Ist die SPD wirklich nur noch eine Partei der Bürgergeldempfänger?

6 Antworten

Nein. Nicht nur.

Sie ist eine Partei der Mitte und sie versucht als einzige, die gesamte Gesellschaft zusammenzuhalten. Gelingt halt nicht so wirklich aufgrund der vielen Hetzer und Spalter.

Die sozial Schwachen haben normalerweise exakt 0 Lobby. Sie können sich auch weniger Gehör verschaffen. Wenn man heutzutage auch sieht, dass die Rechten Bürgergeld ersatzlos streichen wollen (CDU...) und damit massive Verfassungsbrüche ankündigen, braucht es mehr denn je eine starke SPD, um genau so etwas zu verhindern.

Eine der größten Errungenschaften der Neuzeit sind solche Dinge wie Menschenrechte u.ä. Dass einem jedem Menschen diese Dinge zustehen. Dass JEDER ein Menschen würdiges Lebensminimum haben muss. Egal ob Verbrecher oder nicht. Egal wie alt. Egal ob Frau oder Mann oder was auch immer. Egal, welcher Religion man angehört. Alle haben das Anrecht darauf.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die Rechten uns um 100-400 Jahre in die Vergangenheit katapultieren und die Aufklärung wieder zurückdrehen. Das geht nur mit einer starken SPD...

Nein. Ich verdiene viel, bin Mitglied, bleibe es und sehe meine Interessen da immer noch am Besten vertreten, auch wenn ich im Moment nicht so ganz glücklich bin.

Das wäre eher die Afd und Grünen, aber zuteilen auch die SPD

inwiefern? Was tut ausgerechnet die SPD für arme Leute, ausser mehr Kürzungen, Kleinrechnen von Bedarfen und zusätzliche Belastungen über indirekte Steuern? Das ist genauso eine plutokratische Partei wie fast alle anderen auch.


xubjan  27.09.2024, 18:09

Ohne die SPD hätte es beispielsweise den Mindestlohn nie gegeben. Nur eines von ganz vielen Beispielen.

MarkusJaja  27.09.2024, 18:19
@xubjan

die SPD hatte in jenem Wahlkampf (ich glaube es war 2013) überhaupt kein relevantes Thema, dass sie von der Union unterschied. Da blieb nur der Mindestlohn als Marketinginstrument. Und über die derzeitige Höhe sprechen wir lieber nicht. Man schafft ja nichtmal die EU-Mindestempfehlungen einzuhalten
https://difis.org/blog/?blog=71
Abgesehen davon, ohne die verheerende Agenda 2010 wäre ein Mindestloh nie nötig gewesen.

xubjan  27.09.2024, 19:45
@MarkusJaja

Die SPD hat fast 30 Jahre für den Mindestlohn gekämpft.

Und über die derzeitige Höhe sprechen wir lieber nicht. 

Ja. Deswegen steht längst die 15 Euro-Forderung. Damit endlich mal die Menschen auch am unteren Lohnlimit vernünftig von Arbeit leben können. Was spricht dagegen?

Abgesehen davon, ohne die verheerende Agenda 2010 wäre ein Mindestloh nie nötig gewesen.

Das ist insofern frei erfunden, als es auch unter Kohl damals die Hungerlöhne längst gab. Verbunden mit einer totalen Perspektivlosigkeit der betroffenen Menschen. Die Agenda 2010 hat die Hungerlöhne nicht erfunden. Das miteinander in einen kausalen Zusammenhang zu bringen, macht keinerlei Sinn.

Ein Mindestlohn macht immer Sinn. Denn er garantiert, dass es keine Ausbeutung gibt.

MarkusJaja  27.09.2024, 19:53
@xubjan

Natürlich war die Agenda 2010 das Instrument, um die Löhne in der BRD zu senken, um damit innerhalb der Eurozone parasitär gegen andere Volkswirtschaften zu konkurrieren, die sich nicht mehr durch Währungsabwertungen gegen das deutsche Dumping wehren konnten. Die Agenda war nicht bloß Hartz4 (und der Zwang jede Arbeit zu jedem Dumpinglohn anzunehmen). Neben der Einführung des riesigen Niedriglohnsektors wurden die Flächentarifverträge ausgehöhlt und die EU-Weite Arbeitnehmerfreizügigkeit auf Basis der Sozialstandards des Herkunftlandes haben den Rest getan.

