Meinung zur Aktiven Sterbehilfe?

Das Ergebnis basiert auf 27 Abstimmungen

Ja, sollte erlaubt werden. 74%
Nein, sollte weiterhin verboten sein. 26%
Ich bin mir unsicher. 0%

13 Antworten

Nein, sollte weiterhin verboten sein.

Aktive Sterbehilfe bedeutet: jemand (meist ein Arzt, weil der wissen sollte, wie es am Besten geht) bringt mich um. Das ist eine Zumutung für den Täter. Zu unterscheiden ist da noch, ob ich es gewollt habe oder man meint das sei kein lebenswertes Leben mehr. Im Nationalsozialismus wurde dafür der Begriff lebensunwertes Leben eingeführt und dadurch die Diskussion zur Sterbehilfe nachhaltig vergiftet.

Ich befürworte geregelte Sterbehilfe, bei der die Tatherrschaft immer beim Sterbewilligen liegen muss. Dazu sollte es zuvor eine Beratung u. a. zu palliativmedizinischer Betreuung und Alternativen und eine Beratung zu geeigneten Methoden geben. Natrium-Pentobarbital wird in vielen Ländern benutzt und ist auch in Deutschland vom höchsten Verwaltungsgericht mehrfach zugelassen worden, nur hat Bundesminister Spahn die Ausgabe verboten.

Eine einfache, humane und würdevolle Methode ist uns weiterhin unbenommen: der freiwillige Verzicht auf Essen und Trinken.

Der einzige Nachteil beim Freitod ist, ich muss es rechtzeitig tun, solange ich es noch kann; das ist aber zumutbar.

ZuckerImBlut  20.11.2019, 12:53

Hey

Ich respektiere deine Meinung. Vermute aber, dass diese auch auf einem Mangel an Selbsterlebtem beruht.

Als freiwillige Mitarbeiterin im Hospiz kenne ich den freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit, von Fachleuten mit FVNF abgekürzt, natürlich. Als Argument gegen Sterbehilfe wird gerne erwähnt, dass „in der letzten Phase des Lebens Hochbetagte ohnehin oft wenig essen und deutlich weniger Durst haben". Wir haben in den Hospizen weltweit aber mittlerweile auch einen nicht geringen Anteil an jüngeren Menschen, für die diese Theorie nicht greift.

Die Gesetzesänderung sollte für alle Beteiligten mehr Sicherheit und Klarheit schaffen, hat aber das Gegenteil bewirkt. Ich möchte dir gerne mal einen Fall schildern, der mich sehr geprägt hat.

Eine junge Frau, gerade mal 22 Jahre alt, mit Metastasen im ganzen Körper. Sie litt schon sehr lange unter starken Schmerzen, trotz Versorgung mit Morphium und Fentanyl, denn die sogenannte Toleranzentwicklung (kurz: starke Schmerzmittel verlieren mit der Dauer der Gabe an Wirksamkeit) kann eine Verzehnfachung der Dosis notwendig machen, um die gewünschte Schmerzlinderung zu erzielen.

Irgendwann war sie austherapiert und wurde nach Hause geschickt, dort stiegen die Schmerzen auf ein unerträgliches Maß an. Der Homecare-Arzt weigerte sich aber die Dosis noch einmal zu erhöhen, weil "aufgrund ihres Untergewichts bei einer Dosiserhöhung ein Fall von aktiver Sterbehilfe vorliegen würde und er keine Lust hätte, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen".

Die junge Frau brauchte 3 Tage um zu Sterben. Die sie die meiste Zeit mal schreiend, mal wimmernd vor Schmerzen verbrachte. Ruhe hatte sie nur, wenn sie vor Erschöpfung in einen Komaähnlichen-Schlaf gefallen ist. Der Vater, ein Bär von einem Mann, war so überfordert und hilflos, dass er weinend das Zimmer verlassen musste.

Wer so etwas erlebt hat, mehrmals, hat keine Zweifel mehr, dass wir würdevolle, aktive Sterbehilfe brauchen.

