Mit fast 12 unselbständig

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Hallo eva

Das Problem hat weder mit "unselbständig" zu tun, noch kannst du es mit "erklären und bereden" lösen. Ich habe deine weiteren Antworten gelesen und sehe, dass du völlig auf der logischen und rationalen Ebene bleibst.

Dein (Stief-)Kind hat ihre Probleme jedoch ganz auf der Gefühlsebene. Zusätzlich könnte sie unbewusste Ängste kompensieren und immer wieder traurige Phasen (über die frühere Trennung der Eltern) in sich spüren. Typisch für das grosse Verlassenheitsgefühle und die emotionale Hilflosigkeit ist der Mangel an Eigenpflege, Körperpflege oder die auffallende Regression beim Ausscheiden.

Wenn es dir ernst ist und du deiner Tochter und deiner ganzen Familie helfen willst, wieder ins Lot zu kommen, musst du professionelle Hilfe dazu holen. Man kann nichts gegen ihr Verhalten machen! Ihr müsst etwas für eure familiäre Beziehungsebene und den Aufbau guter Gefühle machen.

Das Noch-Kind fühlt sich mit Sicherheit schlecht, nicht ernst genommen, hat eher wenig Vertrauen und noch weniger gute Selbstwertgefühle. Sie kann sich nicht selbst aus dem Schlamassel ziehen und Vorschriften, Vorwürfe und "Erklärungen" der Erwachsenen helfen ihr auch nicht zu einem besseren gemeinsamen Familiengefühl.

Was sie nicht spürt, ist schlicht die Liebe. Sie wird nur einen wirklichen und persönlichen Entwicklungsschritt machen können, wenn sie sich geliebt fühlt. Da sie zusätzlich in Richtung Pubertät geht, kann ich euch (der Vater muss sich unbedingt auch ehrlich einbringen) nur ganz dringend rasches und richtiges Handeln empfehlen!! Sonst triftet eure Tochter ganz weg und kommt in grosse emotionale Gefahr den Verführungen der Umwelt nichts entgegen setzen zu können.

Vertrauen, Zuversicht, Zukunftsvisionen und eine tragende Beziehung muss von den Erwachsenen in ihr Leben gebracht werden. Das kannst du und dein Mann nicht "erklären". Ein Kind merkt oft, dass man "keine zeit hat" und keine Lust, etwas gemeinsames mit echten guten Gefühlen zu machen. Alles scheint wichtiger, der Geschäftstermin, Geld, Erfolg, das Smartphone, die Nachbarn, die Hygiene, die Lehrer, die Erziehung, ... und tausend andere Dinge und Leute.

Was meinst du, wie oft in den letzten 5 Jahren konnte sich deine Tochter in ihrer Familie wirklich geborgen, angstfrei, anerkannt und glücklich fühlen?

Nach meinen Erfahrungen kann ich euch eine "Systemische Familienberatung" sehr empfehlen. In diesen Gesprächen kommt man zügiger als in anderen Therapieformen zu guten Lösungen. Such dir wie im Beispiel eine Adresse in deiner Nähe:

http://www.praxis-amrein.ch/index.php/systemisch-loesungsorientiert

Ich hoffe von ganzem Herzen, ihr schafft gemeinsam den Sprung in die echten Gefühle. Davon wird jedes Familienmitglied profitieren!

Lieben Gruss mary

Alles kommt zum richtigen Zeitpunkt. Der Umkreis wirkt im Moment am Stärksten aufie ein. Sie findet sich im Moment selbst, da sind andere, für dich selbstverständliche Dinge für sie unwichtig. Wart's ab, stundenlanges Bad besetzen und einen vollen Wäscheschrank mit "nichts drin" wird noch kommen. Wichtig ist, denke ich, dass eure Beziehung stabil ist, damit sie dann gegen tatsächliche Anfeindungen, was Optische betrifft, gewappnet ist und dich zum Ausheulen hat. Essen- lass sie seobst schmieren, dann weiß sie um die Arbeit und belegt nach ihren Bedürfnissen. Dann ärgerts dich auch nicht mehr so sehr, wenn sie's nicht gegessen hat. Euch Alles Gute!

SchneeFee123 
Fragesteller
 11.09.2014, 13:17

das ist schon mal eine gute Idee mit dem selber schmieren. Das werde ich umsetzten. Danke. Mein Mann und ich sind ein sehr gut eingespieltes Team uns halten in jeder Situation zusammen.

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Du hast sehr gute Antworten bekommen, das muss ich nicht wiederholen. Mir fällt auf, dass du das Kind erziehst, es ist nicht deins. Das Kind vermisst seinen Vater. Mehr handeln weniger reden und bitte halte dich zurück, wie ich das fühle, ist das Kind wütend, dass du das Oberkommando hast und der Vater nur widerwillig einschreitet und sich nach dir richtet und nach deinem Mund redet. Der Vater hat die Erziehung an dich delegiert..

