Kennt jemand traurige Gedichte?

4 Antworten

Hesse, Hermann

STUFEN

„Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht,

blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

in and’re, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

an keinem wie an einer Heimat hängen,

der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten!

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

und traulich eingewohnt,

so droht Erschlaffen!

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

uns neuen Räumen jung entgegen senden:

des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“

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Kaléko, Mascha

Memento

„Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,

nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.

Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich todentlang

und lass mich willig in das Dunkel treibe

Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr

– und die es trugen, mögen mir vergeben.

Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,

doch mit dem Tod der andren muss man leben!“

 

Mein Lieblingsgedicht ist Der Panther von Rainer Maria Rilke, und das ist echt total traurig.

In dem Gedicht wird ein hinter Gitterstäben gefangener Panther beschrieben, der in Paris ausgestellt wurde. Es geht darum, dass der Panther nicht frei ist und schon jeden Willen und seine natürliche Wesensart verloren hat.

Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

Klassischerweise den "Erlkönig" von Goethe und mehr oder weniger "traurig" den "Herr von Ribbeck" von Theodor Fontane.

Wenn auch Liedtexte gehen: "Nachts weinen die Soldaten" von Saltatio Mortis , "Tjark Evers" und "Euch zum Geleit" von Schandmaul.