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fspade  13.12.2019, 22:11
@ZuckerImBlut

Einspruch euer Ehren: Zunächst war der Homecare-Arzt desinformiert, denn die Zurverfügungstellung nötiger Medikamente ist niemals »aktive« Sterbehilfe. Er musste für die Übergabe der medikamente auch nicht wissen, ob die Dame sich das Leben nehmen wollte. Wenn er ihr gesagt hätte, dass sie sich mit der Dosis das Leben nehmen könne, wäre das im höchsten Fall Beihilfe zum Suizid gewesen. Aber wer hätte das zur Anzeige bringen und belegen können?

Zweites hätte die Dame auch keine »würdevolle, aktive Sterbehilfe« gebraucht, denn sie hätte zum Tode führende Medikamente immer noch selber einnehmen können.

Ich wünsche mir hier keine Verhältnisse wie in Holland, aber durchaus so wie in Oregon oder der Schweiz, wo sorgfältig palliativmedizinisch aufgeklärt und nach einer angemessenen Bedenkzeit und Überzeugung von zwei Ärzten, das nötige Medikament (NaP) zur Verfügung gestellt wird.

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Nein, sollte weiterhin verboten sein.

Ich weiss nicht ob alle hier die Formulierung "aktive Sterbehilfe" richtig interpretiert haben. Diese ist wohl in fast allen Ländern, zurecht wie ich meine auch in der Schweiz, verboten. (ich bin Mitglied einer Sterbehilfeorganisation).

Erlaubt ist die Sterbehilfe (Organisation von Medikamenten, Sterbezimmer etc.). Den Sterbevorgang muss der Sterbewillige selber einleiten.

Der Bundesgerichtshof in Deutschland hat kürzlich ein wegweisendes Urteil dazu gefällt. 2 Ärzte wurden freigesprochen. Sie haben bei einem Suizid nicht, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Dame, sofort nach dem Eintritt der Bewusstlosigkeit, reanimiert. Sie durfte ungestört und friedlich gehen.

Tellensohn

fspade  26.10.2019, 08:56

Es waren zwei verschiedene Fälle mit insgesamt drei Frauen.

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Ja, sollte erlaubt werden.

Hey

Ich arbeite selbst ehrenamtlich in einem Hospiz und beantworte solche Fragen immer gerne mit einem Zitat von Dr. Michael De Ridder:

"Ein aussichtslos schwerstkranker Mensch, der frei verantwortlich zu entscheiden und zu handeln in der Lage ist, der maximale Zuwendung sowie ärztliche und pflegerische Versorgung erfährt, der über alle palliativmedizinischen Möglichkeiten informiert ist – und dennoch weiter leidet, sollte die Möglichkeit haben, auf seinen klar und nachhaltig geäußerten Wunsch hin mit ärztlicher Hilfe aus dem Leben zu scheiden. Denn wem, bitte, steht das Recht zu, darüber zu befinden, was ein Mensch ertragen muss, wenn nicht dem betreffenden Menschen selbst?"

(Dr. Michael De Ridder - 15 Jahre Notarzt, 30 Jahre Internist, 6 Jahre davon Intensivstation, gründete das erste Vivantes-Hospiz)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Es sollte erlaubt werden, aber mit klaren Einschränkungen. Nur wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt und es von ärztlicher Seite klar empfohlen wird, sollte es erlaubt sein.

Ja, sollte erlaubt werden.

Ich will es mal so formulieren:

"ich persönlich wäre dankbar", wenn ich (sollte ich jemals in diese Situation kommen) in einer gesundheitlich ausweglosen Situation jemanden (einen Arzt) hätte, der mir beim Sterben hilft, wenn ich wirklich nicht länger vor mich hinvegetieren möchte.

fspade  26.10.2019, 09:09

Heißt hier "helfen", helfen es selber zu tun?

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1Wintertraum  26.10.2019, 12:18
@fspade

hier heißt helfen, mich zu begleiten und zu unterstützen. Ich bin bereit, den Teil, den ich selbst tun kann (z.B. Tabletten einnehmen) selbst zu machen - aber wenn ich dazu nicht mehr in der Lage wäre, "wäre ich persönlich dankbar", wenn mir jemand (ein Arzt z.B.) auch über diesen Punkt hinaus helfen würde.

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