Kulturaktivitäten?

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Du sagst es, für z.B. Studenten gibt es vergünstigste Karten, manchmal auch für Rentner und Arbeitslose, nicht aber für Menschen, die mit geringem Gehalt arbeiten. Die dürfen den vollen, je nach Sache eben doch teuren, Preis zahlen. Wenn die Wahl ist 30€ fürs Theater oder mehrere Tage Essen kaufen davon, ist für viele die Wahl bei knappen Budget klar.

Mit meiner besten Freundin löse ich es so, dass wir die Karten nach Einkommensverteilung zahlen, also ich deutlich mehr als sie, damit sie es sich leisten kann. Ihr macht es eine Freude dadurch gelegentlich mal ins Theater zu können, mir tut es nicht weh mehr zu zahlen und dafür zusammen gehen zu können. Hat etwas gedauert, sie davon zu überzeugen, aber mittlerweile hat sie sich dran gewöhnt und das schlechte Gewissen abgelegt, da es ja meine Idee war und ich es jederzeit ändern könnte. Denn für sie ist ein 30€ Ticket viel Geld.

Es bleibt ja auch nicht nur bei dem Ticket. Man muss da hinkommen, hat also Fahrtkosten, ggf. Kosten für Kleidung wenn man sie im Alltag sonst nicht trägt und Getränke dort sind auch teurer, aber was mit rein nehmen darf man oft nicht.

Viele Menschen die du dort siehst, wurden schon als Kinder von den Eltern daran geführt. Für sie sind solche Dinge normal, man weiß sich entsprechend zu kleiden und verhalten.

Andere wissen das nicht, kommen sich dann fehlplaziert vor und kommen nicht wieder.

Ich hatte das mal mit einer Freundin. In ihrer Stadt war ein neues Musical, ich wollte das gerne sehen und war zufällig am Premiere-Abend dort zu Besuch. Hatte sie gefragt, ob wir dahin wollen und sie fand die Idee gut, da sie noch nie in einem war. Als wir uns fertig machten, musste ich sie erstmal darauf hinweisen vielleicht lieber was anderes anzuziehen, gerade da es am Premiere-Abend noch mal schicker zugeht. Sie wollte mit dem Sport-Top und Shorts hin, mit denen sie schon den ganzen Tag unterwegs war, da sie nicht wusste, dass man sich dafür schick macht. Woher auch, hatte sie ja noch nie besucht und auch ihre Eltern nie, die hätten vorleben können, wie man sich für sowas kleidet. So fand sie es einen tollen Abend und wollte, wenn ihr Budget das wieder zulässt da teuer, gerne auch andere sehen. Hätte ich sie mit der anderen Kleidung hingegen lassen, wäre das vermutlich eher sehr unangenehm und negativ in Erinnerung geblieben, mit dem starken Gefühl nicht dazu zu gehören.

Und das war ein Musical, nicht mal die Oper...

Ich habe auch schon Leute gesehen, die in der Pause von einem Stück gehen wollten, weil sie dachten es sei vorbei. Die wussten nicht, dass es eine Pause gibt und Angesagt wurde auch nichts. Der Vorhang fiehl, der Saal wurde hell und viele standen auf, für sie das Signal zu gehen, etwas verwirrt über die nicht abgeschlossene Geschichte. Die standen in der Schlange vor der Saaltür zufällig neben mir, daher habe ich ihr leises verwirtes Gespräch gehört, habe dann unauffällig, damit sie sich nicht so blöd fühlen und alle umstehenden gucken, gesagt die Pause sei dort üblicherweise ca. 15 Minuten, wenn sie auf Toilette müssen, sollten sie sich rechtzeitig anstellen, hier gebe es nicht so viele und die Schlange sei oft lang. Haben trotzdem peinlich berührt geguckt, aber immerhin haben so weniger Umstehende gehört warum, für die wirkte das ja, als hätten sie sich gefragt wie lang die Pause sei.

Für jemanden, der damit aufgewachsen ist, ist sowas selbstverständlich. Und selbst bei meinem ersten Besuch in London oder New York, wo ein paar Dinge anders liefen, war ich entspannter, weil ich mich in dem Umfeld selbst wohl fühle.

Aber für Menschen, für die das alles fremd ist, kann es leicht unangenehm werden. Zudem ist die Hemmschwelle auch einfach größer, zu schauen was es überhaupt gibt und ob Dinge dabei sind, die einem gefallen könnten. Man vermisst es ja auch nicht, wenn man es nicht kennt.

Meine eine Klassenlehrerin hat genau deswegen damals dafür gesorgt, dass wir an Wandertagen immer Kultur hatten. Ja, fanden wie Jugendliche blöd, wenn die Parallelklassen in den Freizeitpark o.ä. fuhren und wir stattdessen mal wieder ins Theater oder Museum (oder zu Kriegsgräbern/KZs), aber rückwirkend war es eine gute Sache, allen einen Eindruck davon zu vermitteln und so die Hemmschwelle abzubauen. Für mich war es ein "warum muss das sein, kenn ich doch", aber für andere eben wirklich die ersten Male, sowas zu erleben und ggf. Freude daran zu finden. Zumal sie sich mit der Auswahl auch immer Mühe gegeben hat, auch Dinge zu wählen die uns gefallen könnten.