SchneeFee123 
Fragesteller
 21.01.2015, 17:22

Hallo, danke für die Antwort. Ich habe gar nichts mehr erwartet. Freue mich aber sehr darüber. Es ist schwierig, sich daraus zu halten, da ich ja für die schulische Leistung etc. verantwortlich bin, bis mein Mann kommt. Mein Mann unternimmt auch mal alleine etwas mit ihr, schaut auch mal Schulsachen nach.. Es ist alles furchtbar kompliziert. Unser Verhältnis ist mitlerweile sehr distanziert ( auch zu meinem eigenen Schutz). Eine Beratungsstelle sagte, dass die Mutter sich auch darum bemühen müsse, eine Beziehung zur Tochter aufzubauen und ihr das Gefühl zu geben, dass es sie gibt. Dadurch, dass Mama jetzt ganz viel unternimmt und kauft an den Wochenenden, sind wir zu Hause ganz ganz schlechte Menschen für sie.

Ach, ich könnte ewig weiterschreiben, weil es so viel gibt, wo WIR Hilfe und Ratschläge bräuchten.

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Goodnight  21.01.2015, 19:24
@SchneeFee123

Ach lass dich einfach mal virtuell in den Arm nehmen, du hast es wahrlich nicht leicht. Kann mir eure Situation lebhaft vorstellen.

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Sicher ist es wichtig, mit den LehrerInnen im Dialog zu stehen, doch schnell kann das Alle-gegen-das-Mädchen Ding kommen und daher rate ich zum Beziehungsaufbau und Vertrauensaufbau. Wenn es für dich nicht mehr schlimm ist, was sie in der Schule geleistet oder nicht geleistet hat, dann ist es für sie auch nicht mehr schlimm, dir Arbeiten zu zeigen, mit ellenlangem roten Text drunter. Geht es schulisch bergab, auch nur zu Gunsten des Kindes Dialoge suchen, nicht zu ihrem Schaden.

Die Kunst besteht darin, als Außenstehender nicht den Zeitpunkt fest zu legen, wann ein Kind selbständig zu sein hat, nur weil dies den allgemeinen Normen und Wertvorstellungen der Gesellschaft entspricht. Für Dein Kind läuft gar nichts schief. Das für DICH etwas schief läuft, kannst Du Deinem Kind nicht anlasten. Das Zauberwort heißt Vertrauen. Kinder lernen überwiegend durch Nachahmung. Hat Dein Kind, als es klein war, schon jemals gesehen, wie sich Erwachsene die Zähne putzen? Ich weiß natürlich nicht, in welchem Alter das Mädchen Deine Stieftochter wurde.

Ein Großteil der "Kriege" zwischen (V)Erwachsenen und Kindern hat seine Ursache in den permanenten Erwartungen, die an die Kinder gestellt werden. "Ich erwarte von Dir das ..." Wenn Erwachsene selbst mit diesen Erwartungen konfrontiert wären, würden sie sich die verbitten.

Zu diesen Erwartungen zähle ich auch das, was in der Sichule passiert. Die Arbeiten schreibt Deine Tochter ja nicht, weil sie die schreiben will, sondern weil sie muss. Warum sie die zerknüllt oder wegwirft, weiß ich nicht. Hast Du sie schon mal nach dem Grund gefragt, oder hast Du nur geschimpft, WEIL sie es getan hat. Es wird schon einen Grund für ihr Handeln geben. Nur weil sie nicht das tut, was Deinen Erwartungen entspricht, heißt das doch nicht, dass sie nicht lernfähig ist. Ist man immer nur dann lernfähig, wenn man tut, was andere sagen, auch dann, wenn es für einen selbst überhaupt keinen Sinn macht?

Wenn sie die Brote nicht isst, würde ich fragen, ob sie überhaupt welche haben möchte. Vielleicht nimmt sie während des Schultages Dinge zu sich, von denen Du nicht die geringste Ahnung hast. Vielleicht schmecken ihr die Brote nicht. Deshalb muss man überlegen, ob es überhaupt einen Sinn ergibt, wenn sie die Brote, die sie möglicherweise gar nicht mag, nun auch noch selber machen soll. Wenn sie die haben möchte, ist das Selbermachen natürlich sehr sinnvoll.

