Ist die entnazifizierung gescheitert?

6 Antworten

Im Osten gab es eine gute geschichtliche Aufklärung.

Das stimmt nicht so ganz. Die Aufklärung war recht einseitig. Dabei waren die Kommunisten immer die Guten. Ich glaube auch heute noch, dass sie eine große Rolle bei der Bekämpfung der Nazis spielten. Im Westen wird das manchmal etwas heruntergespielt. Immerhin setzten viele Kommunisten ihr Leben im Kampf gegen die Nazis ein, und viele verloren dabei ihr Leben.

Aber es gab auch im bürgerlichen und im religiösen Lager sehr viele Menschen, die gegen die Nazis waren und auch gegen sie kämpften.

Dass und wie die Nazis an die Macht kamen, wurde in der DDR nur aus der Sicht der Kommunisten erklärt.

In der DDR hatte ich den Eindruck, dass der größte Teil der damaligen Arbeiterschaft aus Kommunisten bestünde. Erst später wurde mir klar, dass sich Hitler, der ja demokratisch gewählt wurde, seinen Wahlsieg einem großen Teil der Arbeiterschaft zu verdanken hatte.

Die Entnazifizierung halte ich nicht für gescheitert. Es hätte in beiden Teilen Deutschlands besser laufen können. Beide Teile haben große Fehler begangen. Gut war in beiden Teilen Deutschlands, dass es überhaupt eine Entnazifizierung gab (teilw. etwas zu spät und zu lasch und für meine Begriffe mit falschen Prioritäten beim Thema Entschädigung).

In einigen Staaten Europas gab es Kollaborateure, die Anhänger der Nazis waren und sie gegen ihre eigenen Landsleute unterstützten. In den meisten dieser Staaten gab es gar keine Entnazifizierung, weil man es einfach nicht für nötig hielt. Das rächt sich heute.

Eine "Idee", die einmal entstanden ist, wird die Welt nicht so einfach wieder verlassen. Insofern finde ich es "normal", dass eine solche Idee immer noch Anhänger hat. Allerdings hätte ich die Anhängerschaft einer solchen "Idee" auf unter 5% geschätzt. So kann man sich irren.

Wer in Geschichte aufgepasst hat (in beiden Teilen Deutschlands), weiß auf die eine oder andere Weise, dass es für die Entstehung extremer und extremistischer Gedanken und deren Verankerung in der Bevölkerung gewisse Situationen braucht. Auch wenn die deutsche Wirtschaft seit Jahren "brummt", gibt es weite Teile der Bevölkerung, die daran nicht den geringsten Anteil haben, deren Perspektive auch nichts Besseres verspricht. Darin sehe ich die größte Gefahr für die Demokratie.

Die Entnazifizierung hat sich biologisch erledigt. Die wenigen lebenden alten Nazis trinken heute aus der Schnabeltasse. Die NSDAP wird nicht wieder entstehen.

Menschen zum Sündenbock machen, einen Einheitsstaat fordern, Ausgrenzung von Minderheiten, Überwachungs- und Polizeistaat, den "Volkswillen" über Recht und Gesetz stellen ...

Mich erinnert das ja auch an die alte DDR. Aber kennen wir das nicht von neuen Predigern, die den Leuten Unsinn vorgaukeln? Von Hetzern, die von "Denkmälern der Schande" schwadronieren und die Zeit des Holocaust als "Vogelschiss" bagatellisieren möchten.

Entscheidend ist der positive Umgang mit den Ereignissen damals - was können wir daraus lernen.

https://www.youtube.com/watch?v=zvgZtdmyKlI

Der Osten hatte ja auch ein gewisses Interesse an geschichtlicher Aufklärung, da die UdSSR ja das Hauptopfer des 2.Weltkriegs war und auch diesen im Wesentlichen alleine geführt hat. Im Osten wurde soweit ich weiß neues Lehrpersonal eingestellt, die Bürokratie wurde wesentlich besser als im Westen aufgeräumt und bspw. hat man nahezu den gesamten berliner Polizeiapparat rausgeworfen und durch nicht-Nazis ersetzt. Das ist schon sehr nachhaltig, denn so konnten die strukturellen Folgen der jahrelangen Naziherrschaft bekämpft werden - im Westen bspw. waren sehr oft die selben Bürokraten in der BRD in den selben Ämtern wie noch im Nationalsozialismus. Sowas hat Folgen. Aber ganz allgemein lässt sich für beide deutsche Nachfolgerstaaten sagen, dass eine Entnazifizierung nie abgeschlossen wurde. Konkreter heißt das, dass die Masse der Nazi-Verbrecher und ihrer Kollaborateure ungestraft davon kamen, während nur einzelne tatsächlich bestraft wurden. Zum Teil musste Israel bpsw. höchstselbst Geheimaktionen durchführen um ehemalige Nazi-Offiziere zur Rechenschaft zu ziehen (s. Adolf Eichmann).

