Hallo! Meine Oma ist vorgestern an einem Herzinfarkt gestorben. Wir waren im Urlaub und es ist am Abreisetag passiert. Sie meinte 8:30 Uhr zu mir, kurz bevor wir zum Frühstück mit Opa gehen wollten (die waren in einem anderen Zimmer), dass sie ein Stechen in der Brust hat und dass ich ihr schnell Wasser bringen soll. Dann war es wieder vorbei. Ich habe ihr gesagt, dass wir eigentlich sofort zum Arzt müssten. Ich habe sogar gesagt, dass es ein Infarkt sein könnte. Wobei ich aber gar keine richtige Ahnung von sowas habe. Sie meinte dann nein nein, es geht schon wieder. Sie trinkt erstmal einen Kaffee und dann geht es schon wieder. Oder so in etwa. Sie meinte, wäre es ein Infarkt, könnte sie jetzt gar nicht so reden etc. Sie hat auch gesagt, dass ich es auf keinen Fall Opa sagen soll. Sie möchte erstmal nachhause und dann da zum Arzt. Sie hätte ja eh morgen einen Termin. Wir sind dann also zum Frühstück. Sie wollte erstmal nichts essen (ungewöhnlich) und nur einen Kaffee. Als Opa und der andere gerade kurz weg waren, habe ich nochmals gefragt wie es ihr geht. Wo sie die Schmerzen hatte. Habe ihr auf dem Handy gezeigt, dass das typische Symptome sind. Aber sie meinte, es gehe ihr jetzt schon besser. Nach dem Frühstück habe ich es Opa erzählt.
Danach haben wir unsere Koffer aus dem Hotel zum Auto gebracht und sie danach aus dem Hotel abgeholt. Ausgecheckt, sie hat kurz bei einer Bank gewartet. Wir sind über die Straße gegangen, waren beim Eingang zum Einkaufszentrum, wo wir im Parkhaus geparkt haben. Sie sagt im kleinen Eingangsbereich als wir gerade die Tür geöffnet haben „Es geht wieder los, (meinen Namen)“ Ihre letzten Worte. Sie ist dann nach hinten umgekippt, mit dem Kopf aufgeschlagen. Herz Kreislauf Stillstand. 20 Minuten haben sie dort versucht zu reanimieren, vergeblich. Es wurde aber auch VIEL zu spät mit der Reanimation begonnen. Sie hatte nur noch Schnappatmung, das habe ich übers Telefon gesagt, aber er hat mich nicht zur Laienreanimation aufgefordert. Es waren zufällig zwei junge Rettungssanitäter um die Ecke. Die haben erstmal Defibrillator angeschlossen, welcher gesagt hat „Schock nicht empfohlen“. Die eine hatte dieses Plastik Beatmungsding in der Hand und meinte irgendwie, dass das nicht geht. Also so richtig reanimiert wurde sie dann erst, als nach kurzer Zeit die ganzen anderen Einsatzkräfte eingetroffen sind. Aber eigentlich hätte sie SOFORT reanimiert werden müssen. Auch durch Laien. Ich verstehe nicht, warum sich das so gezogen hat. Nach 5 Minuten ist da wirklich gar keine Überlebenschance mehr.
Ich fühle mich nun extrem schuldig, dass ich die 112 nicht einfach im Hotel gerufen habe. Ich hatte die Vermutung, den Verdacht, dass es etwas ernstes sein könnte. Ich hab sogar das Wort Herzinfarkt in den Mund genommen. Natürlich möchte sie kurz vor der Abreise keinen Stress. Natürlich möchte sie lieber nachhause. Natürlich spielt sie ihre Symptome und Schmerzen runter. Sie hätte den Anruf 112 zwar abgelehnt, aber wenn die einmal im Hotel gewesen wären, hätte sie die Behandlung niemals abgelehnt. Niemals. Also hatte ich ihr Leben in meinen Händen oder nicht? Ich war als einzige bei ihr in dem Moment. Sie hat es mir gesagt. Ist doch egal, dass sie sagt es wäre nichts. Ich bin doch nicht blöd, ich hätte einfach 112 rufen sollen, was hätte sie tun sollen dagegen? Sie wäre ins Krankenhaus gekommen und die hätten Katheter gelegt. Alles wäre gut, wahrscheinlich. Hätte ICH mich anders entschieden, dann wäre sie noch am Leben. Ich hatte die Kontrolle in der Situation, ich hatte die Vorahnung. Ich bin schuld.
Die Notärztin meinte, dass das ja ihre eigene Entscheidung war. Ich hätte ihr meine Sorgen mitgeteilt, alle Informationen gegeben, die sie brauchte. Aber ich selber habe doch auch Entscheidungskraft. Ich hätte 112 anrufen sollen und keiner hätte das ändern können. Die wären sofort ins Hotel gekommen, wenn ich gesagt hätte eine ältere Frau hat ein Stechen in der Brust.
Da fragt man sich, wie man mit so einer Schuld nur leben soll. kurz vor 10 hat sie noch gelebt, wir wollten nachhause fahren. 13 Uhr saßen wir beim Bestatter und haben eine Urne ausgesucht.