Das ist eigentlich keine frage, sondern eine dreifache tese. Ich fange mal hinten an:
3. Eine natürliche entwicklung gibt es bei der sprache. Reformgegner verwechseln oft sprache und rechtschreibung. Das eine ist 100'000 jahre alt, das andere knapp 200. Das eine lernt man zu hause, das andere wird (wie alles, was man in der schule lernt) in der schule von oben diktiert. Seit es die schulpflicht gibt, bestimmt der staat, welche rechtschreibung gelernt wird – die amtliche schulrechtschreibung. Das ist auf der ganzen welt so. Ein schüler, der auf natürliche weise «fogel» schreibt, wird «belehrt» wird, er müsse «Vogel» schreiben.
2. Die historische entwicklung hat man selbstverständlich berücksichtigt. Was spricht dagegen? Und warum hätte die entwicklung 1996 nicht weitergehen sollen?
1. Da die amtliche schulrechtschreibung nur für die schule gilt, ist sie keine wesentliche staatsaufgabe. Wenn sie das wäre, müsste der entscheidungsweg in der verfassung festgelegt werden. In der Schweiz haben wir ja sehr viele sachabstimmungen, aber hier ist niemand auf die idee gekommen, eine volksabstimmung zur schulrechtschreibung zu fordern. Es gibt umfragen, die eine bis 90-prozentige opposition zeigen. Anderseits weiss man, dass mindestens zwei drittel die rechtschreibung gar nicht beherrschen. 90 prozent von einem drittel sind keine mehrheit!
Unser verein Bund für vereinfachte rechtschreibung leistet übrigens einen beitrag an eine natürliche entwicklung, indem wir für uns die unnötige substantivgrossschreibung abschaffen.