Pilot werden, schwer (Erfahrungen, Ratschläge)?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Die Fragen nach "Wie werde ich Pilot?" scheinen kein Ende zu nehmen, auch wenn die Antwort (meine jedenfalls) immer die gleiche ist: Alle Sachfragen kannst Du mit ein wenig Eigeninitiative selbst beantworten.

Wer sich auf ein Internetforum verlässt, ist verlassen, denn die Antworten musst Du auf jeden Fall gegenchecken; da kannst Du auch gleich selbst suchen, und zwar bei Flugschulen, beim Luftfahrt-Bundesamt, bei der EASA und natürlich bei den Unternehmen - oder zu guter Letzt, in der GF-Datenbank.

Viele der bisher gegebenen Antworten sind nicht im mindesten von Sachkenntnis getrübt. Weder brauchst Du Abitur noch einen bestimmten Schnitt. Die EU jedenfalls macht in ihrer Ausbildungsvorschrift 1178/2011 dazu keinerlei Aussagen.

Dass Firmen u. U. in ihren Zugangsvoraussetzungen noch zusätzliche Vorgaben machen, ändert nichts am System. Schulabschlüsse sind ja in Europa (noch) nicht standardisiert, von daher musst Du Dir sowieso die Vorgaben auf den Karriereseiten der Airlines genau durchlesen.

Fast alle Antwortgeber haben nur die Lufthansa im Sinn. Ist zwar eine gute Firma, aber eben nicht die einzige in Europa - und auch nicht der Gesetzgeber für andere Unternehmen.

Daraus folgt, dass der Schluss LH = Abitur, also Pilot = Abitur einfach Unsinn ist! Und Du musst auch kein Abiturzeugnis haben, sondern bei LH die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife nachweisen - und das geht auch auf anderen Wegen.

Gesucht werden übrigens keine "Fachidioten" auf einem Gebiet, sondern "Allrounder", also Leute, die auf vielen Gebieten guter bis sehr guter Durchschnitt sind.

Natürlich hilft ein guter Background in den MINT-Fächern, aber auch Deine "soft skills" (die Du in der Schule nie gelernt hast) müssen stimmen: Teamfähig, problemlösend, schnelle Reaktion auf wechselnde Lagen, mehrfachbelastungsfähig, sachlicher Diskussionspartner usw.

Wenn Du dann noch fit bist für ein Klasse 1-Medical (hier leiden viele Jugendliche a) an Gehörbeeinträchtigungen und b) an fehlendem räumlichen Vorstellungsvermögen), Deine Sicherheitsüberprüfung ohne Erkenntnisse ist und Du den vorgeschriebenen Englischtest (LPC) mit mindestens Level 4 (von sechs möglichen) bestehst, steht der Karriere(fast) nichts mehr im Weg.

Die Durchfallerquote hat sich in den letzten 15 Jahren so gut wie verdoppelt. Waren früher, also ganz früher, noch rund 10 % der Bewerber geeignet, sind es heutzutage gerade mal 5 %. Das deckt sich auch mit Daten der Bundeswehr, die 2014 sagte, dass von rund 2.000 Bewerbern 86 übrig blieben, also nur 4,3% aller Bewerber überhaupt generell für die Militärfliegerei (Kampfjet, Transport, Hubschrauber) geeignet waren. 

Die Chance, nicht genommen zu werden, ist also weit höher als umgekehrt. Schon deshalb darfst Du Dich nicht mit Deinem Abi-Schnitt zufriedengeben, denn Du brauchst einen Plan B, falls es mit der Fliegerei nicht klappt. Und dann könnte der NC zählen.

Bestehst Du aber den Einstellungs- und Eignungstest, schaffst Du auch die Ausbildung. Wenn sie abgebrochen wird, dann fast immer aus medizinischen Gründen.

So, mein Statement bezieht sich natürlich auf LH, bei der ich 30 Jahre gearbeitet habe, davon 10 Jahre als Teamleiter "Lizenzierung Cockpitpersonal", es wird bei anderen Airlines aber ähnlich sein.

Da mein Team in all den Jahren rund 5.000 Piloten betreut hat und ich Flugmediziner, Behördenvertreter, Kollegen anderer Airlines und auch Kameraden der Flugbereitschaft (wurden bei uns u. a. auf A340 geschult) kennengelernt habe, glaube ich, dass meine Aussagen sachlich immer noch zutreffend sind.

Änderungen in der EASA-FCL kannst/musst Du mal selbst recherchieren wie auch sonstige Fakten. Das haben ja andere vor Dir auch geschafft, sogar in den Vor-Internet-Zeiten.

Treko 
Fragesteller
 12.03.2018, 13:30

Danke für die ausführliche und sachliche Antwort!

0

Die Wahrscheinlichkeit eine Ausbildung bei einer Airline oder aber auch der Bundeswehr zu bestehen, ist, wenn man einmal genommen wurde, recht hoch. Allerdings sieben die ordentlich. Ein nennenswerter Teil der Flugpsychologie beschäftigt sich nur mit dem Thema Eignungsfeststellung. Die Stellen niemanden ein von dem die denken dass er es nicht packt. Ob man da jetzt mit einem 3,4er Abi jemanden vom Hocker haut, weiß ich nicht.

Mit privat bezahlten Ausbildungen kenne ich mich nicht gut aus, kenne aber Leute die bei einer Airline die Ausbildung begonnen und nicht geschafft haben und es jetzt privat machen. Da sieht es so als würden die es packen.

Also mit einem Abi bist du schonmal gut dabei. Wenn du die Fächer englisch Mathe und Physik positiv bestanden hast sparst du dir auch den Rest dafür. Die Ausbildung ist je nach Typ entweder leicht oder schwer. Kein Zweifel musst du viel lernen. Das fliegen ist nach den ersten Stunden locker und leicht. Wenn du die Ausbildung machen willst und keine Airline dich nimmt heißt das nicht das dein Abschluss zu schlecht war. In diesem Fall kannst du auch einfach zu einer flugschule gehen und deinen frozen ATPL machen.

Treko 
Fragesteller
 12.03.2018, 13:24

Danke für die informative Antwort!

0

Schwer in dem Sinne ist es nicht. Die Absolventenquoten sind ja 90% oder höher.

Hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Leute, die sich in eine solche finanzielle Abhängigkeit stürzen viel höheren Druck haben es zu schaffen.