Schreiben die Schweizer/Österreicher auch im Akzent?

6 Antworten

Amts- und Schriftsprache ist Schrift- oder Hochdeutsch - allerdings ist es mit Helvetismen eingefärbt. Aber grundsätzlich ist es Schriftdeutsch.

Gesetzestexte, Verordnungen, Protokolle, Zeitungen, Zeitschriften, geschäftliche Briefe und Bücher werden in Schriftdeutsch verfasst, in der Schule wird Schriftdeutsch gelehrt. Im privaten Umfeld hat es sich in den letzten Jahren eingebürgert, dass besonders die jungen Leute eher in Schwiizertüütsch schreiben. 

Es gibt sehr wohl ein Wörterbuch für Schwiizertüütsch, es gibt auch Regeln, wie was zu schreiben ist. Aber diese Regeln werden nicht gelehrt und werden nur von Sprachforschern verwendet. Es ist sehr kompliziert, arbeitet mit sehr vielen Akzenten und Sonderbuchstaben, weil die Sprache eben genau so abgebildet werden muss, wie sie ausgesprochen wird, um Fehlinterpretationen oder Missverständnisse zu vermeiden.

Im Schriftdeutschen wird darauf verzichtet, obwohl es auch hier oftmals nötig wäre, mit Akzenten zu arbeiten. Besonders für Fremdsprachige ist Deutsch da ein Buch mit sieben Siegeln. Warum zum Beispiel heisst es "Hochsitz" aber "Hochzeit"? Das "o" bei Hochsitz wird lang wie "Hoochsitz" gesprochen, bei Hochzeit aber kurz. Da könnte ein Akzent Abhilfe schaffen. Aber eben, das macht die Sprache wieder kompliziert.

Deshalb gibt es in der offiziellen Schreibweise der Linguistiker sehr viele "ù" oder "ô" im Schwiizertüütschen. Teilweise werden Vokale verdoppelt, um einen langen Laut anzuzeigen, besonders schwierig ist auch die schriftliche Unterscheidung zwischen offenen und geschlossen Vokalen.

Warum sich die Schweizer nicht auf Schwiizertüütsch als Schrift- und Amtssprache haben einigen können, ist ganz einfach: Es gibt Dutzende wenn nicht Hunderte Dialekte. Welchen sollte man denn da nehmen, um die anderen nicht vor den Kopf zu stossen? Da war es einfacher, einfach die Hochsprache des Deutschen Nachbars zu übernehmen und punktuell etwas zu verschweizern.

In Deutschland war damals einfach der Dialekt von Hannover, Sitz des regierenden Hauses, als Hochsprache eingeführt. Wäre damals der Sitz des Monarchen in Sachsen gewesen, würden die Deutschen heute vielleicht Sächsisch als Hochsprache führen... ;-)

Karl37  25.04.2015, 10:09

Ich habe einmal gelernt das die Meißner Kanzleisprache die Grundlage der Schriften von Luther wurde und dann mit weiterer Verbreitung zur deutschen Standardsprache wurde.

 In kath. Regionen war zwar die Wiener Kanzleisprache verbreitet und auch im Bistum Köln war eine fränkische Sprache bis Napoleon als Schriftsprache verwendet. Schlussendlich setzte sich aber dann als Standardsprache die Kanzleisprache aus dem sächsischen Meißen durch.