Ein anderes Zauberwort ist für mich Gleichwertigkeit. Ich meine ausdrücklich nicht Gleichberechtigung. Es ist logisch, dass Erwachsene andere Rechte haben. Behandele Dein Kind so, wie Du selbst behandelt werden möchtest. Hier meine nicht in erster Linie die Höflichkeit. So wie Du hin und wieder das Bedürfnis hast, faul zu sein, gesteh das Deinem Kind auch zu. Wenn Du selbst hin und wieder lügst, kannst Du Dein Kind nicht dafür bestrafen, wenn es lügt. Vor einiger Zeit habe ich ein sehr schönes Beispiel für genau diese Situation gehört. Eine Mutter hält ihrem Sohn eine Standpauke, dass man nicht lügen darf. Mittendrin klingelt das Telefon. Der Sohn rennt hin und die Mutter ruft ihm nach: "Wenn das meine Schwester ist, sag ihr, ich bin nicht da." Der Sohn sollte also für die Mutter lügen.

Gruß Matti

SchneeFee123 
Fragesteller
 11.09.2014, 15:11

Der Spruch ist auf jeden Fall klasse. Danke für die vielen Worte.

Das mit dem Vertrauen ist auch ein großes Problem.

Zähne putzen hatte mein Mann ihr öfter erklärt, weil er merkte dass es nicht geklappt hat. Da sagt sie, dass sie keine Lust hätte und zu faul wäre, genau wie mit der anderen Körperhygiene.

Ich achte auch sehr auf meine Aussprache bei ihr. Ich benutze eher Redewendungen, die sich weder wie Befehle anhören, noch solche wie : ich erwarte von dir,...

Zum Thema Schule: sie sagt, dass sie keine Schule bräuchte, dass es ja heutzutage Hartz 4 gibt, und sie eines Tages Ihre eigene Familie damit finanzieren könnte. Sie sagt, dass sie Ihre Kinder niemals dazu zwingen würde, dass sie lernen müssen. Es ist schwierig, sie davon abzubekommen. Es gibt eine Person an der Mutters Familien Seite, die ihr solche Sachen immer erzählt hat. Da es ein riesiges Vorbild für Annabel ist, macht sie alles, was diese Person sagt und tut. Der Umgang mit dieser Person ist bereits nach Gesprächen mit den Eltern reduziert worden. Da mein Mann sehr viel arbeitet, habe ich mir eine Strategie zugelegt, wo wir 1 mal die Woche gemeinsam die Schultasche durchschauen und ich ihr Beispiele gebe, wie ich es immer gemacht habe etc. Auch über Themen unterhalten wir uns, die sie durchgenommen hat.

Immer wenn ich dann denke, dass es läuft, hat sie keine Lust und wirft alles hin. Ich gehe immer wieder auf sie zu und rede mit ihr. Auch als sie jetzt eine 5 geschrieben hat, habe ich sie gefragt, woran das lag, sie sagte nur, dass sie nicht wirklich zugehört hat...

Sie hatte in der Mensa zu essen bekommen. Doch das hat sie selten angerührt, oder gar abgeholt. Das hat mit ihren Freundinnen zu tun. Da Annabel ständig im Mittelpunkt von Streitigkeiten ihrer Mitschülerinnen steht, ist sie ständig unter Strom und aufgeregt und muss immer etwas klären. Da gibt es sehr sehr viele Vorfälle. Auch alle Lehrer sind davon informiert, bzw. haben uns darüber informiert. Manchmal wenn sie so aufgebracht nach Hause kommt, muss ich sie beruhigen. Früher war das so, dass sie nie Freunde hatte. Wenn es dann doch der Fall war, hat sie durch Ihre dominante Art alle verscheucht.

Das, was sie mit dem Gleichwertigen schreiben, setze ich auch schon um. Auch zu ihr sage ich, dass jeder so von seinen Mitmenschen behandelt wird, wie er behandelt. Meine Schwiegermutter macht sogar Rollenspiele mit ihr, damit sie sieht, wie es für manch erwachsenen ist.

So, das schicke ich Ihnen schon mal. Fortsetzung folgt...

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Kuhlmann26  13.09.2014, 09:31
@SchneeFee123

Sie sagt, dass sie Ihre Kinder niemals dazu zwingen würde, dass sie lernen müssen. Es ist schwierig, sie davon abzubekommen.

Mit dem, was ich jetzt schreibe, werde ich Dich vermutlich überraschen. Das hängt mit der irrwitzigen Vorstellung zusammen, die die meisten Menschen vom Begriff "lernen" haben. Ich fange mit einer Frage an. Hast Du schon jemals gesehen, wie ein Fisch gezwungen wurde, zu schwimmen, oder ein Vogel gezwungen wurde, zu fliegen? Sie schwimmen und sie fliegen, sobald oder kurz nach dem sie auf der Welt sind. Bei Annabell hast Du es vermutlich nicht selbst erlebt, aber glaubst Du, sie ist gezwungen worden, das Laufen oder das Sprechen zu erlernen? Die meisten Leute meinen, unter Lernen versteht man, belehrt zu werden und Kinder müssten unentwegt belehrt werden, damit sie lernen. In manchen Familien wird diese Prinzip schon von klein auf praktiziert, aber in der Schule wird es dann auf die Spitze getrieben. Man glaubt, jenseits aller Interessen des Kindes, müsste man ihm alle 45 Minuten neues Wissen in den Kopf stopfen und das wäre dann Lernen.

