Blickwechsel 30. November 2023
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Ist Tauchen Gefährlich?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Tauchen ist erst mal pauschal nicht gefährlicher als andere Sportarten (wie z.B. Ski fahren, Bergsteigen, Felsklettern, Fallschirmspringen oder Motorradfahren). Tatsächlich ist es, durch eine gut strukturierte Ausbildung, einen klaren Ausbildungsweg und strenge Sicherheitsregeln, häufig sogar deutlich sicherer, als viele andere Sportarten. Das setzt aber selbstverständlich auch voraus, dass man sich entsprechend ausbilden lässt und die Tauchgänge, welche man durchführt, innerhalb seiner eigenen Fähigkeiten und Erfahrungspalette bleiben. Die allermeisten Unfälle entstehen durch 3 Dinge:

  • Selbstüberschätzung: Das ist der mit Abstand häufigste Grund für schwere Tauchunfälle. Häufig werden Tauchgänge durchgeführt, bei denen man das Gefahrenpotential unterschätzt oder die eigenen Fähigkeiten grob überschätzt hat. Nicht selten passiert die ersten Male nichts, wodurch ein falsches Gefühl der Sicherheit entsteht. Tritt dann irgendwann ein Problem auf (z.B. weil man einen weiteren Fehler macht, oder Equipment versagt) ist das Fähigkeitspotential ausgeschöpft und es kommt zu Panik- oder Fehlreaktionen. Das endet dann selten gut.
  • Schludrigkeit: Tatsächlich ist das auch eine Form der Überschätzung. Ich führe es aber separat auf, da es auch sehr erfahrenen Tauchern passiert. Hier wird, da eine bestimmte Tätigkeit (z.B. Buddycheck, Bubblecheck, etc.) immer wieder ohne Anmerkungen und auf die gleiche Weise durchgeführt wird, irgendwann darauf verzichtet. Auch das geht meistens eine ganze Weile gut. Bis irgendwann etwas (z.B. ein Equipment Defekt) nicht bemerkt und mit ins Wasser genommen wird. In den meisten Fällen fällt einem das dann in der schlimmst möglichen Situation auf die Füße und es kommt dann zu einem Notfall. Hat man dann mit dem Training auch noch geschludert ("Das brauche ich doch eh alles nie") ist die Katastrophe komplett.
  • Medizinische Notfälle: Verschiedene medizinische Notfälle, welche man über Wasser eventuell recht solide handhaben könnte, sind unter Wasser sehr schlecht zu managen (z.B. Herzinfarkte oder Schlaganfälle). Hier bedarf es schon eines sehr soliden Buddys, der einem in einem solchen Notfall zügig und souverän an die Oberfläche und ans Ufer bringt. Nicht desto trotz wird die Rettungskette durch den nötigen Aufstieg signifikant verzögern. Einen schweren Herzinfarkt unter Wasser überlebt man entsprechend in der Regel selten. Einen schweren Herzinfarkt auf dem Motorrad aber meistens auch nicht. Taucher sind aus diesem Grund mind. alle 3 Jahre (bis 40) bzw. 1x pro Jahr (ab 40) beim Taucherarzt und lassen sich entsprechend untersuchen. Mit fortschreitendem Alter muss man dann das Tauchverhalten seinen Fähigkeiten und körperlichen Möglichkeiten entsprechend anpassen. Ich tauche aber auch mit Buddys, die bereits über 70 sind. Gestorben ist noch keiner ;-).

Das Versagen von Equipment ist in der heutigen Zeit bei regulären Sporttauchgängen sehr selten geworden. Meistens kommen solche Ereignisse nur in sehr niedrigen Temperaturen (Automaten frieren ein) oder durch mangelnde Wartung (Schludrigkeit) vor. Und wenn mir mein Automat unter Wasser wirklich kaputtgeht, habe ich selbstverständlich mein Backup zur Hand zum Auftauchen.

Alleine Tauchen sollte man allerdings niemals! Tatsächlich ist das eine der primären Regeln der meisten Tauchorganisationen nur mit Buddy zu tauchen. Sehr viele Tauchversicherungen schließen das Solo-Tauchen ebenfalls komplett aus.

Woher ich das weiß:Hobby – VDST TL**/Nitrox TL**/Trimix*/Gasblender*/Medizinausbilder
UnterhaltungNRW  30.11.2023, 20:17

Besser kann man das nicht ausführen.

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MagaAmogus 
Fragesteller
 01.12.2023, 07:08

😄

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horribiledictu  03.12.2023, 08:55
Alleine Tauchen sollte man allerdings niemals!

das, mein Lieber, ist Schwachsinn!

