M. Zahrt erklärt in seinem Text: Neue Religion und Ende der Aufklärung ,dass er für eine Erneuerung der Religion wäre?

1 Antwort

Der angesprochene evangelische Theologe heisst Heinz Zahrnt, die richtige Schreibung ist schon mal günstig, wenn man im Zusammenhang mit der Aufgabe Googlen möchte. Der Text ist aud dem Buch 'Gotteswende. Christsein zwischen Atheismus und Neuer Religiosität', das 1989 erschienen ist. Um die Fragen zu beantworten würde es nicht schaden, den Text zu lesen und den Zusammenhang, in dem er steht. Und natürlich müsste man wissen, was die Aufklärung ist und was sie mit der Religion zu tun hat.

Der Text ist nicht gerade neu, es wäre zu prüfen, ob er noch aktuell ist. Zahrnt ist bewußt, dass die Religion seit der Aufklärung ihre nicht weiter hinterfragbare Selbstverständlichkeit verloren hat. Die Aufklärung hat die Religion überflüssig gemacht. Trotzdem beobachtet er ein religiöses Bedürfnis der Menschen, er hält sie für 'unheilbar religiös', jenseits der rationalen Begründung von Religion. Er macht das unter anderem an der Fülle von esoterischer Literatur in Buchhandlungen fest: 'Als habe es nie eine neuzeitliche Aufklärung gegeben, ist die Scheu vor Mythen, Märchen und Mystik, vor Okkultismus, Spiritismus und Magie auf einmal wie verflogen. Auch Ökologie. Friedensbewegung, Feminismus und Psychologie haben teilweise eine religiöse Unterströmung.'

http://schule.karker.de/religion/klausur/09-10/11/Klausur%20RU%2009-11.1-1.pdf

vonGizycki  22.11.2017, 08:05


Die Aufklärung hat die Religion überflüssig gemacht. Trotzdem beobachtet er ein religiöses Bedürfnis der Menschen, er hält sie für 'unheilbar religiös', jenseits der rationalen Begründung von Religion.

Dazu sollte folgendes gesagt werden:

Diese 'unheilbare Religiosität' ist keine seelische Deformation, die wie eine Krankheit daherkommt. Und Aufklärung macht Religion nicht überflüssig.

Man muss fragen, welche Art von Glauben denn vernünftig sei. Religiosität ist ein Grundbedürfnis und eine Grundeigenschaft des Menschen. Aufklärung muss diesem Bedürfnis Rechnung tragen. Und sie ist noch lange nicht vorbei. Sie sollte nicht allein die Überwindung vom dogmatischem Glauben bedeuten, sondern einen Leitfaden aufzeigen, wie Religiosität wirklichkeitskompatibel gelebt werden kann und dem Menschen einen ethischen Leitfaden in die Hand gibt und dem religiösen Dogmatismus weiterführend eine Absage erteilt.

Als evangelischer Theologe ist er selbstverständlich dem Christentum verpflichtet. Das müsste aber überwunden werden, was nicht heißt, das damit die Humanität den Bach heruntergeht.

Und das ist absolut möglich.

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Sally1722411  24.01.2022, 23:54
@vonGizycki

Entschuldigung wenn ich dich gerade störe, undzwar habe ich gemerkt, dass du dich sehr mit dem Thema auskennst. Meine Aufgabe lautet: Grundgedanken Zahrts zur Frage ob die heutige Zeit das Ende der Aufklärung markiere.

Ich hoffe du könntest mir einiges dazu erklären  :)

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vonGizycki  25.01.2022, 09:30
@Sally1722411

Heinz Zahrnt meint:

Dieser zunehmenden Verdrängung Gottes aus der Welt entsprach eine zunehmende Machbarkeit aller Dinge durch den Menschen. Fortan ist der Mensch nicht mehr nur Schauspieler auf der Bühne der Welt, von oben oder außen gesteuert, sondern er führt jetzt selbst Regie. Er ist aus einem Akteur zum Regisseur geworden. Dies alles hat für ihn einen wesentlichen Verlust an Gotteserfahrung mit sich gebracht: Wetter, Schlachtenglück, Krankheit, staatliche Ordnungen und gesellschaftliche Wandlungen werden heute in ihren natürlichen Ursachen durchschaut und damit ihres göttlichen Charakters entkleidet.