Man muss im Hinterkopf behalten, dass das Wesen des Nationalsozialismus (insbesondere der sog. "Volksgemeinschaft") nahezu alle Menschen im NS-Staat in das System inkooperiert hat und somit ein sehr großer Teil der "normalen Bevölkerung" in direkter oder indirekter Weise zu Mittätern wurde. Dies führte zum Phänomen einer sog. "schweigenden Generation", die nicht bereit war ihren Kindern Rede und Antwort zu stellen, wenn nach dem "Was hast du damals gemacht?" gefragt wurde. Der aufkommende Kalte Krieg lenkte den Fokus der siegreichen Staaten des 2. Weltkriegs dann auf einen völlig neuen Konflikt und weg von der eigentlich notwendigen Aufklärung, die es gebraucht hätte um langfristige Folgen des NS-Systems aus der Gesellschaft zu verdrängen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
HapeHape 
Fragesteller
 07.08.2019, 14:50

Danke für die Erklärung!

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Die Entnazifizierung wurde in der alten BRD dermaßen viertelstherzig entnazifiziert, sofern man da überhaupt diesen Begriff anwenden möchte. Sehr viele Alt-Nazis waren nach Gründung des Bonner Seperatstaates, genannt BRD, sehr rasch wieder in Amt und Würden, bezogen hohe Posten, wurden nicht weiter belangt. Was dann später an Prozessen erfolgte, so z.B. der Ausschwitz-Prozeß, waren bloße Feigenblätter, hatte Alibifunktion. Nichtsdestotrotz verdient der Staatsanwalt Bauer für seinen angestrengten  Ausschwitz-Prozeß hoher Respekt. Leider war dieser aufrichtige Jurist eine der großen Ausnahmen dieser Schmuddelrepublik.

Mittlerweile hat sich die Entnazifizierung biologisch erübrigt, schließlich sind die meisten braunen Verbrecher unter der Erde oder stehen kurz davor das Zeitliche zu segnen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Innerhalb meines Studiums hatte ich viel mit Politik z utun
dataways  07.08.2019, 15:55

Ich schreibe es noch einmal gerne hier:

Die Entnazifizierung wurde in den drei Westzonen und der SBZ ausschließlich von den Alliierten betrieben.

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voayager  07.08.2019, 18:39
@dataways

Leider und das pünktlich mit Beginn des Kalten Krieges recht halbherzig. Hätte es nicht diese gewaltigen Spannungen mit der SU gegeben, dann wäre es allerdings den Nazis schwer an den Kragen gegangen, einschließlich zahlreicher Hinrichtungen und nicht nur denen wäre es dreckig ergangen, das gesamte Deutschland wäre dann wohl dem Morgenthau-Plan untergeordnet worden. D. wäre dann wahrscheinlich ein Agrarstaat geworden.

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dataways  07.08.2019, 20:22
@voayager
das gesamte Deutschland wäre dann wohl dem Morgenthau-Plan untergeordnet worden. D. wäre dann wahrscheinlich ein Agrarstaat geworden.

Irrtum. Präsident Roosevelt verwarf den Entwurf von Finanzminister Morgenthau im September 1944, er gelangte nie in ein konkretes Planungsstadium und war nie zur politischen Realisierung vorgesehen.

Davon abgesehen wäre ein Agrarstaat wie das Deutsche Reich niemals lebensfähig gewesen, selbst wenn die Ostgebiete bei Deutschland geblieben wären. Die lächerlichen Versuche der NS-Führung, das Deutsche Reich autark zu versorgen, waren schon in den 30er Jahren krachend gescheitert.

Ich weiss ja nicht, was Du so in der Schule getrieben hast, aber ich hatte in der 8./9. Klasse dieses Thema, Stichwort "Fettlücke". Warum ist wohl das Forschungsschiff Neuschwabenland 1938 in die Antarktis aufgebrochen? Um Reichsflugscheiben einzulagern? Wohl eher, um die Möglichkeiten einer professionellen Walfangindustrie auszuloten.

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voayager  08.08.2019, 10:55
@dataways

Roosevelt verwarf den Plan, weil natürlich absehbar war, dass das Bündnis mit der SU nach Kriegsende platzen würde. Ich sagte ja bereits, dass der OST-West-Gegensatz diesen Plan scheitern lassen mußte, er jedoch Aussicht auf Erfolg dann gehabt hätte, wenn es denn keine UdSSR gegeben hätte.

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Mußt halt meinen Text auch verstehen.

Wäre Deutschland ein Agrarstaat geworden, wäre es natürlich auf das Ausland angewiesen gewesen, daher ist dein willkürliches Herbeizerren der NS-Ideologie kindisch und absurd.