  • schon der Tauchlehrer, bei dem du tauchen gelernt hast, war mit dir im Schlepptau schlimmer dran als ein Solotaucher, denn du hättest ihm niemals helfen können, während du für ihn aber ein zusätzliches Risiko darstelltest.
  • wenn es zu einem kritischen Ereignis unter Wasser kommt und der Tauchpartner kann dir nicht helfen, verlierst du dadurch wichtige Zeit zur Selbstrettung.
  • Partnertauchen führt zu Selbstüberschätzung/Risikounterschätzung, weil man sich "für den Notfall" auf den Partner verlässt. wenn man sich einen Tauchgang alleine nicht zutraut, sollte man ihn gefälligst auch zu zweit nicht machen!

(tauche seit 1990, ca 15.000 Tauchstunden, die meisten davon Solo-Arbeitstauchgänge, nur mit Pressluft, und keine Deko-TG)

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DanielDewald  04.12.2023, 11:19
@horribiledictu

DIe Diskussion kommt immer wieder auf und mir sind die Argumente der Solo Taucher auch alle bekannt. Ich bin ganz klar dabei wenn man argumentiert das man Selbstrettungsfähig sein sollte, und als Tauchlehrer sowieso, dass ändert aber nichts daran das ein Solot Tauchgang sofort tödlich ist, wenn es z.B. zu medizinischen Problemen kommt und man selbst eben nicht mehr rettungsfährig ist. Noch dazu ist im technischen Tauchen das 4-Augen Prinzip nicht ohne Grund Standard. Zu glauben einem selbst würden niemals Fehler unterlaufen und deswegen wäre das Tauchen ohne Buddy sicherer ist definitiv Selbstüberschätzung.

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horribiledictu  04.12.2023, 12:36
@DanielDewald

sehe ich, wie gesagt, anders.

Noch dazu ist im technischen Tauchen das 4-Augen Prinzip nicht ohne Grund Standard.

dafür gibts Checklisten...

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DanielDewald  04.12.2023, 13:16
@horribiledictu

Bringt dir beim Gaswechsel (ohne 2 Person zum Prüfen) oder in einem medizinischen Notfall (ohne 2. Person zum retten) absolut nichts. Die Vorgehensweisen haben Gründe. Und die liegen immer in der Sicherheit. Nicht umsonst hat man bei Tiefen Tec-Tauchgängen i.d.R. sogar ein Dreierteam. Redundanz kann man eben nur durch noch mehr Redundanz ersetzen. Ich verstehe wie gesagt die Argumentation hinterm Solo Tauchen durchaus, aber sie zieht nicht sobald man davon ausgeht das Menschen Fehler machen. Egal wieviel Erfahrung sie haben. Gerade du als Berufstauchen solltest das doch am besten wissen.. du schreibst Solo-Arbeitstauchgänge.. aber was ist denn mit deinem Leinenmann? Das ist auch nichts anderes als ein Buddy. Und draußen sitzt der Sicherungstaucher bereit zum Absprung. Am Ende muss es natürlich jeder für sich selbst Wissen.. aber wenn ich dann wie letztes Jahr mal wieder einen Bericht lese das jemand im Winter, mit neuem Equipment alleine loszieht "zum Testen" und dann ersäuft, kann ich nur den Kopf schütteln. Solche Leute bringen unseren Sport in Verruf. Mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun.

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horribiledictu  04.12.2023, 13:28
@DanielDewald

medizinischer Notfall ist ein schelchtes Argument, dann dürftest du auch nicht alleine autofahren, zu Hause bleiben, im Wald spazieren, Fischen gehen... da kann dich auch ein medizinischer Notfall ereilen, den du allein nicht in den Griff kriegst.

 aber was ist denn mit deinem Leinenmann? Das ist auch nichts anderes als ein Buddy. Und draußen sitzt der Sicherungstaucher bereit zum Absprung.

entspricht SELTENST der Praxis!

aber wenn ich dann wie letztes Jahr mal wieder einen Bericht lese das jemand im Winter, mit neuem Equipment alleine loszieht "zum Testen" und dann ersäuft, kann ich nur den Kopf schütteln. Solche Leute bringen unseren Sport in Verruf. Mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun.

absolut!

aber die Klassiker sind: 1. Tauchgänge zu zweit/dritt/..., die man sich alleine nicht zutrauen würde, und 2. im Frühjahr, nach einem Winter hinterm Kachelofen, auf dem Niveau zu beginnen, auf dem man im Herbst aufgehört hat.

ich sähe auch gerne als Faustregel, nicht tiefer zu tauchen, als man apnoe streckentauchen kann (wäre man ganz scharf, müsste man sagen: ...als man *in ausgeatmetem Zustand* apnoe streckentauchen kann - denn das Ende der Luft merkt man erst, wenn man ausgeatmet hat und den nächsten Atemzug machen will.

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Passieren kann immer etwas, die Gefahr hängt von der Tiefe, von der Erfahrung und vom Gewässer ab.