder ähnlichen Feiertagen - aber es ist jedes Mal das selbe Resultat: Sie ignoriert mich, sperrt mich aus ihrem Leben aus, wendet sich nur an mich, wenn sie Hilfe braucht. Eine Weile lang habe ich ihr so gut wie möglich meine Hilfe angeboten - aber das Resultat war stets, dass auch meine Hilfe nicht gut genug war. Inzwischen ziehe ich mich aus der Affäre, wenn sie sich versucht, auf mich zu stützen, weil ich weiß, dass es ihr nicht um die Hilfe geht, sondern darum, meine Hilfe kritisieren zu können.
Ich habe akzeptiert, dass sie ist, wie sie ist und dass sie irgendein Problem mit mir hat, das ich (auch wenn ich versucht habe, das mit ihr zu klären) nicht verstehen werde, weil sie es nicht benennen kann. Ich weiß nur, dass ich nichts für sie richtig machen kann.
Und ich kann aber auch verstehen, wenn man in ähnlichen Situationen den Kontakt abbrechen lässt oder abbricht. Es ist keine Beziehung, die einen von uns bereichern würde. Am Ende existieren wir ohneeinander einfach besser. Es ist - zumindest momentan - die beste Entscheidung für uns beide. Dafür als egoistisch bezeichnet zu werden, fände ich unfair, auch wenn sie mich nie geschlagen hat o.ä.
Kurzum: Eltern-Kind-Beziehungen sind komplex und in der Regel gibt es für dauerhafte Kontaktabbrüche Gründe. Vorübergehende Kontaktabbrüche können aber auch eine Beziehung retten.
Liebe Grüße
PS: Dazu möchte ich noch ergänzen, dass ich meine Mutter als Seele schätze und ihr durchaus dankbar für mein Leben bin und dass sie mich ausgetragen hat. Ich führe ein wundervolles Leben, in dem ich mich selbst verwirklichen kann. Nur ändert das eben nichts am Status Quo, dass wir ohneeinander glücklicher sind.
Ich vermute mal, dass deine Mutter kein Problem mit dir, sondern mit sich selber hat und es an dir auslässt.