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dataways  08.08.2019, 11:56
@voayager
Roosevelt verwarf den Plan, weil natürlich absehbar war, dass das Bündnis mit der SU nach Kriegsende platzen würde.

Für diese Behauptung hätte ich gerne mal einen Beleg von Dir. Den kannst Du nur nicht bringen, weil Du keine Ahnung hast, was Dir ja schon diverse GF-Nutzer unter die Nase gerieben haben.

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Mußt halt meinen Text auch verstehen.

Ja, ja, ist schon recht. Ich soll Dich übrigens schön herzlich von David Dunning und Justin Kruger grüßen.

Wäre Deutschland ein Agrarstaat geworden, wäre es natürlich auf das Ausland angewiesen gewesen,

Welches Ausland hätte uns denn jahrzehntelang durchgefüttert? Nenne doch mal ein paar Staaten.

daher ist dein willkürliches Herbeizerren der NS-Ideologie kindisch und absurd.

Nur weil Du in der Schule nix gelernt hast, musst Du meine Darlegungen nicht als kindisch und absurd abtun. Die Autarkiebestrebungen ab 1936 hatten ja einen ganz realen geschichtlichen Hintergrund.

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voayager  08.08.2019, 15:25
@dataways

Das hat nix mit Durchfüttern zu tun, weil da ein ganz normaler Handelsaustausch erfolgte. Einfache Industrieproduktion auf niedrigem Niveau wäre da mit von der Partie gewesen.

Nicht immer sind Belege erbringbar, Etliches läßt sich indes erschließen, so z.B. die Tatsache, dass ein fehelnder Ost-West-Konflikt völlig andere Konstellationen mit sicvh bringt.

Ich kann nun nichts dafür, dass du nicht ausreichend schlußfolgernd denken kannst, wie es ausschaut.

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dataways  08.08.2019, 15:45
@voayager
Das hat nix mit Durchfüttern zu tun, weil da ein ganz normaler Handelsaustausch erfolgte.

Ja und? Was hätte Deutschland als Agrarstaat exportieren können, das auf dem Weltmarkt Chancen hätte? Bitte Vorschläge!!!

Nicht immer sind Belege erbringbar, Etliches läßt sich indes erschließen, so z.B. die Tatsache, dass ein fehelnder Ost-West-Konflikt völlig andere Konstellationen mit sicvh bringt.

Dieses absolut sinnlose Rumgebrabbel von Dir eht mir echt auf den Keks. Wenn sich irgendetwas abzeichnet, z.B. das spätere Zerwürfnis zwischen den Alliierten, dann gibt es dafür auch handfeste Indizien. Du kannst, wie so oft, nicht liefern, das ist es nämlich. Weil - im September '44 zeichnete sich noch kein Zerwürfnis ab, da kannst Du mal ein paar Historiker befragen.

Ich kann nun nichts dafür, dass du nicht ausreichend schlußfolgernd denken kannst, wie es ausschaut.

Wie es ausschaut, lasse ich Dich erneut ganz herzlich von David Dunning und Justin Kruger grüßen.

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voayager  08.08.2019, 15:52
@dataways

Dein Rumgebrabbel kannst du dir schenken, denn du willst nur dagegenhalten, mehr isses nicht.

Ja was hätte D. anbieten können? Nun, recht wenig, es wäre im Handel, in seiner Wirtschaft sehr aqbgesunken, so nun weißt du es. Du mußt aber nicht darauf antworten, dazu zwingt dich schließlich niemand.

1944 zeichnete sich offiziell natürlich kein Zerwürfnis ab, schließlich kämpfte man ja gemeinsam gegen D. und J. Das bedeutet aber nicht, dass man hinter den Kulissen sich feindselig ansah. Man wußte aquf beiden Seiten ganz genau, dass da nur ein bloßes Zwecvkbündnis bestand, das nach Kriegsende sofort platzen würde.

Ach-ja, erste Spannungen zeichneten sich bereits auf der Konferenz in Tehran, dann in Jalta ab.  

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Uniform ausziehen - neue Uniform anziehen

weißte Bescheid, man muss nur die Politiker, Richter, etc. anschauen, viele waren zuvor Nazis. KZ-Leiter bspw. wohnten relativ unbehelligt weiter als Nachbar, ein Beispiel war hier bei mir in der weiteren Gegend - hab das aus der Internetrecherche.

In der Schule finde ich es gut gemacht, es wird aufgeklärt und die Demokratie gefördert heute. Kommt natürlich auch auf die Lehrperson an, wie sie den Stoff vermittelt.

In der DDR durfte das Thema nicht aufgearbeitet werden. Seit der Einheit sind jetzt auch 30 Jahre vergangen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Life - Elite University of the Universe [L-EUotU]