Sicher hat es auch schon davor Armut gegeben. Diese stieg sprunghaft an. Das war die Zeit, als Tafeln eröffnet wurden, weil immer mehr Leute nichts zu essen hatten.

xubjan  27.09.2024, 20:56
@MarkusJaja

Wie genau hat die Agenda 2010 das denn jemals umgesetzt mit den Lohnsenkungen?

Ansonsten müssten ja, wenn deine These stimmt, die Löhne seit 2003 zurückgegangen sein. 2003 als erstes Jahr, in dem die Agenda 2010 umgesetzt wurde. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Löhne sind auch nach 2003 weiterhin angestiegen. Quelle: Sozialpolitik-aktuell, Hans-Böckler-Stiftung.

Auch für Europa bzw. die EU ergibt sich ein völlig anderes Bild. Es gab einen starken Beschäftigungszuwachs und es gab auch in sehr vielen Ländern einen starken Lohnzuwachs in den letzten 20 Jahren. Quelle: BPB.

die sich nicht mehr durch Währungsabwertungen gegen das deutsche Dumping wehren konnten

Damit hatte die Agenda 2010 exakt 0 zu tun. Es ist irgendwie schon etwas kurios, den Euro da mit reinschieben zu wollen.

(und der Zwang jede Arbeit zu jedem Dumpinglohn anzunehmen)

So einen Zwang gab es nie sofort und direkt.

Übrigens mal am Rande: Es ist besonders auffällig, dass all diejenigen, die massiv gegen die SPD schießen und H4 als Verrat bezeichnen, gleichzeitig diejenigen sind, die sich heutzutage damit gegenseitig überbieten, Bürgergeld ersatzlos streichen zu wollen usw....

Neben der Einführung des riesigen Niedriglohnsektors

Das ist auch absolut falsch. Den Niedriglohnsektor gab es schon immer. Er wuchs vor allem zum Ende der Kohl-Zeit drastisch auf über 20% der Beschäftigten an. Bis 2003 war er dann bei 22% angekommen. Also noch vor der Agenda 2010.

wurden die Flächentarifverträge ausgehöhlt

Der Zusammenhang ist frei erfunden. Die eigentliche Ursache ist vor allem, dass viele Arbeitgeber die Verbände verlassen haben. Die Agenda 2010 hat da kaum etwas dafür oder dagegen getan.

und die EU-Weite Arbeitnehmerfreizügigkeit auf Basis der Sozialstandards des Herkunftlandes haben den Rest getan.

Wie gesagt: Dann müssten die Zahlen EU-weit ja auch derartiges beweisen. Doch sie beweisen eher das exakte Gegenteil.

Sicher hat es auch schon davor Armut gegeben. Diese stieg sprunghaft an.

Nicht wirklich. Das, was in den 1990ern noch gutbürgerlicher Lebensstandard ist, gilt heutzutage als Armut. Absolut gesehen haben gerade auch viele von uns Deutschen einen größeren sozialen Aufstieg hinter sich. Quelle: Wohlfahrtsverbände. Konkreter die Armutsdefinitionen der Jahre.

Was richtig ist: Nicht bei jedem hat sich das Einkommen so entwickelt, dass er mit dem neuen Lebensstandard Schritt halten kann. Heutzutage wird ein größeres Maß an Elektronik als Minimum angesehen. In den 1990ern gab es all das noch nicht. Heutzutage gibt man 100€ und mehr für Telekommunikation, Handys und Streaming und Co. aus. Früher gabs das alles schlichtweg so noch nicht, da hatten die wenigsten überhaupt einen Computer zu Hause. Heute ist man verarmt, wenn nicht jede Person ein Handy hat und man nicht mindestens einen Laptop im Haushalt hat.

Ich bin ja auch dafür, dass der Lebensstandard sich immer weiter steigert. Aber aus einem "Es kann sich nicht sofort jeder alles leisten" ein "Der Großteil ist deutlich ärmer" zu machen, ist schon ziemlich dreist.

Das war die Zeit, als Tafeln eröffnet wurden, weil immer mehr Leute nichts zu essen hatten.

Das ist auch so ein absoluter Witz, wenn man mal hinschaut. Also jetzt nicht falsch verstehen, denn Armut gibt es und wenn Menschen nichts richtiges zu Essen haben, ist das wirklich fürchterlich.