Zahrnt schreibt das der Aufklärung zu. Doch erst die mangelnde Aufklärung hat ja dazu geführt. (Macht Euch die Erde untertan, seid fruchtbar und mehret Euch) Die indianischen Völker haben das ganz anders gesehen und waren zumindest was die Natur angeht aufgeklärter darüber, wie man sich verhalten muss, um zu überleben.

Das christliche Dogma bestimmt, das Gott als Person gedacht ist(Vater im Himmel, oberster Richter, allwissend, allgütig, allmächtig). Ganz abgesehen davon das dies in sich widersprüchlich ist. Gerade die Aufklärung hat den Menschen ja die Auffassung beschert, das dies so schon aus logischen Gründen nicht sein kann.

Aufklärung heißt aber nicht, das diese schon beendet sei. Das Göttliche, jetzt als ES, als schöpferische Kraft gemeint und nicht als Person, zeigt uns uns, das wir als Menschen diese Kraft in uns tragen und um uns erkennbar ist. Wir selbst können auch schöpferisch tätig sein. Dennoch bleibt dieses große Geheimnis unaufgeklärt und erkennen es nur an seiner Wirkung auf der Erde, in uns und im All.

Zusammenfassend würde ich sagen, das erst das Christentum bzw. alle monotheistischen Religionen, die Menschen vom Göttlichen entfremdet haben. Denn es sind nicht die Menschen die agieren, sondern es ist Gottes Wille. Damit wird der Mensch zu einer Marionette ihres eigenen geschaffenen Gottes. Was natürlich weitere Widersprüche zur Auffassung eines Gottes produziert. Die Welt wäre anders, wenn Gott uns tatsächlich lieben würde.

Ich persönlich bin daher der Auffassung, das wir selbst durch die Erfahrung und die Erkenntnisse mit und aus der Natur (Forschung und Erleben) wir erkennen können, das wir ein Teil davon sind und unsere schöpferische Kraft einsetzen müssen, die Natur zwar uns zunutze zu machen, aber sie eben nicht auszubeuten, also untertan zu machen. Wir selbst müssen unsere schöpferische Kraft (das Göttliche in uns) einsetzen, die Erde und die Natur zu erhalten. Jetzt wo die Erde in Gefahr ist, werden wir uns auf diese Kraft besinnen müssen, um sie zu retten und damit stärker mit dem Göttlichen verbunden sein.

Und damit stärken wir die Aufklärung, erweitern sie und retten uns damit selbst. Es wäre genau das Gegenteil dessen was Zahrnt meint. Denn man darf den großen Philosophen Kant nicht vergessen der sagte:

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner eigenen Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung".

Sapere aude heißt: Wage es weise zu sein. Damit ist klar, das dies auch auf unsere jetzige Lebensweise zu beziehen ist und das wir die Erde und uns selbst in Gefahr gebracht haben und dies ändern müssen. Das wäre dann die wahre Aufklärung, doch damit wird das alles Monotheistische eines Tages an Wirkung verlieren. Mit Recht!

Das wahre Heilige wäre dann das Leben selbst als Ausdruck dieses schöfperischen Geheimnisses des Seins, dem Göttlichen, mit all seiner Vielfalt und mit seinem schöpferischen (konstruktiven) und mit seinem zerstörenden (destruktiven) Prinzip und dazwischen wir unseren Weg finden müssen.

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vonGizycki  25.01.2022, 21:13
@Sally1722411

Das ist jetzt meine Sichtweise, aber vielleicht gibt sich jemand anderes damit nicht zufrieden. Und die Wahrheit habe ich nicht gepachtet. Aber so sehe ich das.

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