Ich kann nur hoffen, Annabell hat ihren Vorsatz, bis zu dem Zeitpunkt wo sie eigene Kinder hat, nicht wieder vergessen und ich wünschte mir, dass mehr Leute so dächten.

Deine Stieftochter kann es Dir vermutlich nicht so erklären, wie ich es hier geschrieben habe. Jedoch ist das ein sehr vernünftiger Gedanke, den sie da geäußert hat. Sie begreift instinktiv die Absurdität dessen, was in unseren Schulen passiert und lehnt es ab.

Das war mal ein Beispiel dafür, was ich mit "einander verstehen" gemeint habe. Lernfähig zu sein, bedeutet nicht, alles zu tun, was von einem verlangt wird. So lange ein Kind widerspricht, hat es sich noch nicht aufgegeben. "Artige" Kinder haben gelernt, ihren eigenen Willen zu unterdrücken. Sie gehorchen, weil sie den Konflikt zwischen sich und der geliebten Person nicht aushalten.

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SchneeFee123 
Fragesteller
 11.09.2014, 15:33

Annabel hat noch einen jüngeren Bruder, der bei der Mutter wohnt. Die Geschwister sehen sich jedes Wochenende. Sobald er da ist, fangen sich die beiden an zu necken. Alles normal bei Geschwistern. Doch wenn er sich alleine beschäftigt, läuft sie an ihm vorbei und ärgert/ stört ihn so lange, bis beide am Schreien sind, weinen und sich schlagen. Wenn wir nicht dabei sind, schlägt sie ihn. Auch die Erklärung, dass sie ein Vorbild ist, und dass das keine Lösung ist, wird bis zum nächsten Aufeinandertreffen der beiden in unserer Wohnung halten.

Unsere Katze behandelt sie schlecht, wenn niemand zuschaut. Ich habe sie durch Zufall dabei beobachtet, wie sie die Katze am Schwanz hochzieht, und sie dann durchs Zimmer wirbelt...

Weil sie mal keine Lust hatte, das Toilettenpapier, dass 20cm vor ihr im Schrank stand, nachzufüllen, hat sie, nachdem sie "groß" gemacht hat, einfach mal alles in die Unterhose gelassen. Ich habe es leider erst gemerkt, als alle Sachen in der Waschmaschine waren.

Annabel geht es mittlerweile auch bei ihrer Mutter wieder gut. Bei Nachfrage, ob sie sich schon aufs Wochende mit Mama und Bruder freut, ist die Antwort: Klar, da muss ich nichts machen( lernen, aufräumen) und kann Fern schauen, Naschen und machen was ich möchte. Mama kauft alles was ich möchte. Was für uns schwer ist, weil sie sie nur noch beschenkt wenn sie da ist.

Sie hat sich vor einem Jahr für die Schule geschminkt, was mein Mann bei ihr durch Erklärungen wegbekommen hat. Sonst zieht sie sich auch bei Wind und Wetter sehr freizügig an. Deshalb muss abends alles vorbereitet werden, damit sie nicht zu nackt aus dem Haus geht. Sie fotografiert sich ihre ganze Freizeit über und hat überall Fotos von sich aufgestellt,...

So, das waren noch ein paar Einblicke von Annabel

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Kuhlmann26  12.09.2014, 11:07
@SchneeFee123

Alles in allem würde ich sagen, dass das Ganze ein Fall für den Familientherapeuten ist. Jedoch nicht, weil ich glaube, dass mit Deiner Stieftochter etwas nicht in Ordnung ist, und unselbständig ist sie schon gar nicht, sondern weil es darum geht, den Anderen zu verstehen. Man kann einen anderen nicht ändern. Das kann der nur selber tun, und zwar aus Einsicht. Einsicht hat man, wenn man verstanden hat.

Das mit der Katze ist natürlich eindeutig Tierquälerei. Die Frage ist, welche Wut hat sie da an dem Tier ausgelassen?

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Kuhlmann26  12.09.2014, 11:16
@SchneeFee123

PS: Wenn ich Therapeuten sage, meine ich ausdrücklich keinen Psychologen. Es geht darum, dass ihr einander versteht und nicht darum, dass einer krank ist.

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