Der Witz ist an ganz anderer Stelle und gleich auf drei Ebenen:

  1. Wann immer ich Beispiele sehe, wo irgendwie meinetwegen Rentner auftauchen, deren Haushaltsbilanz auftaucht, vermisse ich ganz viel. Rentner, die eindeutig beispielsweise Wohngeld kriegen würden, denen wird das aber nicht zugerechnet. Wieso verzichten Rentner dann auf sagen wir 350€ im Monat, gehen stattdessen Flaschen sammeln oder zur Tafel? Das kannst du doch niemandem logisch erklären, wieso es so etwas gibt. Sind die Rentner alle doof? Sicher nicht. Lügen sie? Sicher auch nicht. Woran also liegt es, dass sie sich nicht das holen, was sie bekommen? Wieso tauchen in den Medien immer wieder Fallbeispiele auf, wo ganz offenbar solche Dinge nicht in Anspruch genommen werden?
  2. Eine niedrige Rente ist vor allem oft mit A) Langzeitarbeitslosigkeit, B) Dumping-Löhnen u.ä. verbunden. Vor der Agenda 2010 hatten wir zwischen 6 und 8 Millionen Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Menschen mit exakt 0 Perspektiven. Die Zahlen sind kaum noch feststellbar, da damals immer öfter getrickst wurde, um das irgendwie rauszurechnen. Ein Blick auf die Erwerbstätigenzahlen offenbart da so einiges. Wir hatten zum Ende der Kohl-Zeit 38,5 Millionen Erwerbstätige. Wir sind inzwischen bei über 46 Millionen. Also alleine in Deutschland sind somit seit damals über 7 Millionen Jobs entstanden.... Klar. Es sind auch etwas mehr Menschen hier, aber es sind auch viele inzwischen in Rente...
  3. Diejenigen, die die Tafel-Zahlen als Vorwurf verwenden, sind auch die, die das noch drastisch verschlimmern wollen (Steuererhöhungen, Bürgergeld-Abschaffen usw.) Sagte ich bereits.
MarkusJaja  27.09.2024, 22:19
@xubjan
Ansonsten müssten ja, wenn deine These stimmt, die Löhne seit 2003 zurückgegangen sein. 2003 als erstes Jahr, in dem die Agenda 2010 umgesetzt wurde. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Löhne sind auch nach 2003 weiterhin angestiegen. Quelle: Sozialpolitik-aktuell, Hans-Böckler-Stiftung.

die Nominallöhne vielleicht, die Netto-Reallöhne sind mehrere Jahre hintereinander gesunken und das trotz Konjunkturaufschwungs
https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Einkommen-Armut/Datensammlung/PDF-Dateien/tabIII1.pdf

Damit hatte die Agenda 2010 exakt 0 zu tun. Es ist irgendwie schon etwas kurios, den Euro da mit reinschieben zu wollen.

das ist garnicht kurios. Woher kommen sonst die Leistungsbilanzüberschüsse aus dieser Zeit und das Gefasel vom "Exportweltmeister"? Das Dumpingziel wurde doch recht offen so kommuniziert

https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/lohndumping-gefaehrdet-europa

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2010/heft/1/beitrag/die-debatte-um-die-deutsche-exportorientierung.html

So einen Zwang gab es nie sofort und direkt.
Übrigens mal am Rande: Es ist besonders auffällig, dass all diejenigen, die massiv gegen die SPD schießen und H4 als Verrat bezeichnen, gleichzeitig diejenigen sind, die sich heutzutage damit gegenseitig überbieten, Bürgergeld ersatzlos streichen zu wollen usw....

Natürlich gab es diesen Zwang, sonst wurde das Geld gestrichen. Nur so konnten Leiharbeit und Minijobs florieren.

Im Übrigen weiss ich nicht, wer gleichzeitig Hartz4 seinerzeit anprangert haben soll und heute Streichung des Bürgergelds/ Sozialhilfe fordert. Ich sicher nicht.

Der Zusammenhang ist frei erfunden. Die eigentliche Ursache ist vor allem, dass viele Arbeitgeber die Verbände verlassen haben. Die Agenda 2010 hat da kaum etwas dafür oder dagegen getan.

ja, das setzte schon früher ein. die Agenda verschärfte die Erosion.

