Mein Freund und viele andere sagen mir, ich solle (habe kPTBS) die Schuld nicht den anderen geben. Ich bin "erwachsen" und kann jetzt selbst alles ändern?

7 Antworten

"Nein, Sie verstehen nicht, denn Sie erfahren es nicht an sich selbst. Niemand außer mir kann das verstehen."

aus "Blumen für Algernon".

Ich hoffe Du hast Dir schon Hilfe bzgl. Deiner kPTBS geholt, ansonsten mach das bitte.

Meistens ist der einzige Weg die kPTBS etwas zu lindern, dem Ursprung (also dem Gefühl, nicht unbedingt der Situation) auf die schliche zu kommen und darüber zu reden.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Seit 2000 Arbeit ich mit psychisch kranken Menschen

Sag das Thema ist privat und du möchtest nicht darüber sprechen und auch keine gut gemeinten Ratschläge. Besorg dir eine Therapeutin/ Therapeut. Du hast selbst geschrieben das man es ohne Therapie nicht ändern kann. Natürlich kannst nur du etwas ändern aber eine kptbs ist keine Erkältung sondern eine schlimme Krankheit und man braucht viele Zeit für eine Verbesserung.

Klar kann man lernen damit umzugehen, aber das braucht eine gute Therapie, viel Geduld mit sich selbst und viel Zeit.

Und Geduld und Unterstützung auch vom Umfeld.

Ein Umfeld, das verlangt, sich "nicht so anzustellen", wenn eine PTBS vorliegt, ist problematisch. Leider ist diese Haltung aber recht weit verbreitet. "Normalen" fällt es oft extrem schwer zu verstehen, was die Betroffenen durchmachen. Sie glauben man könne sich einfach dagegen entscheiden und das belastet dann zusätzlich.

Die geben dann nämlich Dir die Schuld dafür, wen sie glauben Du könntest das einfach abschalten wie das Licht. Das könntest Du vielleicht anführen, wenn sie Dir vorwerfen es ginge Dir um das Benennen von Schuldigen.

Wenn man sich, nur weil man Erwachsen ist, einfach so gegen psychische Krankheiten entscheiden könnte, dann bräuchte es ja nicht so viele Psychotherapeuten/ Psychologen bzw. Psychiater (an denen es sogar dennoch mangelt, weil der Bedarf so hoch ist - und stetig steigt).

Ansonsten wirst Du besser argumentieren können, je mehr Du über die Problematik weißt. Und während Du Dir selbst Wissen aneignest, stößt Du sicher auch mal auf Texte und Artikel, die Du mit dem Umfeld teilen kannst und die vielleicht für mehr Verständnis sorgen können.

Manchmal macht es Sinn, ganz direkt darum zu bitten, was man braucht. Das könnte in deinem Fall z.B. so lauten: Ich wünsche mir von euch Toleranz für meine Andersartigkeit. Toleranz fängt da an, wo man andere eben nicht gemessen am Selbst versteht. Ich habe mir mein Leiden nicht ausgesucht, genauso wenig wie ihr euch euer "Normal-sein" ausgesucht habt. Es geht mir nicht um Schuld, sondern ich sehne mich danach verstanden zu werden. Indem ihr versucht mich zu verstehen, könntet ihr mich auf dem Weg der Genesung unterstützen.

wie soll ich denn dies ändern?
(ohne Therapie)

DU musst die Einsicht haben, dass DU es nur mit Therapie schaffst und diese vermutlich sehr tränenreich sein wird und DU dafür dann auch den Willen und die Kraft benötigst, um das bis zum Abschluss durchzuziehen. (Bei meiner Sis hat die Tiefenpsychologische Behandlung >5 Jahre gedauert und war häufig tränenreich)

Was würdet ihr solchen Personen sagen

Komm, ziehe MEINE Schuhe an, gehe MEINEN Weg, klettere über MEINE Steine und entscheide Dich an MEINEN Weggabelungen IMMER für den RICHTIGEN Weg!

Fazit: zum Teil haben diese Menschen nicht ganz Unrecht. Es liegt einzig und allein an DIR, ob Du Deine Komfortzone verlassen willst oder in Deinem jetzigen Leben, mit alle den Verdrängungen und Überspielungen immer nur Lächeln und Winken möchtest, ob wohl Du eigtl schreiend weglaufen möchtest, wenn auch nur ein klitzekleiner Trigger erfolgt. Andererseits kann NIEMAND sehen, wie Dein Weg für Dich war.

(Verzeihe mir bitte, wenn meine Worte sehr hart waren. Ich nenne Dinge gerne beim Namen und lehne rosa Schäfchenwoljen in verbalisierter Form ab. War keinesfalls böse gemeint)

Hast du es mal mit einer expliziten Traumatherapie versucht? So wie du schreibst könnte ich vermuten, dass du diese Frage verneinst.

Ich würde dir anraten, die Schuldfrage abzulegen, es geht nicht darum wer Schuld hat, sondern wie du mit Ereignissen aus deinem Leben bestmöglichst klarkommen kannst - also den Fokus auf das Jetzt und die Zukunft richten, und nicht in die Vergangenheit, die du eh nicht mehr ändern kannst.

Du schreibst, dass die Symptome und die entsprechenden Verhaltensweisen festgesetzt sind - und das ist ein Irrtum. Sie sind es nur, solange du daran glaubst, und solange du glaubst, dass es nicht veränderbar wäre. Es gibt in deinem Gehirn Netzwerke, die bei bestimmten Gelgenheiten anspringen. Und solange du keine alternativen Netzwerke zur Verfügung hast (die man in einer Therapie anlegen kann), hast du keine Wahlmöglichkeiten, und wirst immer auf die gleichen Trigger gleich reagieren. Sobald du dir Wahlmöglichkeiten erarbeitest ("ich könnte jetzt so, oder auch anders reagieren"), hast du viel mehr Steuerung über deine Reaktionen. Nicht, dass alte Netzwerke mal wieder anspringen könnten, aber in der Regel hättest du die Möglichkeit zu steuern, wie du reagieren möchtest. Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Zwischenraum - und es gilt, diesen Zwischenraum zu vergrößern und zu nutzen.

Die Äußerung von Personen, dass man sich nicht so anstellen soll zeugt von Unwissenheit.

Die Vermeidung von einer Therapie die dir ein weitgehend "normales" Leben ermöglichen würde, ist hingegen verantwortungslos. Hier dürftest du auch selbstverantwortlich handeln, anstatt zu leiden und die (vielleicht) einzige Befriedigung in den Schuldzuweisungen von anderen zu suchen.