Rechtspositivismus?

2 Antworten

Für mich klingt das eher nach einem "Wir können diejenigen, die nach heutigem Recht Täter wären, nicht nach heutigem Recht bestrafen. Denn zu ihren Zeiten galt anderes Recht. Und zu ihren Zeiten waren sie keine Täter."

Ich kenne den Kontext nicht, daher kann ich das schlecht beurteilen. Etwas mehr Informationen wären zu der Beantwortung dieser Frage hilfreich.

Ist doch ganz einfach. Wenn man davon ausgeht, dass es nur menschengemachtes Recht gibt (und nicht etwa Naturrecht o. ä.), dann haben sich Nationalsozialisten, die bestimmte Taten während des dritten Reichs begangen haben, auch nicht strafbar gemacht, wenn diese Taten damals während der NS-Gesetzgebung nicht strafbar waren.

Wenn man diesem Rechtspositivismus streng folgt, dann würde meines Erachtens aber auch nichts der Möglichkeit der rückwirkenden Bestrafung solcher Täter entgegenstehen, wenn man sie heute in Gesetzesform gießt und zulässt. Denn der NS-Richter geht ja offenbar vom althergebrachten Grundsatz "nulla poena sine lege (praevia)" aus. Also im Prinzip einem übergeordneten Rechtssatz, der damit seiner Aussage ihrer inneren Logik beraubt.

Wolle281  12.09.2020, 20:25

Ganz recht. Es wird immer nur brenzlig, wenn man Sachen vermischt. Der Naturrechtler sagt: Ja, es gilt nulla poena sine lege praevia, aber es gilt auch naturrechtlich, dass Mord strafwürdig ist. Deswegen kann ich heute die Leute für damalige Morde bestrafen. Der Rechtspositivist sagt: Okay, die Tat war damals nicht strafbar, aber sie war so abscheulich, dass die Bestrafung notwendig ist, auch wenn ich dafür eine Ausnahme vom Rückwirkungsverbot in Kauf nehmen muss. Und wenn das dann im positiven Recht so festgelegt wurde, geht das also in Ordnung.

Letzteres halte ich für die ehrlichere Erklärung, aber sie ist in Deutschland nicht offiziell.

0