Wie gesagt: Dann müssten die Zahlen EU-weit ja auch derartiges beweisen. Doch sie beweisen eher das exakte Gegenteil.

dann sind die Aushöhlungen von Tarifen und Mindestlöhnen eine Erfindung? Die Entsenderichtlinie war zwar EU-Werk, aber die Agenda-Politik hat dafür den roten Teppich ausgebreitet. Bis zum Mindestlohn dauerte es bis 2015 und danach kamen die Werkverträge...

https://www.deutschlandfunk.de/streit-um-eu-entsenderichtlinie-der-umkaempfte-lohn-100.html

Nicht wirklich. Das, was in den 1990ern noch gutbürgerlicher Lebensstandard ist, gilt heutzutage als Armut. Absolut gesehen haben gerade auch viele von uns Deutschen einen größeren sozialen Aufstieg hinter sich. Quelle: Wohlfahrtsverbände. Konkreter die Armutsdefinitionen der Jahre.

so stimmt das nicht. Natürlich ist der Armutsbegriff dynamisch. Wobei ausgerechnet das elektronikbeispiel recht untauglich ist, da dieses einer der wenigen Bereiche ist, wo Preise tendenziell sinken. Was hat früher ein Fernseher in Relation zum EK gekostet und heute?
Fakt ist allerdings, dass in den 50ern ein Gehalt locker ausreichte, eine mehrköpfige Familie gut zu versorgen und dabei noch was zu sparen. Heute reichen odt 2 Gehälter nicht mehr für eine 3köpfige Kleinfamilie. Das Problem sind vor allem die übermäßig gestiegenen Kosten für Waren des täglichen Bedarfs und die enorm gestiegenen indirekten Steuern auf solche Waren.

In den 80ern sagte man, wer arm/obdachlos am hungern ist, hat ein psychisches Problem und kein materielles. Heute stehen Menschen wie gesagt für Lebensmittelabfälle in Tafeln in langen Schlangen an. Sicher nicht zum Spaß.

Wann immer ich Beispiele sehe, wo irgendwie meinetwegen Rentner auftauchen, deren Haushaltsbilanz auftaucht, vermisse ich ganz viel. Rentner, die eindeutig beispielsweise Wohngeld kriegen würden, denen wird das aber nicht zugerechnet. Wieso verzichten Rentner dann auf sagen wir 350€ im Monat, gehen stattdessen Flaschen sammeln oder zur Tafel? Das kannst du doch niemandem logisch erklären, wieso es so etwas gibt.

offenbar muss es da ein Problem viele bürokratische Hürden geben. Mal abgesehen davon, dass das Wohngeld erst vor 2 Jahren nach langer Zeit überhaupt mal wieder nennenswert erhöht wurde. Das Hauptproblem dürfte aber sein, dass dank der Agenda in 15 oder 20 Jahren jeder 2. Rentner nurnoch eine Armutsrente beziehen wird.

Armut betrifft zudem nicht nur Rentner, sondern immer mehr Menschen. Da gibt es viele strukturelle Ursachen wie Lohnspreizungen, zu teure Mieten /kein sozialer Wohnungsbau mehr und Schleifung der sozialen Sicherungssysteme (lediglich eine Sozialindustrie verdient daran)

Nein, die SPD ist vordergründig die Partei der Verwalterklasse und der Dienstleistungsjobs.
Sie fällt gerade immer wieder mit klassisch neoliberaler Denke auf, also gegen Transferleistungsbezieher.


xubjan  27.09.2024, 18:08

Woran genau machst du das fest, dass sie "gegen Transferleistungsbezieher" auffällt?

SchopinHauer  27.09.2024, 18:15
@xubjan

Siehe Vorgehen und Aussagen eines Heils(Arbeitsministers), welcher z.B derzeit sich für schärfere Sanktionen für Bürgergeldbezieher einsetzt und generell dass Bürgergeld auf Hartz 4 zurückgeschraubt wurde und bloß einen Imagewechsel im Namen erhiehlt.

Aber auch schon zahlreich in der Vergangenheit einer Ollen Nahlen "Arbeit ist kein Ponyhof"... die Liste ist lang.

xubjan  27.09.2024, 19:37
@SchopinHauer

1) Wo genau ist das ein "gegen Transferleistungsbezieher"?

2) Wo hat jemals irgendwer gesagt, dass Bürgergeld auf H4 zurückgeschraubt wird?

3) Wieso sollte "Arbeit ist kein Ponyhof" ein "gegen Transferleistungsbezieher" sein? Du hast offenbar nicht mal im Ansatz verstanden, was sie da gesagt hat und an wen das gerichtet war.

Die SPD ist keine Wohlfahrt, die Geld verschenkt. Das war sie noch nie. Sozialdemokratie bedeutet, dass man der gesamten Gesellschaft verpflichtet ist und nicht permanent Geschenke verteilt.