Ist es normal nicht zu weinen?
Ist es eigentlich normal, dass ich schon seit Jahren nicht mehr geweint habe? Ich wollte es schon oft mal, aber selbst, wo ich richtig traurig war, kam nichts. Ich habe es mal geschafft, eine Träne zu erzwingen, aber richtig geweint habe ich schon mindestens zwei Jahre nicht mehr.
3 Antworten
Ja, das ist tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich – und es sagt nicht automatisch aus, dass mit dir etwas „nicht stimmt“. Viele Menschen erleben genau das, was du beschreibst: Sie spüren Traurigkeit oder Schmerz, aber die Tränen bleiben aus.
Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben – und oft sind sie tiefer, als man denkt.
1. Frühes Lernen: „Weinen bringt nichts.“
Manche Menschen haben früh die Erfahrung gemacht, dass Weinen unerwünscht war – vielleicht wurde es belächelt, ignoriert oder sogar bestraft. Dann lernt man unbewusst: Ich darf das nicht. Ich muss stark sein. Und irgendwann ist der Zugang blockiert – wie eine verschlossene Tür im Inneren.
2. Innerer Selbstschutz
Wenn ein Mensch über lange Zeit funktionieren musste, obwohl er innerlich überfordert war, kann der Körper und die Psyche einen Schutzmodus einschalten: Nicht fühlen. Nicht fallen. Nicht öffnen.
Tränen brauchen ein Gefühl von Sicherheit – und manchmal ist genau das nicht da.
3. Emotionale Taubheit (oft durch Dauerstress oder Überforderung)
Wer über längere Zeit unter Druck steht oder viel seelischen Schmerz erlebt hat, kann sich innerlich wie „abgeschaltet“ fühlen. Man ist zwar traurig – aber eher wie unter einer Glasglocke.
Was kann helfen?– Nimm die Blockade ernst, aber verurteile dich nicht dafür. Das ist keine Schwäche. Es ist eher ein Hinweis deines Nervensystems: Hier braucht etwas mehr Sicherheit und Raum.
– Erlaube dir andere Formen des Ausdrucks.
Vielleicht kommt die Traurigkeit beim Schreiben, beim Musikhören, beim Alleinsein in der Natur. Tränen sind nicht die einzige Form, Schmerz zu verarbeiten.
– Sanftes Körpergefühl entwickeln.
Atemübungen, Berührung, ein warmes Bad, bewusstes Spüren deines Körpers – all das kann helfen, dich langsam wieder mit deinen Gefühlen zu verbinden.
Jeder kann weinen, bei Verlust, Trauer und Gedanken an vergangene Zeiten. Wer nicht weinen kann, ist kalt und Gefühllos. Den Frust in sich rein fressen, macht das Ganze nur noch schlimmer. Nur wer lieben kann, kann auch weinen.
Kann mich garnicht daran erinnern, wann ich das letzte mal geweint habe. Hatte ganz einfach keinen Grund zum Weinen.