Platon. Ideenlehre?

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Nach der Lehre Platons sind die Ideen wirklich Seiendes, in sich selbst gleiche (mit sich selbst identische) Wesenheiten. Eine Welt der Ideen bildet einen Bereich für das Denken einsehbarer Dinge. An der Spitze dieses geistig erfaßbaren Bereiches steht die Idee des Guten (ἡ τοῦ ἀγαθοῦ ἰδέα Politeia 517 c).

Von diesem Bereich unterscheidet Platon eine Welt der Erscheinung, die durch die Sinne wahrgenommen werden, ein Bereich des Werdens und Vergehens (vergänglich).

Die Einzeldinge haben zu den Ideen eine Verbindung, die in bildlich-übertragener Ausdrucksweise ein Urbild-Abbild-Verhältnis genannt werden kann (ein Muster/Vorbild [παράδειγμα] und ein Abbild [εἰκών; εἴδωλον]). Platon schreibt von einer Teilhabe (μέθεξις) der Einzeldinge an den Ideen. Im Einzelding gibt es eine Anwesenheit/Gegenwärtigkeit (παρουσία) der Idee. Zwischen Idee (ἰδέα) bzw. anders ausgedrückt Form (εἶδος) und ihr zugehörigem Einzelding gibt es eine Gemeinschaft (κοινωνία).

Einzeldinge sind teils Idee, teils Nicht-Idee (etwas, das nicht dem Wesen nach notwendig zu dem bestimmten Etwas, welches die Idee ist, gehört). Ideen sind nur rein die bestimmte Sache selbst und stehen damit auf einer höheren Seinsstufe als die Erscheinungen.

Die Seele hat nach einigen Darstellungen Platons vor ihrer Existenz in einem einzelnen Menschen Ideen geschaut. Dieses Wissen ist beim Aufenthalt der Seele im Körper nur noch verborgen, der Möglichkeit nach vorhanden, kann aber durch einen geistigen Anstoß aktiviert werden. Daher sind Lernen und Erkennen in gewissem Sinn Wiedererinnerung/Anamnesis (ἀνάμνησις).

Ein Einzelding wie ein einzelner Stuhl ist ein konkreter Gegenstand, der mit Hilfe von Sinneswahrnehmung bekannt ist, aber nicht rein die Sache Stühle selbst. Dies meint anscheinend der - ohne Zusammenhang angegebene - Satz: „Der Stuhl ist kein Stuhl, sondern nur das, was du als Stuhl kennst?“. Am wahrnehmbaren Einzelding Stuhl ist auch etwas, das nicht zum Stuhl-sein als solches gehört. So hat eine bestimmte Farbe (z. B. braun oder weiß), besteht aus einem bestimmten Material (z. B. Holz oder Plastik), ist gepolstert oder nicht gepolstert. Diese bestimmten Eigenschaften hat nicht jeder Stuhl. Dies ist also nichts, was allgemein notwendig zum Stuhl gehört.

Im Unterschied dazu gibt es die Idee Stuhl, etwas, das bei jedem Stuhl vorliegt und mir der allgemeinen Frage „Was ist ein Stuhl?“ gesucht werden kann. Die Menschen Können es mit begrifflichem Denken erfassen. Beim Stuhl ist für die Idee seine Funktion wesentlich, nämlich zum Daraufsitzen geeignet zu sein.

Zu Vertiefung empfehle ich, Platons Dialoge und einführende Bücher über Platon zu lesen, z. B.:

Michael Erler, Platon. Beck : München, 2006 (Beck`sche Reihe: bsr - Denker; 573), S. 143 - 161

In der Philosophie gibt es zwei Blickrichtungen:

1) vom Einzelnen auf das Ganze, von der Erfahrung auf die begriffliche Repräsentanz und dann deren Abstraktion.

2) vom Ganzen auf das Einzelne und vom Begrifflichen als das Ursprüngliche auf das einzelne, die Benennung der Erfahrung und des Vergänglichen. Die Suche nach Sicherheit und Gründung unseres Wissens findet hier eine positive Antwort. Ja, es gibt eine ewige Wahrheit, weil wir Wahrheit nicht nennen könnten, wenn sie nicht als allgemeiner Begriff Bestand hätte.

Für jemanden, der gewohnt ist, die Realität aus der Einzelerfahrung heraus zu begründen, ist Position (2) nur schwer nachvollziehbar. Umgekehrt muss man sagen, dass z.B. in Zeiten der Scholastik über Jahrhunderte die Einstellung (2) vorherrschte. Nun basiert unsere moderne Wissenschaft stark auf Position (1) und festigt sie. Mit Positiion (2) verbundene Einstellungen wie die Erde als Mittelpunkt der Welt, der Mensch als Krone der Schöpfung zerbröseln. Wir sind weniger als ein Staubkorn und ein Blick in die Geschichte zeigt eine blutbefleckte Krone. Alle Idealismen haben versagt und die deutsche Aufklärung mit ihrer Anbetung der Vernunft ist im dritten Reich zerbröselt. Dennoch lohnt es sich, Auffassung (2) verstehen zu suchen, weil wir sonst einen Großteil unserer Geschichte nicht verstehen würden.

Die Ideen sind schon im Vorraus im Kopf des Menschen und werden nur wieder bei der Geburt "gelöscht". Also muss man bei Dingen, in der realität erst seine Idee im Kopf schaffen um diesem eine Bedeutung zuzuschreiben. Man schreibt dem Begriff des Stuhles also eine Idee, die durch unsere sinne getrübt ist, zu und "speichert" diese Idee dann für die Existenz des Stuhls ab. So hab ich das verstanden. Hoffe ich konnte dir helfen ;)

MoonlightStar 
Fragesteller
 03.10.2012, 18:26

Danke danke danke danke danke!!!!

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Albrecht  03.10.2012, 21:26

Dies ist seltsam ausgedrückt, wirr oder nicht ganz richtig. Menschen erfassen nach Platon Ideen durch begriffliches Denken. Ideen gelten als das eigentlich Seiende. Wie die Äußerung mit der Zuschreibung und dem Abspeichern für die Existenz gemeint ist, ist daher schwierig nachvollziehbar.

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