Psychologe werden; ist das sehr anstrengend (seelisch)?

10 Antworten

Wenn du mit Psychologen Psychotherapeut meinst: ja, das ist es. Sehr sogar. Es kann vorkommen, dass man nach einer einzigen Therapiestunde seelisch auf dem Zahnfleisch geht. Stell dir vor, du steckst gerade in einem schwierigen und schmerzhaften Trennungsprozess mit deiner Frau/Freundin und der Klient vor dir erzählt von seinem eigenen schwierigen und schmerzhaften Trennungsprozess. Oder ein Patient droht mit Suizid. Das steckt man nicht einfach weg.

Darum muss ein angehender Psychotherapeut auch so eine lange und gründliche Ausbildung machen. In der Therapie muss man einen anderen Menschen sehr nah an sich heranlassen, muss aber gleichzeitig auch so abgegrenzt sein, dass man sich von dessen Not nicht anstecken lässt.

Stell es dir einen Menschen in Seenot vor. Es ist deine Aufgabe, den Menschen zu retten, aber einfach mit ins Wasser zu springen, nützt dem Notleidenden nichts. Einer muss den festen Boden unter den Füßen behalten und das ist der Therapeut.

Das ist oft nicht einfach. Man wird oft mit großen eigenen Ängsten oder Leid konfrontiert. Darum gehört  zu einer guten Psychotherapieausbildung auch eine gute Eigentherapie, damit man das bearbeitet und damit umgehen  lernt. Es kann aber immer mal wieder vorkommen, dass die eigenen Ängste, die eigene Biographie einen plötzlich überfordert in der Therapie. Dann muss man i.a. den Fall abgeben. 
Man darf jedenfalls den Patienten nicht dazu benutzen, sich selbst zu heilen. Das machen viele Küchenpsychologen mit oft schlimmen Auswirkungen.

Die Ethik ist daher ein wichtiges Fach in der Ausbildung.

Stell dir eine Therapie wie eine Bergwanderung vor. Der Therapeut ist der Bergführer. Manchmal muss er den Rucksack des Patienten schultern, niemals darf er seinen eigenen Rucksack dem Patienten auch noch aufladen.

Um mit der Belastung, die der Beruf mit sich bringt, fertig zu werden, hat jeder Psychotherapeut auch pflichtgemäß regelmäßig Supervision, wo er über schwierige Fälle reden kann und starke Gefühle, die bei der Therapie unter Umständen aufkommen, bearbeiten kann.

Das ist der Hauptgrund, warum ich niemals einen Schüler als Praktikanten akzeptieren würde. Sie haben mangels Ausbildung einfach nicht die nötigen Mechanismen zur Verfügung, um sich selbst zu schützen.

Das Studium "Psychologie"  versorgt dich erstmal mit den Fakten rund um die Psychologie, also Anatomie, Studien, etc.
Danach kannst du eine Weiterbildung für den Beruf Psychologe machen. Solltest du also während des Studiums merken, dass dich doch eher ein anderer Aspekt, als die Einzelarbeit mit Patienten reizt, dann könntest du immer noch umsteigen.

Konkreter zu deiner Frage: Ich habe mal aufgrund der Schule eine Psychologin interviewt. Sie meinte, es sei sehr wichtig, seine sog. "Lebenshygiene" aufrechtzuerhalten. Wie du also deine Hände wäschst, wenn du aus dem Bad gehst, so wäschst du auch deinen Kopf rein, wenn du aus dem Therapiezimmer gehst. Tut man das nicht, und das passiert zweifellos dann und wann, und man nimmt sozusagen die Arbeit mit nach hause, dann kann es sehr belastend werden.

Solltest du wirklich nur Psychologie studieren, um Menschen zu helfen musst du dir darüber im Klaren sein, dass dir zwar im Laufe deiner Ausbildung Mittel zur Distanzierung an die hand gegeben werden, diese aber nur denen helfen, die seelisch eine gewisse Grundstabilität mitbringen.

Viel Erfolg bei deinem Werdegang. :)

schloh80  01.10.2016, 16:11

Es gibt keine Weiterbildung zum Psychologen.

Psychologe ist nicht das gleiche wie ein Psychotherapeut.

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DieReminiszenz  01.10.2016, 16:13
@schloh80

Dann hat mir die Psychologin damals Quatsch erzählt? Zu meiner Schande habe ich keine praktische Erfahrung damit und kann mich nur darauf beziehen, was sie gesagt hat.

Danke für´s Verbessern.

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erstmal, du "musst" nicht.

Du kannst auch Psychologie Lehrerin werden oder einfach zusätzlich Psychologie zu etwas anderem studieren. aus spaß :D

Und zweitens ist das mit 16 viel zu früh sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Mit 16 hatte ich auch eine schwere Zeit und mittlerweile könnte ich mir sogar vorstellen Sterbehilfe zu machen. (also nicht Tod beschleunigen sonder Menschen auf dem Weg begleiten...)

Wenn es dich wirklich sehr interessiert wirst du sicher auf deinem Weg bleiben und dann wird sich alles von alleine beantworten, du wirst schon spüren ob das etwas für dich ist oder nicht.

Es ist nur anstrengend, wenn Du ein sog. Helfersyndrom hast. Dann bist du praktisch verloren!

In so einer Ausbildung lernt man allerdings (wenn es optimal verläuft) sich abzugrenzen.Das  heißt, sich nicht mit der Geschichte, dem Patienten zu verwickeln und zu verstricken. Man ist dann sozusagen "Zeuge / Beobachter". Also neutral.

Dann kann es viel Freude machen.

Hallo,

Psychologie kann ein sehr interessantes Studium sein. Der Vorteil besteht darin, dass Du manchen Inhalt direkt aus eigenem Erleben erkennen und nun unter neuem Gesichtspunkt verstehen lernen wirst.

Vielleicht machst Du mal ein Praktikum bei einem Psychologen.

Das Studium fordert von Dir grundsätzlich keine Arbeit mit Klienten. Aber Du musst Dich abgrenzen von all den Krankheits-Symptomen, die auch Psychologen lernen müssen, die aber jedes für sich genommen durchaus auch bei Gesunden auftreten.

Wenn Du nicht Therapeut werden magst, kannst Du Dich in unterschiedlichen Bereichen spezialisieren:

In der Wirtschaft hast Du mit Personal (Auswahl, Führung, Entwicklung, Einstellung, Qualifizierung etc.) zu tun. Auch Marketing kann spannend sein.

In der Schule arbeiten Schulpsychologen für Schüler, Eltern und Lehrer

Bei der Arbeitsagentur Arbeiten Psychologen, um das richtige Stellenprofil für den Bewerber (und umgekehrt) zu finden.

Auch Polizei und Justiz brauchen Psychologen

Die Psychologie ist einer der Studiengänge, die eine sehr breite Entwicklungsperspektive eröffnen können (zum Teil abhängig von der Ausrichtung der jeweiligen Uni).

Allerdings brauchst Du im Studium viel Mathe (Statistik), was viele abschreckt.

Viel Erfolg!