Einmal ging es sogar abends in Musical, sie hat extra da lange hinter gehangen und einen einmaligen super-Gruppenrabatt ausgehandelt mit Stage, den es so eigentlich gar nicht gab (glaube waren 5€ pro Kind und 10€ pro Erwachsener oder so) für alle aus unserer Klasse und bis zu 3 Begleitpersonen pro Kind, um auch Geschwistern oder Eltern die Chance zu geben. Gerade mit etwas wie Musicals, was ja viele mögen, da mitreißend und einfach verständlich. Zudem den lokalen Busunternehmer und Schulleiter bequatscht, uns gratis zu fahren und das als Spende mit der Schule abzurechnen, Begleit-Tickets den Busfahrern anbietend, damit auch die mit rein können. So günstig bin ich nie wieder bei irgendwas gewesen, ist aber auch schon über 15 Jahre her.

Es kommt auf das soziale Umfeld an. Diejenigen haben oft andere Kontakte und werden so entsprechend geprägt. Aber es gibt natürlich auch viele Akademiker, die so etwas gar nicht interessiert. Ich kann mich noch gut an einige ehemaligen Kommilitonen erinnern, die sich immer lustig gemacht haben, wenn ich erzählt habe, dass ich in eine Theatervorstellung oder auf ein klassisches Konzert gehe.

Und ich kenne auf der anderen Seite auch jemand, der nur einen Hauptschulabschluss hat, aber trotzdem sehr kulturbegeistert ist, auf Lesungen gehet etc.

Vielen Menschen fehlt, bereits von Kindesbeinen an, die humanistische Grundbildung. Wer diese in der Entwicklungsphase nicht durchlebt bzw. vorgelebt bekommt, wird auch im Erwachsenenalter kein Interesse dafür entwickeln und sich dafür begeistern lassen.

Ohne unsere großen Humanisten in den letzten 2000 Jahren, wäre die Welt kulturell nicht diese, wie sie ist.

In Deutschland haben wir glücklicherweise z.B. Oper, Konzert, klassische Musik etc. betreffend, die wohl weltweit beste Szene. In keinem Land der Welt gibt es auf so viele Opernhäuser und Berufsorchester wie in Deutschland, das Angebot wäre sogar niederschwellig und für JEDEN egal ob mit großem oder kleinen Geldbeutel erschwinglich ... aber ohne humanistische Grundbildung fehlt das Interesse für einen Besuch und für viele derber gestrickte Menschen, ist das Ganze - LEIDER - nur "Gedöns". Genau deswegen werden von allen Orchestern der Welt bei Konzerttourneen in Deutschland die meisten Konzerte gegeben. Ich finde das sowas von wunderbar!!

Zur Kleidung: ich gehe als humanistisch gebildeter Mensch mehrmals wöchentlich der Kunst und Kultur wegen in Oper, Ballett, Konzert, Museum, Vorträge, Workshops etc., da ist die Kleidung für mich erstmal zweitrangig. Wichtig ist mir, dass die Kultur im Herz und Geist ankommt und emotional für mich griffig wird, heißt, ich mich darauf einlasse, dann nehme ich etwas mit. Es kommt schon vor, dass ich auch in Skinny Jeans, Hoodie und Martens Boots in die Oper gehe, vielleicht nicht gerade zu einer Premiere in die Bayerische Staatsoper.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Allein schon deshalb, weil die mehr Geld haben.

Und selbst bei denen, die teilnehmen, sehe ich öfters bspw. Jeans und Sneaker und sowas ist für mich ein Fauxpas und gehört nicht in eine Oper.

Ja, u.A. genau wegen solchen Mist.

Weil da leute hingehen wie, anscheinend, auch du, die denken man müsste da ein Kasperletheater aufführen, sich als gebildet und toll darstellen (als "gehobener Mensch"), sich elitär fühlen und auf andere herabsehen weil sie Jeans und Sneaker tragen...

Wegen Leuten die denken, man müsse etwas nach aussen darstellen und dann über andere lästern und auf andere herab sehen weil sie sich z.B. nicht so kleiden wie man es sich selbst einbildet. Wegen Leuten die da hingehen, nicht um der Sache zu fröhnen sondern nur dem eigenen Ego.

Ja, in erster wegen dieser herablassenden elitären Denkweise halte ich mich von solchen Veranstaltugen fern. Ich kann die Leute dort meist nicht leiden.

Ich finde es schade, dass sich so viele Menschen selbst an der kulturellen Teilhabe ausschließen

Nein, die Leute schließen sich nicht selbst aus - du schließt sie aus. Wie du in dem direkt darauffolgenden Satz selbst darstellst.


Asilida  30.05.2025, 14:27

Meine volle Zustimmung!