Ist das so richtig?
ich habe hier das Versmaß analysiert, bin mir aber nicht sicher, ob es richtig ist.
wenn es falsch isr kann mir bitte jemand erklären, warum das so ist und wie man einen Vers richtig analysiert, weil ich das noch nicht so ganz verstanden habe
1 Antwort
Hallo,
bei den Versen, die du skandieren wolltest, handelt es sich um elegische Disticha. Ein elegisches Distichon besteht aus einem daktylischen Hexameter, gefolgt von einem Pentameter. Die Struktur sieht so aus:
Dabei steht ein -- für eine lange Silbe, ein u für eine kurze. An bestimmten Stellen kann die Doppelkürze des Daktylus durch eine Länge ersetzt werden. Die Betonungen sind durch ´ gekennzeichnet.
Um Verse korrekt zu skandieren, musst du wissen, welche Silben lang und welche kurz sind.
Welche Silben sind lang ?
Im lateinischen unterscheiden wir Naturlängen und Positionslängen.
Naturlängen
Von Natur aus (nātūrā) lange Silben enthalten einen langen Vokal. Lange Vokale sind im Wörterbuch immer durch ein Makron (Querstrich über den Vokal) gekennzeichnet. Beispiele: dūcere, nātūra, nōn … Auch Vokale in grammatischen Endungen können naturlang sein. Beispiele: dūcō, nātūrā, omnēs … Schließlich gelten auch Silben mit Diphthong (au, ae, oe, eu) als naturlang. Naturlängen werden auch lang gesprochen!
Positionslängen
Ein Vokal gilt als durch Stellung (positiōne) lang, wenn auf ihn zwei oder mehr Konsonanten folgen. Dies gilt im lateinischen Vers auch über die Wortgrenze hinweg! Kurze Vokale werden immer kurz gesprochen – auch in Positionslänge! Beispiele für reine Positionslängen: ōmnis, pārs, gēssit.
Manchmal fallen Natur- und Positionslänge zusammen: nūllus, āctus, nōlle.
Beim Skandieren eines Verses ist es immer am leichtesten, zuerst nach Positionslängen zu suchen. Ist dir das zugrundeliegende Versmaß bekannt, kannst du oft auch zusätzliche Längen und Kürzen bestimmen, wenn hierdurch festgelegt ist, dass die so-und-so-vielte Silbe eines Verses immer lang bzw. kurz sein muss. Z.B. sind in einem daktylischen Hexameter die erste und vorletzte Silbe eines Verses immer lang.
Die Verbindung „Muta cum Liquida“
Bestimmte Konsonantenverbindungen aus einer Muta (d, t, b, p, g, c) gefolgt von einer Liquida (l, r) können zwar Positionslängen bilden, müssen aber es aber nicht. Dies gilt auch für die Verbindungen fl- und fr-.
Beispiel: patrem kann als pātrĕm, aber auch als pătrĕm gemessen werden.
Achtung bei h, qu, x, z, i und u…
- h ist im gesprochenen Latein so früh verstummt, dass es weder Einfluss auf Positionslängen hat noch als Konsonant gilt („Mit-Klinger“): Unhörbares kann nicht mitklingen. h- am Wortanfang wird genauso konsequent ignoriert: Wörter auf h- gelten als vokalisch anlautend!
- qu sprach man wie in Quark: u ist hörbar, allerdings weder als voller Vokal [„Ku-ark“] noch als voller Konsonant [„Kwark“]. Daher gilt qu als einfacher Konsonant.
- x und z gelten als Doppelkonsonanten! x ist eine Art Kombi-Konsonant: Es steht für c+s bzw. g+s. Auch z ist ein Kombi-Konsonant und steht für d+s. So spricht man es auch. Es steht vor allem in griechischen Fremdwörtern.
- i am Wortanfang vor Vokal gilt als Konsonant [j]: iam [jam]; iustus [justus]; iacĕre [jakere]. Fügt man eine Vorsilbe hinzu, rutscht j- in die Wortmitte, wo es auf den vorausgehenden Vokal der Vorsilbe positionslängend wirken kann: etiam [= ētjam]; iniustus [= īnjūstus].
Achte besonders auf die Komposita von iacĕre: Sie schreiben sich mit einfachem –i-, klingen aber wie –[ji]-: eicere [= ējĭkĕrĕ]. i als [ji] bewirkt nach d Positionslänge des a- in adicere [= ādjĭkĕrĕ].
- Auch u kann vor einem folgendem Vokal als Konsonant [v] gelesen und gemessen werden – vor allem zur Vermeidung metrisch unbequemer Formen wie tĕnŭĭă: Nur gelesen als tēnvĭă kann es z.B. im daktylischen Hexameter stehen.
Elision & Synaloiphe – Vorsicht: Verschwindende Vokale!
Stoßen zwei Vokale an einer Wortgrenze aufeinander, wird der Vokal am Ende des ersten Wortes elidiert («aus-gestoßen»)! Beispiele für Elisionen: ūsque adeō = ūsqu(e)adeō [ūsquădĕō]; mē ēxīre = m(ē)ēxīre [mēxīrĕ].
Auch Vokal+m am Ende eines Wortes wird von folgendem Vokal elidiert! Beispiel: iām prīdem ā mē īllōs = jāmprīd(em)ām(ē)īllōs [jāmprīdāmīllōs]
Zur Synaloiphe – auch elisio inversa (umgekehrte Elision) genannt – kommt es, wenn auf ein vokalisch (bzw. auf Vokal+m) auslautendes Wort ēs oder est von esse folgt. In diesen beiden Fällen wird nicht der Vokal (bzw. Vokal+m) am Wortende des vorausgehenden Wortes elidiert, sondern das e- von ēs bzw. est!
Und nun deine Verse:
Achtung! Bei volo, dessen letztes o eigentlich lang gemessen werden müsste, kommt es zur sogenannten Jambenkürzung: Wörter mit jambischer Struktur können auch als Doppelkürze gemessen werden, sofern der Vers es zulässt.
Hoffe, das hilft dir weiter.
LG