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Karl720  18.01.2023, 18:02

Es gibt viele Sprachen und Sprachräume, in denen die Standardsprache aus dem Dialekt eines bestimmten Gebietes entstand. In Italien ist es z.B. der Dialekt der Toskana, in Frankreich basiert Standardfranzösisch auf dem Pariser Akzent. Hochchinesisch (die Standard-Form des Mandarin) basiert auf dem Peking-Dialekt. Mit der deutschen Sprache verhält es sich hier anders. Sie ist aus verschiedenen, nah verwandten mittel- und süddeutschen Dialekten (z.B. Bairisch, Alemannisch, Sächsisch, Rheinfränkisch, ...) zusammengewachsen. Vermutlich war Bairisch(-Österreichisch) der einflussreichste Dialekt, da Österreich lange Zeit der wichtigste Staat im Heiligen Römischen Reich war. Außerdem war Wien bis 1918 die größte deutschsprachige Stadt. Hochdeutsch ist (im Gegensatz zu Standarditalienisch oder Hochchinesisch) keine natürlich gewachsene Sprachvarietät, sondern ein künstlich geschaffenes Mittel, um die Kommunikation zwischen den verschiedenen Regionen des deutschen Sprachraums zu erleichtern. In Hannover und im Rest Norddeutschlands spricht man deshalb Hochdeutsch, weil das Hochdeutsche die dortige regionale Sprache (Niederdeutsch) fast komplett verdrängt hat. Die Herrscher von Hannover herrschten übrigens nicht über das Heilige Römische Reich, sondern über England. Der Logik zufolge müsste Hochdeutsch daher das Englische verdrängt haben und heute somit Weltsprache sein.

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Offiziell verwenden Schweizer als Schrift die Hochsprache, da sich nie eine einheitliche Schriftsprache des Schweizerdeutsch durchsetzen konnte. Heisst also alle offiziellen Dokumente werden, nebst Französisch und Italienisch, auch auf Hochdeutsch verfasst. Im Alltag dagegen, in SMS und E-Mail, schreibt jeder wie er will und das tun die meisten dann mit ihrerer eigenen schweizerdeutschen Schriftsprache.
Noch eine kleine Anmerkung: In unsere Texte schleichen sich sehr oft Helvetismen, also Wörter, die aus dem Schweizerdeutschen abgeleitet werden, die es so aber eigentlich im Deutschen nicht gibt. Ein Beispiel ist "Bub" für "Junge" oder "Trottoir" statt "Bürgersteig" (oder "Jänner" für "Januar" in Schweiz/Österreich). Insofern haben wir also doch eine Art eigene Schriftsprache.

FragenMeisterX 
Fragesteller
 23.04.2015, 23:16

Wäre also viel einfacher für die Schweizer ihre eigene Schweizerdeutsch-Sprache raus zubringen mit eigenem Duden oder?

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Gartenphilo  23.04.2015, 23:19
@FragenMeisterX

Nicht wirklich. Wieso? Das Hauptproblem ist, dass wir keine Einheitssprache haben. Jede Region spricht ihren eigenen Dialekt, wie in Deutschland übrigens auch, aber mit dem Unterschied, dass es bei uns keine offizielle Sprache gibt in der jeder sprechen kann. Es gibt z.B. Wörterbücher für Berndeutsch, aber diese sind für Zürideutsch herzlich ungeeignet. Und nach etlichen Jahrzehnten, die wir nun schon die hochdeutsche Schriftsprache verwenden, ist es mitunter auch schwer einen Kanon über die richtige Schreibweise zu finden.

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Grundsätzlich wird natürlich hochdeutsch geschrieben, es gibt jedoch genug Wörter die einfach in Österreich in Gebrauch sind, in Deutschland aber nicht wie zum Beispiel Jänner was Januar ist, das wird dann natürlich auch in der Zeitung bzw. bei Behörden geschrieben, oder Erdäpfel statt Kartoffeln, Topfen statt Quark etc.

In Österreich schreibt die Jugend Mundart, egal ob aus Kärnten oder Vorarlberg. Erwachsene tun das, wenn sie sich anbiedern wollen oder des Hochdeutschen nicht mächtig sind und viele Fehler machen würden.

Ich denke, in CH wird es ähnlich sein. 

Ich bin aus Ganzwestösterreich, kann alemannisch, ist meine Muttersprache, aber würde nie auf die Idee kommen, so zu schreiben, da das anstrengender ist, als in Hochdeutsch zu schreiben. 

Also normalerweise schreiben Schweizer hochdeutsch, Schule etc. Es gibt auch keine Schweizer Rechtschreibung.

SMS sind denn abr glich no uf schwizerdütsch, wills halt äifach besser tönt.

Grüessli, Linnea